Selbstbefruchtung als Schlüsselfaktor für die Ausbreitung nicht-heimischer Pflanzenarten
Wien (universität) - Immer mehr Pflanzenarten werden durch den Menschen in neue Gebiete eingeschleppt.
Bislang war unklar, welche Rolle Selbstbefruchtung bei der vom Menschen verursachten Ausbreitung von Pflanzen spielt.
Ein internationales ForscherInnenteam unter Federführung der Universität Konstanz und unter Beteiligung
von Franz Essl vom Department für Botanik und Biodiversitätsforschung der Universität Wien belegt
nun erstmals, dass die Fähigkeit zur Selbstbefruchtung Pflanzen hilft, sich global auszubreiten. Die Forschungsergebnisse
sind in der aktuellen Ausgabe des renommierten Wissenschaftsjournals "Nature Communications" veröffentlicht.
Über 13.000 Pflanzenarten haben sich mit Hilfe des Menschen außerhalb ihres eigentlichen geographischen
Lebensraumes angesiedelt und vermehren sich dort. "Da einige dieser eingeschleppten Arten die Artenvielfalt
bedrohen ist es wichtig, Pflanzenmerkmale zu finden, die ihre Ansiedlung steuern", erklärt Franz Essl
von der Universität Wien. Bislang waren jedoch nur wenige Merkmale bekannt, die den Ansiedlungserfolg von
verschleppten Pflanzen in neuen Gebieten begünstigen.
Die neue Studie zeigt nun erstmals, dass sich jene Pflanzen, die in der Lage sind, Samen ohne Partner oder Bestäuber
zu produzieren, eher außerhalb ihres natürlichen Lebensraumes ansiedeln und sich somit besser weltweit
verbreiten.
Anders als im Tierreich sind die meisten Pflanzen zwittrig. Das heißt, sie haben sowohl männliche als
auch weibliche Fortpflanzungsorgane, wodurch Selbstbefruchtung ermöglicht wird. "Selbstbefruchtung ist
bei kurzlebigen Pflanzen, die sich nur einmal im Leben fortpflanzen, häufiger als bei langlebigen Pflanzen
und führt auch zu einem größeren natürlichen Verbreitungsgebiet. Das macht es schwierig, den
tatsächlichen Einfluss auf den Ausbreitungserfolg zu bestimmen", erläutert Mialy Razanajatovo von
der Universität Konstanz.
Selbstbestäubung: ein Schlüsselfaktor bei der Ausbreitung nicht-heimischer Pflanzen
Die Biologin sammelte quantitative Daten zu Bestäubungsexperimenten, bei denen die Fähigkeit der Pflanzen
zur Selbstbefruchtung getestet wurde und verglich sie mit Daten zu eingewanderten Arten. Die Zahlen hierzu stammen
aus der kürzlich erstellten GloNAF-Datenbank.
Die Autoren kamen trotzdem zu eindeutigen Ergebnissen: Die Selbstbefruchtung fördert den Ausbreitungserfolg
der Pflanzenarten. Sie konnten sich im Durchschnitt in mehr Weltregionen einbürgern. Dies gilt besonders für
Pflanzenarten, die ein großes Heimatgebiet besiedeln.
Gerade am Beginn der Ausbreitung in einem neuen Gebiet scheint es für Pflanzen vorteilhaft zu sein, nicht
von Bestäubern oder Fortpflanzungspartnern abhängig zu sein. Die Vorkommen sind in diesem frühen
Ausbreitungsstadium klein, und Selbstbestäubung erleichtert daher die Bildung von Samen. "Unsere Studie
zeigt, dass dieses Phänomen ein Schlüsselfaktor für die Ausbreitung nicht-heimischer Pflanzenarten
ist", fasst Franz Essl zusammen.
Publikation in "Nature Communications"
Razanajatovo M, Maurel N, Dawson W, Essl F, Kreft H, Pergl J, Pyšek P,
Weigelt P, Winter M, van Kleunen M (2016). Plants capable of selfing are more likely to become naturalized. Nature
Communications DOI: 10.1038/NCOMMS13313
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