Universitäre Ausbildungszweige und industrielle Forschungsprojekte investieren Hand in
Hand in die Entwicklung einer Rohstoffdrehscheibe
Wien (austropapier) - Analog zu einer Erdölraffinerie werden in einer Bioraffinerie nachwachsende Rohstoffe
– wie etwa Holz - genutzt, um den Bedarf an biogenen Grundstoffen für weiterverarbeitende Industriezweige
zu erzeugen. Die Bioraffinerie ist damit die Rohstoffdrehscheibe der biobasierten Industrie. Die dahingehenden
Initiativen einiger Branchen sowie neue Ausbildungsangebote seitens der Universitäten unterstreichen diese
Bemühungen und die Bedeutung des Themas. Sowohl Wissenschaft also auch Wirtschaft profitieren dabei jeweils
voneinander. Während die Industrie regelmäßig nach Fachkräften für dieses Zukunftsfeld
sucht, gewinnen die universitären Ausbildungszweige durch das industrielle Interesse an Bedeutung und Sichtbarkeit.
Investitionen in biobasierte Forschung & Entwicklung
Einer der aktivsten wirtschaftlichen Akteure im Bereich Bioraffinerie ist die Papier- und Zellstoffindustrie.
Die Zellstoff Pöls AG der Heinzel Holding (Gewinner d. Klimaschutzpreises 2014) investierte im Rahmen des
Forschungsprojekts Flippr° (Future Lignin and Pulp Processing Research) auch in eine Versuchsanlage zur Gewinnung
von Lignin aus Lauge aus der Zellstofferzeugung. Der Leiter der Technologie-Abteilung der Zellstoff Pöls AG,
Dr. Klaus Eibinger, erklärt die Beweggründe für die Investition: „Wir wissen, dass in Lauge viel
Potenzial für neue Produkte steckt. Mit der Anlage können wir unsere Lauge entsprechend behandeln und
so Lignin für Interessenten zur Verfügung stellen.“ Die Kooperation der Industriepartner in Flippr°
soll mit dem Folgeprojekt Flippr² verlängert werden. Ein Förderansuchen als COMET K-Projekt wurde
bereits gestellt. Die Förderentscheidung der FFG ist für Mitte November 2016 angekündigt.
Universitäten setzen Ausbildungsschwerpunkte für die biobasierten Industrie
Auch ausbildungsseitig erhält das Thema jetzt Auftrieb: Im Herbst 2017 startet der neue Masterstudiengang
„Biorefinery Engineering“ an der TU Graz – Details zum Studiengang will die TU Graz bald veröffentlichen.
Die interdisziplinäre Ausbildung soll das erforderliche Personal ausbilden, um die komplexen Fragestellungen
der biobasierten Industrie bearbeiten zu können. Damit folgt die TU Graz dem Trend zu „biobasierten“ Studiengängen
mit industriellem Hintergrund. Österreichische Universitäten investieren intensiv in Ausbildungsschienen
im Bereich der nachwachsenden Rohstoffe. Nach dem NAWARO Masterstudiengang an der BOKU und der neuen Stiftungsprofessur
für Energie- und Ressourceninnovationen an der Uni Graz, richtet sich der neue Masterstudiengang zum Thema
Biorefinery Engineering an alle Studierenden, die auf der Suche nach einem ökologisch verantwortlichen Studium
mit technischem Hintergrund sind, ohne auf Jobsicherheit und gute Entwicklungsmöglichkeiten in der Industrie
verzichten zu wollen. Im Rahmen des Studiengangs beschäftigen sich die Studierenden mit den vielfältigen
Möglichkeiten der Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen und deren Weiterverarbeitung zu Produkten. Oberstes
Ziel ist dabei die möglichst umfassende Nutzung der Rohstoffe und die Vermeidung von Abfällen.
Aktive Personalpolitik mittels Forschungsinitiativen
Thomas Timmel vom Konsortialführer (Flippr Projekt GmbH) des Forschungsprojekts Flippr° kennt die
Beweggründe der Industrie, in derlei Projekte zu investieren. „Es geht für die Unternehmen neben dem
Gewinn an technischem Know-how, immer auch um den Zugang zu qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Im
Rahmen eines Forschungsprojekts hat man gute Möglichkeiten, die Fähigkeiten einzelner Auszubildender
und ForscherInnen kennen zu lernen – wenn man dann eine Stelle zu besetzen hat, sucht man nicht die sprichwörtliche
Nadel im Heuhaufen!“
Große Produktvielfalt, aber es geht noch mehr
Die Papier- und Zellstoffindustrie verarbeitet an ihren Standorten große Mengen an Holz zu einer breiten
Palette an Produkten – weit mehr als nur Papier. Diese reicht von chemischen Produkten für die Parfum-, Klebstoff-
und Betonerzeugung, über Vanillin bis zu Essigsäure für Essiggurkerl. Die Vielzahl an möglichen
Produkten ist aber lange noch nicht ausgereizt.
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