Wien (öj/mg) - Der neue Film von Justine Triet trägt den Titel "Victoria"
(F 2016) und ereignet sich, wie auch schon "La Bataille de Solférino", auf engstem Raum - im Wohn-
und Schlafzimmer der Protagonistin, im Hochtzeits- bzw. Gerichtssaal, im Zugabteil.
Triet wollte, wie Hauptdarstellerin Virginie Efira verrät, die Figur einer selbstbewussten Anwältin einführen,
um diese stückweise auseinandernehmen zu können. Und tatsächlich ist es zuerst Victoria, die den
viel jüngeren Sam bei sich zu Hause aufnimmt, um ihn vor der Obdachlosigkeit zu bewahren, jedoch am Ende kehrt
Sam die Scherben ihres Lebens zu einem Häufchen und klebt sie behutsam, Stück für Stück, wieder
zusammen. Erst dann kann Victoria auch kurz innehalten, und sich ihrer Gefühle klar werden, vor allem, wenn
sie hört: "You are the queen of all drama-queens".
"Mimosas" ( E/Marokko/F/Katar 2016) oszilliert zwischen Dokumentarfilm und Traum oder Phantasie
- ein Spiel mit Licht, Farben und Klängen. Regisseur und Drehbuchautor Oliver Laxe wurde in Paris geboren,
ist in Spanien aufgewachsen und lebt nun seit zehn Jahren in Marokko, wo er den Sufismus, den spirituellen Islam,
für sich entdeckte. Diese weltoffene Haltung des Filmemachers spiegelt sich auch in seinem Film wieder. So
wirken die Figuren in "Mimosas", die übrigens von Laxes Freunden gespielt werden, gleichzeitig real
und bodenständig und dann wieder wie hinter einem Schleier des Mythischen. Unvergesslich sind die grandiosen
Aufnahmen in der Wüste.
In "I, Daniel Blake" (GB/F/B 2016) zeigt Ken Loach die Tücken des britischen Sozialsystems,
indem er zeigt, dass gerade denjenigen, die es am meisten brauchen, die Leistungen verwehrt werden, oder sie werden
solchen Schikanen ausgeliefert, dass sie von selbst aufgeben und aus der Datenbank verschwinden. Versuchen sie
dennoch, es mit dem Moloch aufzunehmen, fragt man sich, ob es nicht etwa Kampf gegen Windmühlen ist. Loach
führt in seinem Film einen Witwer ein, der nach einem Herzinfarkt nicht arbeiten darf, von dem ‚Entscheidungsträger'
dennoch als arbeitsfähig eingestuft wird und eine junge alleinerziehende Londonerin mit zwei Kindern, die
nach einer Delogierung eine Sozialwohnung im Norden Englands erhält. Ein knapp verpasster Termin löst
eine Lawine aus. Endlose Warteschleifen am Telefon, sinnlose Formulare und Beamten, die lediglich Dienst nach Vorschrift
machen.
"Kater" (A 2016) ist Händl Klaus zufolge ein Liebesfilm und ein Tierfilm. Im Mittelpunkt
steht das Beziehungsdrama von zwei Musikern, die ein auf den ersten Blick erfülltes, regelrecht zu beneidendes
Leben führen. Eine Villa am Stadtrand, gemeinsame Leidenschaften, vertraute Gesten, Grillpartys mit Freunden
und mittendrin der eigenwillige und äußerst fotogene Kater Moses. Als diese Idylle auf einmal unterbrochen
wird, bleibt nur noch eine Frage: "Wer bist du eigentlich?"
Der Film wurde gemeinsam mit Musikern des RSO gedreht und interessanterweise ist es unmöglich, die Berufsschauspieler
von den Laien zu unterscheiden.
Once (sp. ‚elf') ist die inoffizielle Bezeichnung des Stadtteils Balnavera in Buenos Aires, das für großteils
von Juden betriebene Geschäfte bekannt ist. Dort führt Usher, der Vater den in den USA lebenden Ariel,
eine Stiftung, die hauptsächlich Lebensmittel, aber auch Kleider und Einrichtungsgegenstände an Arme
und Obdachlose verteilt. Als Ariel nach Buenos Aires kommt, um Usher, von den Nachbarn als Rey del Once (König
des Once) bezeichnet, zu besuchen, wird er mit der Tradition, Kultur und Religion konfrontiert, denen er ein Leben
lang trotzte. "El rey del once"(Argentinien 2015) von Daniel Burman zeigt, wie man etwas finden
kann, ohne danach zu suchen.
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