Wien (wifo) - Vor dem Hintergrund einer leichten Verbesserung des internationalen Indikatorenbildes expandierte
die österreichische Wirtschaft im III. Quartal 2016 robust um 0,4%. Wachstumstreiber war erneut die Binnennachfrage,
während die Außenwirtschaft abermals dämpfend wirkte. Die Weltkonjunktur verläuft derzeit
weiterhin träge, wenngleich internationale Konjunkturindikatoren für die Zukunft eine leichte Verstärkung
der Aufwärtstendenz andeuten. Rohstoffexportierende Länder profitieren allmählich von der Stabilisierung
der Rohstoffpreise auf höherem Niveau. Begünstigt durch eine stärkere Auslandsnachfrage beschleunigte
sich in den USA das Wirtschaftswachstum im III. Quartal. Die Investitionszurückhaltung der privaten Unternehmen
hielt jedoch an.
In der EU insgesamt und im Euro-Raum veränderte sich die Konjunkturdynamik nicht. Wie erwartet schlug sich
das Votum Großbritanniens für den EU-Austritt der EU nicht in den Wachstumsraten des Euro-Raumes im
III. Quartal nieder. Auch in Großbritannien selbst expandierte die Wirtschaft robust.
Im Großteil der EU-Länder erwies sich die private Konsumnachfrage im 1. Halbjahr 2016 als Wachstumsstütze.
Gemäß Verbraucherumfragen dürfte diese Entwicklung im 2. Halbjahr anhalten. In Deutschland wurden
die Einzelhandelsumsätze im III. Quartal ausgeweitet, wobei sich die Dynamik jedoch zuletzt abschwächte.
Gemäß der WIFO-Schnellschätzung expandierte die österreichische Wirtschaft im III. Quartal
gegenüber dem Vorquartal um 0,4%. Das Wachstum wurde abermals von der Binnennachfrage getragen. Die Ausweitung
der verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte erhöht die Bereitschaft zum Kauf langlebiger Konsumgüter
(wie etwa Pkw-Neuanschaffungen).
Der Wachstumsbeitrag des Außenhandels zum BIP ist hingegen bereits seit dem IV. Quartal 2015 negativ, weil
die Importe stärker zunehmen als die Exporte. Entsprechend träge verläuft die Konjunktur der Exportindustrie.
Der WIFO-Konjunkturtest und die aktuelle Entwicklung des Produktionsindex im produzierenden Gewerbe deuten jedoch
auf eine Aufhellung des Klimas in der Sachgüterzeugung im weiteren Verlauf hin.
Positive Impulse kamen vom heimischen Tourismus. Gemäß den bisher vorliegenden Ergebnissen wurden in
der Sommersaison 2016 (Mai bis September) die höchsten Tourismuseinnahmen seit dem Jahr 1995 erzielt.
Die Inflation (VPI) zog im September sprunghaft auf 0,9% an, vor allem weil die Treibstoffverbilligung gegenüber
dem Vorjahr zuletzt deutlich geringer war als in den Monaten zuvor. Die nach wie vor starken preistreibenden Effekte
der Ausgabengruppe "Restaurants und Hotels" waren zuletzt für rund ein Drittel des gesamten Preisauftriebes
bestimmend.
Auf dem Arbeitsmarkt zeigt sich keine Änderung: Die Zahl der unselbständig aktiv Beschäftigten stieg
im Oktober nach vorläufigen Berechnungen saisonbereinigt im Vormonatsvergleich erneut, gegenüber dem
Vorjahr erhöhte sie sich um 1,6%. Gleichzeitig stagnierte die Zahl der Arbeitslosen saisonbereinigt gegenüber
dem Vormonat. Im Oktober waren 340.800 Personen arbeitslos gemeldet. Nach österreichischer Berechnungsmethode
lag die Arbeitslosenquote im Oktober saisonbereinigt gegenüber dem Vormonat nahezu unverändert bei 9,1%.
Methodische Hinweise und Kurzglossar
Die laufende Konjunkturberichterstattung gehört zu den wichtigsten Produkten des WIFO. Um die
Lesbarkeit zu erleichtern, werden ausführliche Erläuterungen zu Definitionen und Fachbegriffen nach Möglichkeit
nicht im analytischen Teil gebracht, sondern im vorliegenden Glossar zusammengefasst.
Periodenvergleiche
Zeitreihenvergleiche gegenüber der Vorperiode, z. B. dem Vorquartal, werden um jahreszeitlich bedingte Effekte
bereinigt. Dies schließt auch die Effekte ein, die durch eine unterschiedliche Zahl von Arbeitstagen in der
Periode ausgelöst werden (etwa Ostern). Im Gegensatz zu den an Eurostat gelieferten und auch von Statistik
Austria veröffentlichten "saison- und arbeitstägig bereinigten Veränderungen" der vierteljährlichen
BIP-Daten bereinigt das WIFO diese zusätzlich um irreguläre Schwankungen. Diese als Trend-Konjunktur-Komponente
bezeichneten Werte weisen einen ruhigeren Verlauf auf und machen Veränderungen des Konjunkturverlaufes besser
interpretierbar.
Die Formulierung "veränderte sich gegenüber dem Vorjahr . . ." beschreibt hingegen eine Veränderung
gegenüber der gleichen Periode des Vorjahres und bezieht sich auf unbereinigte Zeitreihen.
Die Analyse der saison- und arbeitstägig bereinigten Entwicklung liefert genauere Informationen über
den aktuellen Konjunkturverlauf und zeigt Wendepunkte früher an. Die Daten unterliegen allerdings zusätzlichen
Revisionen, da die Saisonbereinigung auf statistischen Methoden beruht.
Wachstumsüberhang
Der Wachstumsüberhang bezeichnet den Effekt der Dynamik im unterjährigen Verlauf (in saisonbereinigten
Zahlen) des vorangegangenen Jahres (t0) auf die Veränderungsrate des Folgejahres (t1). Er ist definiert als
die Jahresveränderungsrate des Jahres t1, wenn das BIP im Jahr t1 auf dem Niveau des IV. Quartals des Jahres
t0 (in saisonbereinigten Zahlen) bleibt.
Durchschnittliche Veränderungsraten
Die Zeitangabe bezieht sich auf Anfangs- und Endwert der Berechnungsperiode: Demnach beinhaltet die durchschnittliche
Rate 2005/2010 als 1. Veränderungsrate jene von 2005 auf 2006, als letzte jene von 2009 auf 2010.
Reale und nominelle Größen
Die ausgewiesenen Werte sind grundsätzlich real, also um Preiseffekte bereinigt, zu verstehen. Werden Werte
nominell ausgewiesen (z. B. Außenhandelsstatistik), so wird dies eigens angeführt.
Produzierender Bereich
Diese Abgrenzung schließt die NACE-2008-Abschnitte B, C und D (Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden,
Herstellung von Waren, Energieversorgung) ein und wird hier im internationalen Vergleich verwendet.
Inflation, VPI und HVPI
Die Inflationsrate misst die Veränderung der Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahr. Der Verbraucherpreisindex
(VPI) ist ein Maßstab für die nationale Inflation. Der Harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI) ist
die Grundlage für die vergleichbare Messung der Inflation in der EU und für die Bewertung der Preisstabilität
innerhalb der Euro-Zone.
Die Kerninflation als Indikator der Geldpolitik ist nicht eindeutig definiert. Das WIFO folgt der gängigen
Praxis, für die Kerninflation die Inflationsrate ohne die Gütergruppen unverarbeitete Nahrungsmittel
und Energie zu verwenden. So werden über 87% der im österreichischen Warenkorb für den Verbraucherpreisindex
(VPI 2015) enthaltenen Güter und Dienstleistungen in die Berechnung der Kerninflation einbezogen.
WIFO-Konjunkturtest und WIFO-Investitionstest
Der WIFO-Konjunkturtest ist eine monatliche Befragung von rund 1.500 österreichischen Unternehmen zur Einschätzung
ihrer aktuellen und künftigen wirtschaftlichen Lage. Der WIFO-Investitionstest ist eine halbjährliche
Befragung von Unternehmen zu ihrer Investitionstätigkeit ( http://www.konjunkturtest.at ). Die Indikatoren
sind Salden zwischen dem Anteil der positiven und jenem der negativen Meldungen an der Gesamtzahl der befragten
Unternehmen.
Arbeitslosenquote
Österreichische Definition: Anteil der zur Arbeitsvermittlung registrierten Personen am Arbeitskräfteangebot
der Unselbständigen. Das Arbeitskräfteangebot ist die Summe aus Arbeitslosenbestand und unselbständig
Beschäftigten (gemessen in Standardbeschäftigungsverhältnissen). Datenbasis: Registrierungen bei
AMS und Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger.
Definition gemäß ILO und Eurostat: Als arbeitslos gelten Personen, die nicht erwerbstätig sind
und aktiv einen Arbeitsplatz suchen. Als erwerbstätig zählt, wer in der Referenzwoche mindestens 1 Stunde
selbständig oder unselbständig gearbeitet hat. Personen, die Kinderbetreuungsgeld beziehen, und Lehrlinge
zählen zu den Erwerbstätigen, nicht hingegen Präsenz- und Zivildiener. Die Arbeitslosenquote ist
der Anteil der Arbeitslosen an allen Erwerbspersonen (Arbeitslose plus Erwerbstätige). Datenbasis:
Umfragedaten von privaten Haushalten (Mikrozensus).
Begriffe im Zusammenhang mit der österreichischen Definition der Arbeitslosenquote
Personen in Schulungen: Personen, die sich zum Stichtag in AMS-Schulungsmaßnahmen befinden. Für die
Berechnung der Arbeitslosenquote wird ihre Zahl weder im Nenner noch im Zähler berücksichtigt.
Unselbständig aktiv Beschäftigte: Zu den "unselbständig Beschäftigten" zählen
auch Personen mit aufrechtem Dienstverhältnis, die Kinderbetreuungsgeld beziehen bzw. Präsenzdienst leisten.
Zieht man deren Zahl ab, so erhält man die Zahl der "unselbständig aktiv Beschäftigten".
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