Geförderter Wohnraum ist ein wichtiger Bestandteil für die soziale Sicherheit der
Menschen
Berlin/Wien (rk) - Wohnen ist ein Grundrecht und eng mit der sozialen Frage verknüpft. Die Errichtung
von geförderten und daher leistbaren Wohnungen, die einer breiten Bevölkerungsschicht zugänglich
sind, ist ein wesentlicher Teil der Daseinsvorsorge.
Im Rahmen des 15. Wiener Wohnbauforschungstags stellte Wohnbaustadtrat Michael Ludwig am 03.11. eine Wiener Initiative
zur Sicherung des gemeinnützigen Wohnbaus in Europa gemeinsam mit Staatssekretär Gunther Adler, deutsches
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, Dorothee Dubrau, Bürgermeisterin
und Beigeordnete für Bau und Stadtentwicklung der Stadt Leipzig, Karl Wurm, Obmann des Verbandes gemeinnütziger
Bauvereinigungen (GBV), und Michael Pech; Aufsichtsratsvorsitzender des Verbands gemeinnütziger Bauvereinigungen
(GBV), vor.
„Das System des geförderten Wohnbaus funktioniert in Österreich außerordentlich gut und bietet
seinen Bewohnerinnen und Bewohnern hohe Standards zu fairen Preisen. In Wien werden etwa 70 Prozent aller Neubauwohnungen
gefördert errichtet. 2015 konnten 7.166 geförderte Wohnungen ihren Bewohnerinnen und Bewohnern übergeben
werden“, unterstreicht Wohnbaustadtrat Michael Ludwig.
60 % der Wiener Bevölkerung leben in den 220.000 Gemeindewohnungen und den 200.000 gefördert errichteten
Wohnungen der Stadt.
Dieses international anerkannte Erfolgsmodell, das in den letzten Jahrzehnten fortlaufend gewachsen ist und
weiterentwickelt wurde, dürfe auf keinen Fall angetastet oder gar den Profitinteressen Einzelner geopfert
werden, so Ludwig: „In der Vergangenheit ist es immer wieder zu Angriffen des sozialen Wohnbaus in Europa gekommen.
Im Einsatz für den sozialen Wohnbau brauchen wir innerhalb Europas starke Bündnispartner, um Bewusstsein
zu schaffen für die Notwendigkeit geförderten Wohnraums – nicht nur für uns, sondern auch für
die nachfolgenden Generationen. Wohnen ist ein Grundrecht. Und der geförderte Wohnbau ist eine wichtige öffentliche
Dienstleistung, die im Sinne der sozialen Durchmischung einer breiten Bevölkerungsschicht zugänglich
sein soll und nicht ausschließlich Menschen mit niedrigen Einkommen“. Es müsse daher auch für die
Zukunft sichergestellt werden, „dass Wohnraum nicht nach Belieben und wie eine Ware gehandelt, und nicht ausschließlich
den Gesetzen des Marktes überlassen wird. Eine leistbare und sichere Wohnversorgung ist eine zentrale Voraussetzung
für den sozialen Zusammenhalt in unserer Gesellschaft. Qualitätsvolles und leistbares Wohnen für
die Menschen zu garantieren, ist Aufgabe sozialer Politik“, so Stadtrat Ludwig.
„Wir wollen den Wohnungsneubau ankurbeln. Dafür ist die Stärkung der sozialen Wohnraumförderung
nötig“, bekräftige Staatssekretär Gunter Adler: „Es ist beeindruckend, was Österreich und speziell
Wien mit dem gemeinnützigen Wohnungsbau geleistet hat. Der Austausch hier im Rahmen des Wiener Wohnbauforschungstags
ist für mich sehr gewinnbringend."
„Anfang der 1990er Jahre gab es eine Wohnungsbauförderung in Sachsen, um vor allem die Sanierung des maroden
Wohnungsbestandes voranzubringen und die bestehende Wohnungsnot zu beseitigen. Die Bindungsdauer betrug damals
12-15 Jahre und ist seit längerem ausgelaufen. Bis Ende der 1990er Jahre führte der enorme Einwohnerverlust
von rund 100.000 Menschen jedoch zu großen Leerständen und einem sehr geringem Mietniveau in Leipzig
-Fördermittel flossen nun in den Rückbau von Wohnungen und die Wohnumfeldgestaltung. Mit dem jetzt seit
einigen Jahren andauernden starken Stadtwachstum steigen die Mieten wieder und das Angebot an preisgünstigen
Wohnungen nimmt ab. Es bedarf daher dringend des erneuten Einstiegs in den sozialen Wohnungsbau. Bund und Freistaat
schaffen dafür momentan die finanziellen Rahmenbedingungen, die Stadt die strategischen und organisatorischen.
In den nächsten 3-4 Jahren könnten mit jährlich 20 Mio.€ bis zu 550 Wohnungen im unteren und mittleren
Preissegment geschaffen werden. Die Stadt setzt in diesem Prozess auch auf private Bauherren, die wesentliche Rolle
im sozialen Wohnungsbau wird aber der kommunalen Leipziger Wohnungsbaugesellschaft und den Genossenschaften zukommen“,
so Bürgermeisterin Dorothee Dubrau.
Die Stadt Leipzig ist eine von insgesamt 30 Städten, die sich der Initiative Wiens von Bürgermeister
Michael Häupl und Wohnbaustadtrat Michael Ludwig zur „Erhaltung und den Ausbau eines sozialen und nachhaltigen
Wohnbaus in Europa" angeschlossen haben. Die Stadtoberhäupter der Städte von Amsterdam bis Zagreb
fordern mit der verabschiedeten Resolution die Europäische Kommission auf, "die Definition des sozialen
Wohnbaus sowie die Entscheidung über die Form der Bereitstellung den Mitgliedstaaten und ihren Gebietskörperschaften
zu überlassen". Auslöser waren Beschwerden gegen Möglichkeiten sozialen Wohnbaus in Schweden,
den Niederlanden und Frankreich, das habe zu diesem europäischen Schulterschluss für ein soziales Europa
geführt. Damit solle Beschneidungen über Wettbewerbs- und Beihilfenrechte verhindert werden. Für
die Mitgliedstaaten ist es unabdingbar, die Kriterien für den sozialen Wohnbau im Sinne des Subsidiaritätsprinzips
selbst festlegen zu können. Nur so könne auf regionale Bedingungen und Entwicklungen reagiert werden.
Wohnungsgemeinnützigkeit als Vorbild für Europa
„Die Wohnungsgemeinnützigkeit in Österreich ist ein Erfolgsmodell, das auch international auf viel
Beachtung stößt. Durch das im wohnwirtschaftliche Finanzierungskreislauf gebundene gemeinnützige
Eigenkapital und dem engen Zusammenspiel mit der Wohnbauförderung konnte eine stabile Produktion von kostengünstigen
Wohnraum gesichert und dadurch auch ein maßgeblicher Beitrag zu einem ausgewogenen Wohnungsmarkt geleistet
werden. Wir haben im heurigen Jahr die 1-millionste gemeinnützige Wohnung übergeben. Mit 200.000 geförderten-GBV-Wohnungen
nimmt Wien dabei eine besondere Rolle ein. Die Stadt ermöglicht leistbares Wohnen für einen großen
Teil der Bevölkerung in einem ganz besonderen Ausmaß – und das nicht nur in Randlagen sondern im gesamten
Stadtgebiet. Auch das ist keine Selbstverständlichkeit“, betont Karl Wurm, Verbandsobmann der gemeinnützigen
Bauvereinigungen (GBV)
„Die gemeinnützigen Bauvereinigungen sind ein Wirtschaftszweig mit einer Bilanzsumme von zirka 50 Mrd. Euro.
Rund 2 Millionen BewohnerInnen haben so ein leistbares Zuhause gefunden. Nach aktuellen Auswertungen der Statistik
Austria liegen unsere Mieten im geförderten Wohnbau mit rund 23 % deutlich unter jenen des privaten Bereichs“,
unterstreicht Michael Pech, Aufsichtsratsvorsitzender der GBV.
„Wohnbauförderung ist für die Leistbarkeit des Wohnens unverzichtbar“, so Wurm und Pech unisono. Daher
werden auch die Gemeinnützigen alle Anstrengungen unternehmen, um die Initiative der Stadt Wien in ihrem Wirkungsbereich
zu unterstützen.
Die wichtigsten Grundsätze der Gemeinnützigkeit
Kostendeckungsprinzip: GBV müssen mit ihren Kunden angemessenes Entgelt vereinbaren. Dieses darf „nicht höher,
aber auch nicht niedriger angesetzt werden“, als sich aus den Kosten der Herstellung bzw. der Bewirtschaftung der
Wohnhäuser ergibt. Gewinnbeschränkung: Ertragskomponenten sind Bestandteil der kostendeckenden Preise.
Sie sind bei den GBV jedoch durch Gesetz und Verordnungen genau festgelegt und in ihrer Höhe begrenzt. Geschäftsmodell:
Die sozialen Vorteile der Gemeinnützigkeit entstehen unter anderem dadurch, dass gemeinnützige Bauträger
Gewinnmaximierung nicht als unternehmerisches Ziel verfolgen. Dadurch wird die Möglichkeit geschaffen, höchste
Wohnqualität zu leistbaren Konditionen zu errichten. Eigenkapital: Die Vorschriften zur Bildung und Sicherung
des erwirtschafteten Eigenkapitals erfüllen neben dem Zweck der günstigen Grundstücksbeschaffung,
Neubau und Sanierung von Wohnungen auch das Ziel eines langfristigen Sicherheitsgedankens durch die verminderte
Abhängigkeit von externen Geldgebern. Vermögensbindung: Durch die Begrenzung der Gewinn-Ausschüttung
und andere gesetzliche Beschränkungen ist das erwirtschaftete Eigenkapital auf Dauer für gemeinnützige
Zwecke gebunden.
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