EP-Berichterstatterin Evelyn Regner informiert österreichische ParlamentarierInnen
Brüssel/Wien (pk) - Die Europäische Union will Steuervermeidung und aggressive Steuerplanung effektiv
bekämpfen. Gewinne sollen tatsächlich dort besteuert werden, wo sie entstehen. Das sieht ein Richtlinienvorschlag
zur Offenlegung von Ertragssteuerinformationen bestimmter Unternehmen und Zweigniederlassungen vor, über den
die zuständige Berichterstatterin des Europäischen Parlaments (EP), SPÖ-Mandatarin Evelyn Regner,
am 17.10. Mitglieder von Nationalrat und Bundesrat informierte.
Geht es nach der Europäischen Kommission, müssten Unternehmen mit einem Umsatz von über 750 Mio.€
die von ihnen entrichtete Ertragsteuer zusammen mit anderen relevanten steuerlichen Informationen veröffentlichen.
Viele internationale Unternehmen nützen derzeit durch ein kompliziertes Firmengeflecht die Gesetze aus, um
möglichst wenig Steuern zu zahlen. Den Staaten entgehen damit Steuereinnahmen in großem Ausmaß.
Das widerspreche im Binnenmarkt einer fairen, effizienten und wachstumsfreundlichen Unternehmensbesteuerung, die
auf dem Grundsatz fuße, dass Unternehmen Steuern in dem Land entrichten sollten, in dem sie ihre Gewinne
erwirtschaften, und zwar unabhängig davon, ob sie ihren Sitz in oder außerhalb der EU haben, meint die
Kommission. Durch aggressive Steuerplanung werde dieser Grundsatz unterlaufen, begründet die EU ihren Vorstoß
zu mehr Transparenz.
Wettbewerbsverzerrung durch Steuertricks
Die meisten Unternehmen - vor allem kleine und mittlere Unternehmen - würden keine aggressive Steuerplanung
betreiben und dadurch im Wettbewerb mit Unternehmen, die dies tun, einen Nachteil erleiden, heißt es aus
Brüssel. "Die Zeche muss dann von jenen Steuerzahlern geleistet werden, die nicht so beweglich sind",
prangerte auch EU-Mandatarin Regner bei ihrem Arbeitsgespräch im Parlament an. Steuerskandale wie LuxLeaks
hätten immerhin Bewegung in die Steuerpolitik der EU gebracht. Eine Institution auf EU-Ebene zur Prüfung
nationaler Steuerpraktiken sei fraglos nötig. Der EU-Kommission zufolge könnte eine öffentliche
Kontrolle bewirken, dass Unternehmen dort mehr soziale Verantwortung übernehmen, wo sie ihre Geschäfte
betreiben. Laut Kommissionsvorschlag sollen Steuerberichte über große Unternehmensgruppen veröffentlicht
werden müssen. Darin sind neben einer Beschreibung der Tätigkeit und der Anzahl der Beschäftigten
die erwirtschafteten Gewinne, die noch zu zahlenden und die gezahlten Steuern offen zu legen. Die Informationen
sollen getrennt für jeden Mitgliedstaat erfolgen. Die Angaben sollen dann in einer EU-Amtssprache fünf
Jahre lang auf einer Webseite zur Verfügung stehen.
Werner Kogler von den Grünen problematisierte in diesem Zusammenhang, inwieweit auch Niederlassungen außerhalb
der Union von der Informationspflicht umfasst werden und wurde in seinen Bedenken von Regner bestätigt. Tatsächlich
könnten Unternehmen in Drittstaaten rechtlich nicht dazu verpflichtet werden, steuerrelevante Daten bekannt
zu geben, falls sie nicht wollen. Als Kompromiss sei nun angedacht, einheitliche Definitionen für Steueroasen,
in die Gewinne verschoben werden, festzulegen, so Regner, weil diese Vorgehensweise unter den OECD-Staaten am ehesten
akzeptiert werde. Tatsächlich beruft sich die EU-Kommission bei ihrer Initiative auf den Aktionspunkt 13 des
von der G20 gebilligten OECD-Aktionsplans zur Bekämpfung der Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung (BEPS-Aktionsplan).
Allerdings gebe es unter den EU-Mitgliedsstaaten noch einigen Widerstand, erfuhr Bundesrätin Monika Mühlwerth
(F), zumal man gerne auf die nationalen Interessen der Steuerpolitik verweise. Auch Österreich sei ein "Bremser"
im Rat. Dabei hält Regner derzeit europäisches Handeln in Steuerfragen für mehr geboten denn je:
"Viele Staaten stehen mit dem Rücken zur Wand" aufgrund von Budgetknappheit, meinte sie, und verlören
Milliarden durch aggressive Steuerplanung auf Konzernseite. Der aktuelle Fahrplan sehe daher vor, informierte sie
Maximilian Unterrainer (S), dass der Kommissionsvorschlag zur Offenlegung der Steuerinformationen spätestens
Anfang 2017 im zuständigen Ausschuss des EU-Parlaments verhandelt wird. Im Rat der EU würde dann eine
qualifizierte Mehrheit unter den FinanzministerInnen für einen Beschluss ausreichen.
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