Weitere Themen: Eurozone und Klimaschutzbudget
Wien (pk) - Neben dem Finanzausschuss trat am 03.11. auch der Budgetausschuss zu einer Sitzung mit Finanzminister
Hans Jörg Schelling zusammen. Hier standen aktuelle Daten zum laufenden Budgetvollzug, die fiskalpolitische
und wirtschaftliche Entwicklung ehemaliger Eurokrisenländer und ein Antrag der Grünen auf Erstellung
eines eigenen Budgetpfads für die Finanzierung des internationalen Klimaschutzes zur Diskussion. Die Berichte
aus dem Finanzressort akzeptierte der Budgetausschuss mit Stimmenmehrheit. Der Antrag der Grünen wurde im
Hinblick auf erwartete Ergebnisse der österreichischen Klima- und Energiestrategie vertagt.
Opposition mahnt rechtzeitige Vorlage von Ressortberichten ein
Zur Entwicklung des Bundeshaushalts von Jänner bis September 2016 lagen den Ausschussmitgliedern Berichte
vor, die das Ressort dem Parlament sehr kurzfristig übermittelt hatte. Insbesondere Abgeordneter Rainer Hable
(N) übte mit Unterstützung von Bruno Rossmann (G) Kritik an der späten Vorlage der Daten. Konkret
ging es um Unterlagen zur Entwicklung des Bundeshaushaltes von Jänner bis September 2016 ( 115 BA, 116 BA,
113 BA und 117 BA) sowie um die Lage ehemaliger Krisenländer der Eurozone ( 118 BA und 119 BA). Ausschussobfrau
Gabriele Tamandl (V) gab ebenso wie Kai Jan Krainer (S) zu bedenken, es sei allen bewusst gewesen, dass die Unterlagen
– auch aufgrund des Fenstertages und des Feiertages – sehr knapp einlangen werden. Das Ressort habe die Berichte
aber vereinbarungsgemäß und gesetzeskonform ans Parlament übermittelt. Es wäre aber möglicherweise
besser gewesen, die Sitzung erst am 14. November im Anschluss an das Budgethearing abzuhalten. Finanzminister Hans
Jörg Schelling erklärte, schon rein technisch sei es nicht möglich, früher ans Parlament zu
"liefern", zumal die Auswertungen erst am 15. jedes Monats beginnen.
Das Budget 2016 ist zu 75% vollzogen – Resultate ohne Überraschungen
Mit Ende September 2016 stieg der Nettofinanzierungsbedarf (=Defizit) im Finanzierungshaushalt im Jahresabstand
um 1,14 Mrd. € auf -4,29 Mrd. €. Als Hauptgrund nennt das Finanzressort Mehrauszahlungen von 1,6 Mrd. € oder um
3% im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.
Als Ursachen für die Mehrauszahlungen werden die Betreuung und Versorgung von AsylwerberInnen und Transitflüchtlingen
genannt, die in der Untergliederung "Inneres" Mehrkosten von 327,1 Mio. € nach sich zogen. Dazu kamen
"Militär und Sport" (+175,6 Mio. €) mit Mehraufwand für Personal, Instandhaltung von Flugzeugen
und Beschaffungen. Die "Finanzverwaltung" brauchte 105,1 Mio. € mehr für geschädigte AvW-Anleger
und die UG "Arbeit" gab +133,7 Mio. € für die Finanzierung der steigenden Arbeitslosigkeit aus.
In der UG "Gesundheit" stiegen die Auszahlungen um 98,9 Mio. €, um 60 Mio. € allein für Kieferregulierungen.
Die Weiterdotierung des Kassenstrukturfonds und höhere Zuschüsse für die Krankenanstalten schlugen
mit 10 Mio. € zu Buche. In der UG "Familie und Jugend" (+106,3 Mio. €) wirkten sich höhere Familienbeihilfen
(+36,7 Mio. €) und Kinderbetreuungsgelder (+25,2 Mio. €), Pensionsbeiträge für Kindererziehungszeiten
(+36 Mio. €), Sachleistungen für Schüler- und Lehrlingsfreifahrten sowie für Gratis-Schulbücher
(+27,6 Mio. €) auszahlungsvermehrend aus.
Mehreinzahlungen von 476,3 Mio. € stammen aus Dividenden und Haftungsentgelten, Gerichtsgebühren und Kartellstrafen,
höheren Arbeitslosenversicherungsbeiträgen infolge steigender Beschäftigung und aus konjunkturbedingt
höheren Einzahlungen der Dienstgeber zum FLAF. Geringere Steuereinzahlungen (-241,8 Mio. €) bei Lohnsteuern
und Kapitalertragsteuern entsprechen den – reformbedingten – Erwartungen. Dank höherer Einzahlungen aus Körperschaftsteuer,
Umsatzsteuer und Verbrauchsteuern liegen die öffentlichen Abgaben brutto auf dem Niveau des Vorjahres. Der
gute Abgabenerfolg im Dezember 2015 steigerte die Auszahlung von Ertragsanteilen an Gemeinden (+227 Mio. €; 3,3%)
und Länder (+208,7 Mio. €; 9%) und verzerrt den Jahresvergleich im Finanzierungshaushalt – der überdies
unter Verzögerungen bei der Auszahlung von Agrarförderungen leidet.
Schelling bekennt sich zu restriktivem Budgetvollzug
In der Debatte zeigte sich Grünen-Budgetsprecher Bruno Rossmann besorgt über die Entwicklung bei
der Mehrwertsteuer, wobei er vor allem auf den Umstand hinwies, dass trotz einer Zunahme des privaten Konsums
die vorgesehene Steigerung von 8,4% nicht eingetreten sei. Finanzminister Hans Jörg Schelling begründete
dies mit dem späteren Inkrafttreten der Registrierkassenpflicht und der erst ab 1.5. geltenden Erhöhung
des Mehrwertsteuersatzes im Tourismus. Dazu komme auch, dass der private Konsum vom WIFO nunmehr schwächer
eingeschätzt werde.
Insgesamt sprach Schelling von einem äußerst restriktiven Budgetvollzug und meinte überdies FPÖ-Mandatar
Hubert Fuchs gegenüber, er rechne nicht damit, dass die Überschreitungsermächtigungen zu 100% ausgeschöpft
werden. Was das Maastricht-Defizit betrifft, geht Schelling von 1,4% im Gegensatz zu den ursprünglich prognostizierten
1,6% aus. Für die Staatsverschuldung erwartet der Ressortchef eine Quote von 83,3%.
Quartalsberichte zur Stabilisierung der Eurozone
Aktuelle Quartalsberichte zur wirtschaftlichen und fiskalischen Entwicklung der Euroländer, die an Finanzhilfeprogrammen
teilnehmen oder nach Ende ihrer Programme einer Post-Programmüberwachung unterliegen, hat Finanzminister Hans
Jörg Schelling dem Budgetausschuss des Nationalrats übermittelt. Die Unterlagen informieren über
die makroökonomische Lage Irlands, Portugals, Spaniens, Griechenlands und Zyperns, über den Haftungsstand
der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) sowie über Entscheidungen und Mitteilungen
des Gouverneursrates des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM).
Der ESM erzielte im ersten Halbjahr 2016 einen Gewinn von 298,8 Mio. € und steigerte seine Bilanzsumme um 8,2 Mrd.
€ auf 787,1 Mrd. €. Die erste Prüfmission im Rahmen der Post-Programm-Überwachung für Zypern fand
vom 26. bis 30. September 2016 statt. Laut einer Erklärung von Europäischer Kommission und Europäischer
Zentralbank hat sich das Wirtschaftswachstum beschleunigt und die Arbeitslosenrate ist gesunken. Die Situation
der Banken hat sich verbessert, allerdings bleiben große Herausforderungen im Bankensektor bestehen. Im Juni
2016 genehmigte das Direktorium die Auszahlung der zweiten Tranche in der Höhe von 10,3 Mrd. € für Griechenland.
Die erste Teilzahlung (7,5 Mrd. €) wurde noch im Juni ausbezahlt. Voraussetzung für weitere Teilzahlungen
sind die Begleichung von Zahlungsrückständen, Privatisierungsvorhaben etc. Der griechische Finanzminister
habe diesbezüglich zugesagt, dass die erforderlichen Maßnahmen umgesetzt werden, teilte Schelling mit.
Bei der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) betrug die Haftungssumme Ende September 2016
295,689 Mrd. €. Der Anteil Österreichs machte zu diesem Zeitpunkt insgesamt 8,822 Mrd. € für Kapital
bzw. 9,756 Mrd. € inklusive Zinsen aus. Rechtsgrundlage dieser Haftungen ist das Zahlungsbilanzstabilisierungsgesetz
(ZaBiStaG), das der Republik Haftungen bis zu 21,639 Mrd. € erlaubt. 12,816 Mrd. € davon wurden bislang nicht ausgenützt.
Aus den Berichten zur Post-Programm-Überwachung geht u.a. hervor, dass die irische Staatsschuldenquote – auch
bedingt durch die deutlich gestiegene bzw. höher gemessene Wirtschaftsleistung – deutlich gesunken ist. Die
ökonomische Situation in Portugal habe sich hingegen kaum gebessert, die öffentliche und private Verschuldung
bleibe weiterhin hoch.
Zum Thema Irland stellte Christoph Matznetter (S) kritisch fest, dass ein Land, das einerseits über 40 Mrd.
€ vom europäischen Steuerzahler zur Rettung der Banken bekommen hat, nicht die Steuernachzahlung des US-Konzerns
Apple in der Höhe von 13 Mrd. € ablehnen könne; dies sei in höchstem Maße unsolidarisch. Auch
die aktuelle positive ökonomische Entwicklung basiere vor allem auf den Steuerzuckerln, mit denen Irland Firmen
anlockt. Er appellierte an den Finanzminister, in dieser Causa auf EU-Ebene Druck auszuüben. Unterstützung
dafür kam von Seiten des Abgeordneten der Grünen, Bruno Rossmann (G), der u.a. darauf hinwies, dass Irland
im Jahr 2016 ein Wirtschaftswachstum von über 26% ausgewiesen hat. NEOS-Mandatar Rainer Hable zeigte sich
besorgt über die Situation in Italien, weil dort viele Banken mit toxischen Assets zu kämpfen haben.
Budgetpfad für Klimafinanzierung soll Österreichs Beitrag sichern
Die Finanzierung internationaler Klimaschutzmaßnahmen machten schließlich die Grünen zum Thema
im Budgetausschuss. Die Industrienationen bekannten sich 2010 mit dem Green Climate Fund zur finanziellen Unterstützung
von Entwicklungsländern. Gemessen an den Finanzierungszusagen vergleichbarer Länder läge ein angemessener
Anteil Österreichs bei 200 Mio. € pro Jahr ab 2020, erinnerte Christiane Brunner (G) ihre AbgeordnetenkollegInnen
( 1872/A(E)). Der Budgetentwurf 2017 decke aber nur 26 Mio. US-Dollar ab, kritisierte Brunner und mahnte eine solide
Finanzierungsbasis ein. Brunners konkreter Vorschlag lautete, einen Budgetpfad "internationale Klimafinanzierung"
2017 bis 2025 zu erstellen, um Österreichs finanzielle Beiträge zum Klimaschutz sicherzustellen.
Es sei zwischen der Reduktion von Treibhausgasen und der finanziellen Unterstützung von Entwicklungsländern
zu unterscheiden, stimmte Brunner Abgeordnetem Robert Lugar (T) zu. Grund zur Hoffnung gab ihr der morgen in Kraft
tretende Klimavertrag von Paris, der die finanzielle Unterstützung von Entwicklungsländern bei Maßnahmen
gegen die Klimaerwärmung sichere und Österreich Chancen für Wirtschaft und Arbeit biete. Durch einen
Budgetpfad könnte der österreichische Beitrag gesichert werden, so Brunner. Der Umstellungsprozess von
fossiler auf erneuerbare Energie sei bereits im Gange, erwiderte Andreas Hanger (V). Erst müsse eine Klima-
und Energiefinanzierungsstrategie erarbeitet werden, begründete er seinen Vertagungsantrag. Auch für
Finanzminister Schelling müssten erst die Ergebnisse der Strategie abgewartet werden, um finanzielle Mittel
auf Basis des österreichischen Haushaltsrechts bereitzustellen. Bislang leiste Österreich bereits einen
finanziellen Beitrag zur Klimastrategie von 130 bis 150 Mio. € jährlich, beruhigte Schelling die Antragstellerin,
die keine Notwendigkeit zur mehrheitlich beschlossenen Vertagung sah.
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