Bundesrat beschließt Wirtschaftslenkungsgesetze
Wien (pk) - 5000 Menschen erhalten in Österreich alljährlich den von der Wirtschaft geschätzten
Titel "Ingenieurin/Ingenieur". Ein Ingenieurgesetz 2017 vereinheitlicht die Beurteilung für die
zur Verleihung des Titels erforderliche Praxis. Um die internationale Vergleichbarkeit zu verbessern, wird ein
Zertifizierungsverfahren nach österreichischem und europäischem Qualifikationsrahmen geschaffen und der
Ingenieurtitel dem Bachelor (NQR-Level 6) gleichgestellt. Auch der Bundesrat votierte am 25.10. positiv, nur die
Grünen blieben bei ihrer Kritik und meinten, eine HTL-Matura, drei Jahre Berufspraxis und ein 45-minütiges
Fachgespräch ohne Benotung würden für das Qualifikationsniveau eines Bachelor-Studiums nicht ausreichen,
wie David Stögmüller (G/O) ausführte. Die Regierung wolle lediglich die AkademikerInnen-Statistik
durch ein unüberlegtes Gesetz aufbessern, vermutete der Redner.
Weitere Beschlüsse des Plenums betrafen die Verlängerung der Geltung des Versorgungssicherungsgesetzes
sowie EU-Anpassungen beim Mineralölrohstoffgesetz und beim Maschinen-Inverkehrbringungs- und Notifizierungsgesetz.
Der Titel Ingenieur wird europäisiert und aufgewertet
Entschiedener Widerspruch zur Kritik der Grünen kam von Sonja Zwazl (V/N). "Praxisorientierte Ausbildung
ist ein Garant für internationale Wettbewerbsfähigkeit", sagte die Bundesrätin und wies darauf
hin, dass der Ingenieurstitel ein Austriacum ist, um das unser Land europaweit beneidet werde. "Das ist umso
wichtiger, als Österreich sechs von zehn Euros im Export verdient", führte Zwazl weiter aus und
drängte nachdrücklich drauf, den Anteil der Mädchen in den HTL zu vergrößern. Da künftig
auch die Meister auf Level 6 des nationalen Qualifikationsrahmens gehoben werden sollen, sei das neue Gesetz wichtig,
sagte Sonja Zwazl und stimmte namens der ÖVP zu. Für die Aufwertung des Ingenieurtitels machte sich auch
Adelheid Ebner (S/N) stark und wies ihrerseits auf die hohe Qualifikation hin, über die HTL-AbsolventInnen
verfügen. Ebner unterstrich den Wert berufspraktischer Ausbildungen und deren enorme Bedeutung für den
Wirtschaftsstandort und die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Exportwirtschaft.
Peter Samt (F/St) erinnerte an den Vorschlag der FPÖ, HTL-IngenieurInnen automatisch in Stufe 6 des Nationalen
Qualifikationsrahmens einzuordnen. Hätte man diesen Vorschlag bereits im März umgesetzt, hätte man
eine tatsächliche Gleichstellung zwischen Ingenieur und Bachelor ohne die unnötige Bürokratie herbeigeführt,
die das neue Gesetz bringe, sagte Samt, kündigte aber dennoch die Zustimmung seiner Fraktion an, um sicherzustellen,
dass Ingenieure aufgewertet werden können.
Die Bedenken der Grünen hielt Staatssekretär Harald Mahrer für völlig unverständlich.
"Keinem Akademiker wird durch das Ingenieurgesetz etwas weggenommen", sagte er und betonte das Anliegen,
die für die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit so wichtige Kombination von Theorie und Praxis in der
Berufsausbildung aufzuwerten.
Versorgungssicherheitsgesetz bis 2026 verlängert
Konsens herrschte im Bundesrat über eine neuerliche Verlängerung der Geltungsdauer des Versorgungssicherheitsgesetzes.
Die Materie schafft, wie Abgeordneter Magnus Brunner (V/V) erklärte, eine rechtliche Grundlage für Lenkungsmaßnahmen
der öffentlichen Hand zur Versorgung der Bevölkerung in außerordentlichen Krisenfällen. Auch
ein Land wie Österreich sei vor Krisen und Konflikten nicht gefeit, sagte Günther Novak (S/K) und zeigte
sich durch die Sicherstellung hoher Versorgungssicherheit beruhigt. In der Hoffnung, dass das Gesetz nie zur Anwendung
kommt, sprach sich Heidelinde Reiter (G/S) für eine gesamthafte Novellierung österreichischer Krisenvorsorgegesetze
aus. Hans-Peter Bock (S/T) replizierte auf Katastrophen der vergangenen Jahre und war über das gut funktionierende
Versorgungssystem in Österreich erfreut. Das Gesetz wurde bis 2026 befristet verlängert.
EU-Anpassungen im Mineralrohstoffgesetz und im Maschinen-Inverkehrbringungsgesetz
Einstimmig verabschiedeten die Abgeordneten darüber hinaus eine Novelle zum Mineralrohstoffgesetz, die vor
allem der Anpassung an die EU-Richtlinie über die geologische Speicherung von Kohlendioxid dient und technische
Präzisierungen, insbesondere eine Definition des Begriffs Kohlenstoffdioxidstrom, enthält. Gerd Krusche
(F/St) bemerkte dazu, Österreich habe sich aus gutem Grund gegen die Speicherung von CO2 entschieden, daran
werde auch die Beschlussfassung dieser Vorlage nichts ändern. Es handle sich hierbei um eine Umsetzung europäischen
Rechts, die bereits mittels Vertragsverletzungsverfahren eingemahnt wurde. Die Problematik der Speicherung von
CO2 dürfe nicht in Vergessenheit geraten, erinnerte Andreas Pum (V/N) und hob die hohe Bedeutung des Klimaschutzes
für kommende Jahre hervor. Eine weitere Änderung betraf die Regelung der praktischen Verwendung von BetriebsleiterInnen
bei Tätigkeiten mit geringem Gefährdungspotential. Bisher durften diese nur dann tätig werden, wenn
sie eine praktische Erfahrung aufwiesen, führte Günther Novak (S/K) aus und befürwortete die beschlossene
Verkürzung.
An EU-Bestimmungen angepasst wird auch das Maschinen-Inverkehrbringungs- und Notifizierungsgesetz (MING), das die
Bereitstellung auf dem Markt, die Inbetriebnahme und die Marktüberwachung von technischen Produkten wie Aufzügen,
Sportbooten oder Geräten zur Verwendung in explosionsgefährdeten Bereichen regelt. Auch hier passierten
die Änderungen das Plenum mit Stimmeneinhelligkeit, wobei sich Magnus Brunner (V/V) über die höhere
Rechtssicherheit für österreichische HerstellerInnen und Importeure erfreute. Heidelinde Reiter (G/S)
hingegen kritisierte fehlende Ressourcen der Bezirksverwaltungsbehörden. Unter dem Motto mehr Inhalt im Sinne
der österreichischen Wirtschaft mahnte Gerd Krusche (F/St) weitere Reformen ein. Bürokratie gehöre
abgebaut, Lohnnebenkosten gesenkt und die Gewerbeordnung reformiert, forderte Krusche. (
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