Lebhafte Debatte zu Öffentlichkeit, geschütztem Personenkreis und Strafformen
Wien (pk) - Laut und deutlich das Wort "Respect" als Abschluss der jeweiligen Rede im Plenum zu
verwenden war nur eine der vielen neuen Ideen, die die Teilnehmerinnen des Lehrlingsparlaments am 11.11. zum Thema
No-Hate-Speech im Parlament einbrachten. Das "Hate-Speech-Gesetz", eine fiktive Gesetzesvorlage zum Verhetzungsparagraf,
war der Ausgangspunkt zu einer intensiven Auseinandersetzung mit dem besorgniserregenden Ausmaß an Beschimpfung
und Hetze via Web und Social Media, das sich in den letzten Jahren entwickelt hat. Die bestehenden Regelungen im
Strafgesetz reichen nicht aus, um diese Tendenzen zu begrenzen, so der einhellige Ausgangspunkt der Diskussionen.
Eine entsprechende Gesetzesänderung - unter anderem zu Fragen wie zur Dimension von Öffentlichkeit und
zu den Grenzen zwischen Beschimpfung und Verhetzung - wurde analog zum Gesetzgebungsweg in Klub- und Ausschusssitzungen
beraten und im Lehrlingsplenum final abgestimmt. Das Ergebnis im Sitzungssaal des Nationalrats war eine deutliche
Befürwortung der Verschärfung des bestehenden Gesetzes in konkreten Punkten.
Erforderliche Maßnahmen sahen die ambitionierten jungen "Abgeordneten" unter anderem in der Erweiterung
des Schutzes auf einen größeren Personenkreis, um möglichst alle Betroffenen zu berücksichtigen.
Bei Verhetzung an eine breite Öffentlichkeit – sowohl über Medien und das Internet, aber auch durch Personen
des öffentlichen Lebens oder Autoritätspersonen – hielten sie es für angebracht, den Strafrahmen
zu verschärfen. Es ging ihnen auch um die Strafform, so wurden differenzierte Diskussionen darüber geführt,
Geldstrafen, Freiheitsstrafen oder auch Möglichkeiten der Sozialdienste gesetzlich zu bestimmen. Die fiktive
Vorlage zum "Hate-Speech-Gesetz" wurde im Ausschuss am Nachmittag von den TeilnehmerInnen mit einem einstimmigen
Antrag entsprechend abgeändert.
Entschließungsanträge für viele ergänzende Themen
Für thematisch ergänzende politische Statements im Plenum nutzten die Lehrlinge das Instrument Entschließungsantrags
und richteten mit einer Reihe ebenfalls mehrheitlich angenommener Resolutionen Forderungen an die Regierung. Manche
Vorschläge von Lehrlingen blieben in der Minderheit, wurden in der Debatte aber ebenso klar begründet
und vertreten wie die Positionen der Mehrheit. In den Anträgen wurde Prävention als ein Mittel, das es
neben Strafen einzusetzen gilt, angesprochen. Es ging in den Forderungen unter anderem um Sensibilisierung und
Workshops an Schulen, um die Frühförderung im sozialen Umgang miteinander, oder auch um Online-Meldemöglichkeiten
für Opfer. Bis hin zu Kritik an negativer medialer Berichterstattung als Einflussfaktor für Unzufriedenheit,
die Mobbing-Problematik und ein mangelnder Fokus auf Friedensbewegungen im Geschichtsunterricht wurde eine breite
Palette an überlegten und konstruktiven Vorschlägen präsentiert.
Den Vorsitz im Plenum übernahm Bundesratspräsident Mario Lindner, unterstützt wurden die Lehrlinge
von den Abgeordneten Katharina Kucharowits (SPÖ), Brigitte Jank (ÖVP), Julian Schmid (Grüne) und
Gerald Loacker (NEOS) und von der kurzfristig eingesprungenen Bundesrätin Daniela Gruber-Pruner (SPÖ).
Lindner bekräftigte nochmals seinen Plan, die Ergebnisse und Anregungen des Lehrlingsparlaments in die Enquete
zum Thema #DigitaleCourage kommende Woche einfließen zu lassen.
Die TeilnehmerInnen am Lehrlingsparlament kamen aus unterschiedlichen Branchen und teilnehmenden Betrieben ( ANDRITZ,
AK Steiermark, Georg Fischer Altenmarkt, Kapsch, KELAG, Kika, Media Saturn, ÖBB, Post, PVA, Porsche, RWA Raiffeisen,
TDK Epcos, Universität Wien und Wiener Volkshochschulen) und repräsentierten eine breite Palette an vorwiegend
kaufmännischen und technischen Lehrberufen. Zum Abschluss des Tages nutzte eine Teilnehmerin die Gelegenheit,
auch kurz das Projekt "Generation What?" mit einer europaweiten Online-Umfrage des ORF zu präsentieren.
Die Lehrlingsoffensive, die von Nationalratspräsidentin Doris Bures 2015 ins Leben gerufen wurde, soll Jugendlichen
unabhängig von ihrem Bildungshintergrund direkten Kontakt mit der Politik ermöglichen, demokratisches
Verständnis fördern und Interesse am politischen Geschehen steigern. Dass dies mit dem Lehrlingsparlament
2016 gelungen ist, darüber waren sich alle TeilnehmerInnen und PolitikerInnen am Ende der beiden parlamentarischen
Tage absolut einig.
Informationen zum Lehrlingsparlament finden sich auf der Website http://www.reininsparlament.at.
Darüber hinaus umfasst das parlamentarische Bildungsangebot der Demokratiewerkstatt des Parlaments auch ein
eigenes Lehrlingsforum mit Workshops rund um Politik und Gesetzgebung sowie die Lehrlingswebsite http://www.lehrlingsforum.parlament.at. Auf Social Media ist die Facebook-Seite der Demokratiewerkstatt
unter http://www.facebook.com/demokratiewebstatt
erreichbar.
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