Eisenstädter Diözesanbischof als Konzelebrant eines Gedenkgottesdienstes für
den 1975 verstorbenen ungarischen Erzbischof, Kardinal József Mindszent
Prag/Eisenstadt (martinus) - "Erinnern hat immer mit der Würde der Opfer der Geschichte, mit der
Würdigung jener zu tun, die selbst im Einsatz für ein menschenwürdiges Dasein diskriminiert, verfolgt
und unterdrückt wurden, ja mitunter ihr Leben ließen. Das Erinnern an den ungarischen Volksaufstand
von 1956 im Kampf für Demokratie und Freiheit soll ein Akt der Verneigung vor den Opfern des Totalitarismus,
des stalinistischen Kommunismus ebenso wie des Faschismus, sein": Das sagte der Eisenstädter Diözesanbischof
Ägidius J. Zsifkovics, der in Prag an einem Gedenkgottesdienst für den 1975 verstorbenen ungarischen
Erzbischof, Kardinal József Mindszenty, teilnahm.
Kardinal Duka leitete Gedenkgottesdienst
Geleitet wurde der Gedenkgottesdienst, der an eine zentrale Symbolfigur des ungarischen Widerstandes gegen
das stalinistische Terrorregime ebenso erinnerte wie an den ungarischen Volksaufstand vor 50 Jahren im Allgemeinen,
vom Erzbischof von Prag und Primas von Böhmen, Kardinal Dominik Duka. Bischof Zsifkovics fungierte als Konzelebrant.
Die Messe fand am Sonntag in der Kirche Peter und Paul im Prager Stadtteil Vysehrad unter anderem in Anwesenheit
des ungarischen Botschafters in der Tschechischen Republik und des Seelsorgers für die Ungarn in Prag statt.
"Nicht vergessen, nicht verharmlosen"
"Wir dürfen nicht vergessen, wir dürfen nicht verdrängen, wir dürfen nicht verharmlosen",
mahnte Kardinal Duka mit Blick auf den Freiheitskampf der Ungarn gegen Terror und Totalitarismus. Im Oktober 1956
forderten friedliche Demonstranten in Budapest demokratische Reformen in dem stalinistisch regierten Ungarn, das
Terrorregime ließ in die Menge schießen. Das Volk forderte die Abschaffung der Diktatur, der zwei Jahre
später hingerichtete Imre Nagy übernahm kurz die Regierung, doch Anfang November walzte die Sowjetarmee
den Freiheitskampf blutig nieder und installierte die sowjetische Regierung unter János Kádár.
Ein Kardinal gegen den kommunistischen Terror
Kardinal Mindszenty nahm bereits zuvor immer wieder couragiert Stellung gegen Unterdrückung und Repression
im realsozialistischen Ungarn. Wegen seines beherzten Engagements für die menschliche Freiheit und Würde,
für ein christliches Dasein und In-der-Welt-sein wurde er wochenlang gefoltert und im Rahmen eines Schauprozesses
zu lebenslanger Haft verurteilt. Im Zuge des Freiheitskampfes im Oktober 1956 wurde der Kardinal aus dem Gefängnis
befreit und gelangte unter triumphalem und begeistertem Beifall der Bevölkerung nach Budapest. Er unterstützte
die Regierung Nagy, musste jedoch vor der brutalen Gewalt der Sowjetarmee in die US-Botschaft in Budapest fliehen.
Es war Kardinal Franz König, der Mindszenty dort regelmäßig besuchte und schließlich 1971
seine Flucht von Budapest nach Wien vermittelte.
Mindszenty: Christliches Engagement mit Rückgrat
"Vor der Courage und dem Einsatz Kardinals Mindszenty kann man sich nur verneigen. Er ist ein großartiges
Vorbild für ein christliches Engagement mit Rückgrat, das keine Furcht kennt, weil es seine Kraft aus
dem Glauben schöpft. Kardinal Mindszenty wohnte nach seiner Flucht nach Wien im ungarischen Priesterseminar
Pazmaneum im 9. Wiener Gemeindebezirk. Nach seinem Tod wurde er in Mariazell beigesetzt, seine sterblichen Überreste
konnten erst nach dem Abzug der sowjetischen Besatzungsmacht im Jahr 1991 in seine ungarische Heimat überführt
werden", erinnert Bischof Zsifkovics.
Österreich öffnete Türen für ungarische Flüchtlinge
Der Eisenstädter Diözesanbischof erinnert auch an die Hilfsbereitschaft der Österreicher in
Zusammenhang mit dem ungarischen Volksaufstand: "Binnen weniger Wochen flohen rund 180.000 Ungarn vor der
Gewalt des totalitären Terrorregimes. Sie kämpften um das nackte Überleben und ihnen wurden die
Türen im Sinne der Menschlichkeit und Solidarität geöffnet", so Bischof Zsifkovics.
Säule der Spiritualität nicht vergessen
Der Diözesanbischof erinnerte im Rahmen des Gedenkens auch an den heiligen Martin: "Die Französische
Revolution hat zu Recht die so wichtigen Prinzipien der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit vertreten.
Sie hat jedoch auf die zentrale Säule der Spiritualität vergessen. Der heilige Martin wusste, dass Nächstenliebe
und Solidarität, dass konkrete Hilfe für den Nächsten als Notleidenden im Glauben und in der Spiritualität
ein wesentliches Fundament haben. Diesen existenziellen Wurzelgrund der Spiritualität dürfen wir im Bemühen
um eine gerechtere Welt, eine verantwortungsvolle Freiheits- und Solidargemeinschaft nicht vergessen und verdrängen",
betonte Bischof Zsifkovics.
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