Ertragslage im Gewerbe und Handwerk

 

erstellt am
14. 11. 16
11:00 MEZ

Mehr als ein Drittel der Betriebe arbeiten mit Verlust
Wien (kmuforschung) - Laut Konjunkturbeobachtung der KMU Forschung Austria brachte das dritte Quartal für das österreichische Gewerbe und Handwerk eine leichte Erholung und die Erwartungen der Unternehmerinnen und Unternehmer für das vierte Quartal sind im Vergleich zum Vorjahr relativ zuversichtlich. Ob die schwache Entwicklung im ersten Halbjahr noch wettgemacht werden kann, bleibt aber abzuwarten. Ein preisbereinigtes Wachstum wäre jedenfalls dringend notwendig, um die Preiskonkurrenz zu entschärfen und die Ertragslage zu verbessern.

In der Bilanzdatenbank der KMU Forschung Austria sind die Jahresabschlüsse 2014/15 von 22.630 bilanzierenden Gewerbe- und Handwerksbetrieben erfasst. Deren Auswertung ergibt für das Gewerbe-und Handwerk eine durchschnittliche Umsatzrendite (Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit in Prozent der Betriebsleistung) von 3,5% bzw. ein Unternehmensergebnis nach Steuern von 2,9%. Angesichts des enormen unternehmerischen Risikos ist das kein zufriedenstellendes Niveau, meint Walter Bornett, Direktor der KMU Forschung Austria.

Die Jahresabschlüsse zeigen auch große Unterschiede auf betrieblicher Ebene:

  • Lediglich 16% der Betriebe erwirtschaften ein Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit von mehr als 10% der Betriebsleistung,
  • bei weiteren 16% liegt die Umsatzrendite zwischen 5 und 10%;
  • 34% bilanzieren immerhin positiv (Umsatzrendite zwischen 0 und 5%), aber ebenfalls
  • 34% der Gewerbe- und Handwerksbetriebe weisen ein negatives betriebswirtschaftliches Ergebnis aus.

Negative Jahresergebnisse können auch auf „Einmalereignisse“ zurückzuführen sein (z.B. Zahlungsausfall durch Insolvenz eines Kunden). Anhaltende Ertragsprobleme wurzeln aber in der Regel in einer schlechten Marktposition: Der Angebotspreis ist das wichtigste, oft einzige Unterscheidungsmerkmal zu Mitbewerbern und damit ausschlaggebend für die Auftragsentscheidung von Kunden.

Erfolgreiche Unternehmen mit hoher Ertragskraft haben entweder Kostenvorteile und/oder Alleinstellungsmerkmale. Wesentliche Grundlagen dafür sind Ideenreichtum, Kreativität und die zielgerichtete Auseinandersetzung mit der Erneuerung von Produkten, Dienstleistungen, Prozessen oder Verfahren – kurz: Innovation.

Die Ertragslage hat auch unmittelbaren Einfluss auf die Qualität der Finanzierung. Während ergebnisschwache Unternehmen lediglich 16,1% des Betriebsvermögens mit Eigenkapital finanziert haben, sind es bei ergebnisstarken Unternehmen 42,8%.

Walter Bornett ist davon überzeugt, dass durch Innovationen Wettbewerbsvorteile geschaffen werden können, die eine Erfolgsspirale in Gang setzen: Eine größere Marktattraktivität führt zu einer höheren Auslastung und vor allem dazu, dass der Preis als Verkaufsargument an Bedeutung verliert. Die daraus resultierende Verbesserung der Ertragslage wirkt sich auch auf die Finanzierungs-und Liquiditätssituation positiv aus und ermöglicht rechtzeitige und adäquate Investitionen in den weiteren Ausbau des Attraktivitätsvorsprungs.

Die betriebswirtschaftliche Position von Unternehmen kann durch die Verknüpfung der Kennzahlen Umsatzrentabilität (als Maßstab für die Ertragslage) und Eigenkapitalquote (als Indikator für die Qualität der Finanzierung) bestimmt werden.

Insgesamt zählen 11% der heimischen Gewerbe- und Handwerksbetriebe zur (betriebswirtschaftlichen) Elite: sie haben mehr als 30% des Betriebsvermögens mit Eigenkapital finanziert und erwirtschaften betriebswirtschaftliche Gewinne von mehr als 10% der Betriebsleistung. 13% der Unternehmen haben gute Voraussetzungen für eine Positionierung im Spitzenfeld (Umsatzrendite über 5%, Eigenkapitalquote über 15%).

36% der Betriebe haben Verbesserungspotenzial im Ertragsbereich; sie verfügen zwar über mehr als 15% Eigenkapital, erzielen aber zu geringe Gewinne (0% bis 5% der Betriebsleistung) bzw. arbeiten sogar mit Verlust. Die vorhandenen Ressourcen sollten zum Aufbau gewinnbringender Attraktivitätsmerkmale genutzt werden.

7% der Betriebe erwirtschaften zwar ausreichende Gewinne (über 5% der Betriebsleistung), haben aber zu wenig Eigenkapital (bis 15% des Gesamtkapitals), oder das Betriebsvermögen sogar zur Gänze mit Fremdkapital finanziert. Zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit ginge es bei dieser Gruppe vor allem darum, die Qualität der Finanzierung zu verbessern.

20% der Betriebe haben sowohl im Finanzierungs- als auch im Ertragsbereich Verbesserungsbedarf (Gewinne zwischen 0% und 5%, Eigenkapitalausstattung 0% bis 15%). Um diese Situation zu verbessern, muss die Erhöhung der nicht entnommenen Gewinne (z.B. durch Verbesserung der Auslastung, Überprüfung der Kalkulation und Preispolitik) oberste Priorität haben.

13% der Betriebe befinden sich in einer betriebswirtschaftlich schlechten Situation: sie sind überschuldet und können die Kosten nicht decken. In dieser Position sind in der Regel weitreichende Sanierungsmaßnahmen (Zuführung von Eigenkapital, Reduzierung der Fixkosten, strategische Neuausrichtung des Unternehmens etc.) erforderlich.

 

 

 

Weitere Informationen:
http://www.kmuforschung.ac.at

 

 

 

 

 

zurück

 

 

 

 

Kennen Sie schon unser kostenloses Monatsmagazin "Österreich Journal" in vier pdf-Formaten? Die Auswahl finden Sie unter http://www.oesterreichjournal.at