Wien (wifo) - Die österreichische Wirtschaft expandiert von 2017 bis 2021 mit +1,5% pro Jahr wieder etwas
stärker. Die Investitionsnachfrage entwickelt sich aber weiter verhalten, und die Außenwirtschaft trägt
weiterhin nur wenig zum Wirtschaftswachstum bei. Der private Konsum nimmt um 1 1/4% pro Jahr zu, in erster Linie
wegen des Anstieges der verfügbaren Einkommen.
Nach der Schwächephase der Jahre 2012 bis 2015 (BIP real +0,6% p. a.) dürfte das Wirtschaftswachstum
wieder etwas an Kraft gewinnen. Im Durchschnitt der nächsten fünf Jahre wird eine BIP-Steigerung um 1,5%
pro Jahr erwartet (2012/2016 +0,8% p. a.). Das entspricht dem Durchschnitt des Euro-Raumes.
Das Trendwachstum dürfte in Österreich 2017 bis 2020 1,3% pro Jahr betragen und damit etwas über
dem der letzen Fünfjahresperiode liegen (2012/2016 +1,0% p. a.). Die österreichische Wirtschaft befindet
sich aber nach wie vor in einer Phase der konjunkturbedingten Unterauslastung. Die Outputlücke (relative Abweichung
des tatsächlichen Outputs vom Trend-Output) dürfte sich erst zum Ende des Prognosehorizonts schließen.
Sie verringert sich von -1,2% im Jahr 2015 auf 0,0% im Jahr 2020.
Die realen Exporte werden in den Jahren 2017 bis 2021 voraussichtlich um 2,9% pro Jahr ausgeweitet, um gut 3/4
Prozentpunkte stärker als in der vorangegangenen Fünfjahresperiode. Dem Trend der letzten Jahre folgend,
wird sich die internationale Marktposition der österreichischen Exportwirtschaft weiter verschlechtern. Da
die Importe etwas schwächer zunehmen als die Exporte, wird der Außenhandel weiterhin einen kleinen positiven
Beitrag zum Wirtschaftswachstum leisten.
Die Ausrüstungsinvestitionen werden trotz günstiger Finanzierungsbedingungen auch in den nächsten
Jahren nur wenig ausgeweitet (+2,2% p. a), da die Absatzerwartungen im In- und Ausland nicht günstig sind.
Das Bevölkerungswachstum und der damit verbundene Anstieg der Zahl der privaten Haushalte sowie die hohen
Immobilienpreise sollten die privaten Wohnbauinvestitionen stützen. Dem steht ein durch den Spardruck der
öffentlichen Haushalte getrübter mittelfristiger Ausblick für den Tiefbau gegenüber. Die gesamte
Bautätigkeit entwickelt sich daher nur mäßig (2017/2021 +1 1/2% p. a.).
Das verfügbare Realeinkommen der privaten Haushalte wächst im Prognosezeitraum mit +1,1% pro Jahr um
3/4 Prozentpunkte stärker als im Durchschnitt 2012/2016. Getragen wird diese Entwicklung vor allem von der
Anpassung der Lohn- und Einkommensteuertarife, die mit 1. Jänner 2016 in Kraft getreten ist. Weiters dürften
die Bruttolohneinkommen wieder zunehmen (pro Kopf real 2017/2021 + 1/4%). Auch die Selbständigeneinkommen
dürften sich günstig entwickeln (Bruttobetriebsüberschuss 2017/2021 +3 3/4%). Der Anreiz zu sparen
ist im Sektor der privaten Haushalte wegen des niedrigen Zinsniveaus weiter gering. Der angenommene leichte Anstieg
der Sparquote auf 7 1/2% im Durchschnitt des Prognosezeitraumes ist in erster Linie der unsicheren Entwicklung
auf dem Arbeitsmarkt zuzuschreiben. Der private Konsum dürfte 2017/2021 real um 1 1/4% pro Jahr gesteigert
werden (2012/2016 +0,3%).
Obwohl die Zahl der Beschäftigten weiter steigt, ist keine Entspannung auf dem Arbeitsmarkt zu erwarten: Die
Beschäftigung (+1,0% im Durchschnitt der Jahre 2017 bis 2021) wächst schwächer als das Arbeitskräfteangebot
(+1,1% p. a.). Die Arbeitslosenquote liegt zum Ende des Prognosezeitraumes bei 9,7%.
Die Bruttoreallöhne pro Kopf steigen jährlich um 0,2%. Damit bleibt die Entwicklung der Reallöhne
leicht hinter jener der Arbeitsproduktivität zurück und sollte keinen inflationstreibenden Effekt entfalten.
Die gesamtwirtschaftlichen Lohnstückkosten erhöhen sich 2017/2021 um 1,6% pro Jahr.
Im Umfeld aus (leicht) steigenden Preisen von Mineralölprodukten (diese dämpften 2013/2016 die Inflationsrate
um 0,2 bis 0,6 Prozentpunkte) sollte sich der Preisauftrieb wieder verstärken. Für die Periode 2017/2021
wird mit einer Inflationsrate von durchschnittlich 1 3/4% gerechnet. Der seit 2011 beträchtliche Inflationsvorsprung
gegenüber Deutschland und dem Durchschnitt des Euro-Raumes sollte sich merklich verringern.
Das Wachstum der Staatsausgaben wird im Durchschnitt der Jahre 2017/2021 mit 2,7% angenommen. Dabei wird unterstellt,
dass Bund, Länder und Gemeinden ihre Konsolidierungsanstrengungen fortsetzen und die Verwaltungsausgaben und
Förderungen nur mäßig ausweiten. Die Prognose berücksichtigt Ausgaben aufgrund der Flüchtlingsmigration
von jährlich rund 2 1/4 Mrd. €. Über den Prognosehorizont ändert sich jedoch die Zusammensetzung
der Ausgaben: Die Ausgaben für die Grundversorgung für zum Verfahren zugelassene Asylsuchende nehmen
ab, die Ausgaben (überwiegend aus der Mindestsicherung) für anerkannte Asylberechtigte wird hingegen
zunehmen. Zur Entlastung des Staatshaushaltes tragen weiterhin niedrige Zinsausgaben bei.
Die Staatseinnahmen werden trotz der Steuerreform 2016 um durchschnittlich 3,2% pro Jahr zunehmen. Hauptgrund ist
die progressionsbedingte Dynamik der Lohnsteuereinnahmen, da bisher keine gesetzliche Grundlage vorliegt und daher
keine Maßnahmen zur Verringerung der Auswirkungen der kalten Progression angenommen wurden.
Das Defizit der öffentlichen Haushalte lag 2015 bei 1,0% des BIP. Aufgrund der Steuerreform und der Ausgaben
im Zusammenhang mit der Flüchtlingsmigration wird sich das Haushaltsdefizit im Jahr 2016 auf voraussichtlich
1,6% des BIP verschlechtern. Ab 2017 wird eine stetige, aber langsame Verringerung des Defizits erwartet. Zum Ende
des Prognosezeitraumes wird ein negativer öffentlicher Haushaltssaldo von 0,4% des BIP prognostiziert.
Nach einem strukturellen Überschuss von +0,2% des BIP 2015 wird der strukturelle Saldo 2016 auf -1,1% drehen
und 2017 und 2018 voraussichtlich auf diesem Niveau verharren. Erst ab 2019 ergibt sich eine schrittweise Verbesserung
des strukturellen Saldos (2020 -0,7% des BIP). Das Ziel eines strukturellen Nulldefizits dürfte frühestens
zum Ende des Prognosehorizonts zu erreichen sein. Die Staatsschuld wird von 85,5% des BIP 2015 um rund 10 Prozentpunkte
auf 75,3% im Jahr 2021 sinken.
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