Irakischer Vize-Außenminister im Gespräch mit Mitgliedern des Außenpolitischen
Ausschusses
Bagdad/Wien (pk) -Der Irak ist seit 2003 in einer schwierigen Phase der politischen Veränderung, erklärte
der irakische Vize-Außenminister, Nizar Issa Abdul-Hadi Al-Khairalla am 03.11. in einer Aussprache mit Mitgliedern
des Außenpolitischen Ausschusses des Nationalrats. 2005 hat sich der Irak per Referendum eine Verfassung
gegeben, die den Aufbau eines föderalen Systems vorsieht. Damit sei er ein Vorreiter des arabischen Frühlings
gewesen, der sich 2011 manifestierte, meinte er. Der weitere politische Prozess habe sich jedoch als äußerst
schwierig und langwierig erwiesen.
Der irakische Politiker befindet sich derzeit auf einer Europareise, um die Kooperation und den Erfahrungsaustausch
zu vertiefen. Sein Interesse gelte dabei vor allem jenen Staaten, die Erfahrungen mit föderalen Systemen haben,
sagte der irakische Vize-Außenminister. Er überbrachte den Abgeordneten den Dank der irakischen Regierung
für die Ratifizierung des Kooperationsabkommens zwischen der EU und dem Irak durch das österreichische
Parlament. Al-Khairalla betonte, es sei im Kampf gegen den Terror besonders wichtig, der Bevölkerung eine
Zukunftsperspektive zu bieten. Das erfordere den Aufbau eines politischen Systems, in dem sich alle EinwohnerInnen,
ungeachtet ihrer jeweiligen ethnischen oder religiösen Zugehörigkeit, als StaatsbürgerInnen mit
gleichen Rechten verstehen und den Schutz des Rechtsstaats genießen können. Trotz eines schwierigen
Umfelds habe der politische Aufbauprozess seit 2005 nicht aufgehört. Die Bevölkerung sehe die Verfassung
als Chance für den Irak, einen eigenständigen politischen Weg zu gehen, und nehme auch an den Wahlen
teil.
Irak sucht Kooperationen zum Aufbau eines stabilen politischen Systems
Der Vorsitzende des Außenpolitischen Ausschusses, Josef Cap (S), begrüßte eine Vertiefung der
Beziehung zwischen Österreich und dem Irak auf parlamentarischer Ebene. Die österreichische Seite sei
gerne bereit, mit ihren Erfahrungen zu einer positiven Entwicklung des Landes beizutragen. Hannes Weninger (S)
interessierte sich für die politische Entwicklung des Irak seit dem Ende der Diktatur von Saddam Hussein und
die Zukunftsperspektiven des Landes, vor allem angesichts der aktuellen Kämpfe gegen die Terrororganisation
IS. Al-Khairalla betonte, dass die Diktatur der irakischen Gesellschaft ein sehr schweres Erbe in Form eines grundsätzlichen
und tiefen Misstrauens hinterlassen habe. Dieses gelte es zu überwinden und demokratische Kultur zu fördern.
Hierzu müsse auch der Aufbau der politischen Parteien vorangetrieben werden. Die Bevölkerung sei sich
aber aufgrund der Erfahrungen der letzten Jahrzehnte in drei Punkten einig. Sie wolle nicht mehr zurück zur
Diktatur, sie wolle keinen weiteren Bürgerkrieg erleben und sie sei einig im Kampf gegen den Terror. Gegen
den IS seien zuletzt wichtige Fortschritte gemacht worden, mehrere Städte wurden erobert und deren vertriebene
Bevölkerung konnte in ihre Heimat zurückkehren. Nun gelte es, sicher zu stellen, dass alle Bevölkerungsgruppen
sich politisch vertreten und in ihren Rechten geschützt fühlen.
ÖVP-Mandatar Georg Vetter fragte, in welchen Bereichen für den Irak eine Kooperation denkbar sei. Al-Khairalla
nannte in erster Linie die Bereiche Gesundheit und Bildung sowie den Energiesektor und die Landwirtschaft. Andreas
Karlsböck (F) interessierte sich für den Stand des Gesundheitssystems und der Hochschulbildung. Der irakische
Vize-Außenminister betonte, dass der Irak früher in beiden Bereichen unter den arabischen Staaten eine
führende Stellung hatte und jetzt große Anstrengungen unternimmt, um der Bevölkerung wieder ein
hohes Niveau an Gesundheitsversorgung und Bildung zu bieten. Die Regierung hoffe, 10.000 Post-Doktoranden nach
Europa schicken zu können, die wichtige Kenntnisse für den Aufbau des Landes zurückbringen werden.
Von Andreas Zakostelsky (V) auf die kurdische Frage angesprochen, betonte Al-Khairalla, dass 2005 gerade die kurdische
Bevölkerung die föderale Verfassung besonders unterstützt habe und in ihr die Meinung überwiege,
dass ihre größte Sicherheit durch einen Verbleib im Staatsverband gewährleistet sei.
|