Bioraffinerie: Universität und Wirtschaft
 ziehen an einem Strang

 

erstellt am
09. 11. 16
11:00 MEZ

Universitäre Ausbildungszweige und industrielle Forschungsprojekte investieren Hand in Hand in die Entwicklung einer Rohstoffdrehscheibe
Wien (austropapier) - Analog zu einer Erdölraffinerie werden in einer Bioraffinerie nachwachsende Rohstoffe – wie etwa Holz - genutzt, um den Bedarf an biogenen Grundstoffen für weiterverarbeitende Industriezweige zu erzeugen. Die Bioraffinerie ist damit die Rohstoffdrehscheibe der biobasierten Industrie. Die dahingehenden Initiativen einiger Branchen sowie neue Ausbildungsangebote seitens der Universitäten unterstreichen diese Bemühungen und die Bedeutung des Themas. Sowohl Wissenschaft also auch Wirtschaft profitieren dabei jeweils voneinander. Während die Industrie regelmäßig nach Fachkräften für dieses Zukunftsfeld sucht, gewinnen die universitären Ausbildungszweige durch das industrielle Interesse an Bedeutung und Sichtbarkeit.

Investitionen in biobasierte Forschung & Entwicklung
Einer der aktivsten wirtschaftlichen Akteure im Bereich Bioraffinerie ist die Papier- und Zellstoffindustrie. Die Zellstoff Pöls AG der Heinzel Holding (Gewinner d. Klimaschutzpreises 2014) investierte im Rahmen des Forschungsprojekts Flippr° (Future Lignin and Pulp Processing Research) auch in eine Versuchsanlage zur Gewinnung von Lignin aus Lauge aus der Zellstofferzeugung. Der Leiter der Technologie-Abteilung der Zellstoff Pöls AG, Dr. Klaus Eibinger, erklärt die Beweggründe für die Investition: „Wir wissen, dass in Lauge viel Potenzial für neue Produkte steckt. Mit der Anlage können wir unsere Lauge entsprechend behandeln und so Lignin für Interessenten zur Verfügung stellen.“ Die Kooperation der Industriepartner in Flippr° soll mit dem Folgeprojekt Flippr² verlängert werden. Ein Förderansuchen als COMET K-Projekt wurde bereits gestellt. Die Förderentscheidung der FFG ist für Mitte November 2016 angekündigt.

Universitäten setzen Ausbildungsschwerpunkte für die biobasierten Industrie
Auch ausbildungsseitig erhält das Thema jetzt Auftrieb: Im Herbst 2017 startet der neue Masterstudiengang „Biorefinery Engineering“ an der TU Graz – Details zum Studiengang will die TU Graz bald veröffentlichen. Die interdisziplinäre Ausbildung soll das erforderliche Personal ausbilden, um die komplexen Fragestellungen der biobasierten Industrie bearbeiten zu können. Damit folgt die TU Graz dem Trend zu „biobasierten“ Studiengängen mit industriellem Hintergrund. Österreichische Universitäten investieren intensiv in Ausbildungsschienen im Bereich der nachwachsenden Rohstoffe. Nach dem NAWARO Masterstudiengang an der BOKU und der neuen Stiftungsprofessur für Energie- und Ressourceninnovationen an der Uni Graz, richtet sich der neue Masterstudiengang zum Thema Biorefinery Engineering an alle Studierenden, die auf der Suche nach einem ökologisch verantwortlichen Studium mit technischem Hintergrund sind, ohne auf Jobsicherheit und gute Entwicklungsmöglichkeiten in der Industrie verzichten zu wollen. Im Rahmen des Studiengangs beschäftigen sich die Studierenden mit den vielfältigen Möglichkeiten der Nutzung von nachwachsenden Rohstoffen und deren Weiterverarbeitung zu Produkten. Oberstes Ziel ist dabei die möglichst umfassende Nutzung der Rohstoffe und die Vermeidung von Abfällen.

Aktive Personalpolitik mittels Forschungsinitiativen
Thomas Timmel vom Konsortialführer (Flippr Projekt GmbH) des Forschungsprojekts Flippr° kennt die Beweggründe der Industrie, in derlei Projekte zu investieren. „Es geht für die Unternehmen neben dem Gewinn an technischem Know-how, immer auch um den Zugang zu qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Im Rahmen eines Forschungsprojekts hat man gute Möglichkeiten, die Fähigkeiten einzelner Auszubildender und ForscherInnen kennen zu lernen – wenn man dann eine Stelle zu besetzen hat, sucht man nicht die sprichwörtliche Nadel im Heuhaufen!“

Große Produktvielfalt, aber es geht noch mehr
Die Papier- und Zellstoffindustrie verarbeitet an ihren Standorten große Mengen an Holz zu einer breiten Palette an Produkten – weit mehr als nur Papier. Diese reicht von chemischen Produkten für die Parfum-, Klebstoff- und Betonerzeugung, über Vanillin bis zu Essigsäure für Essiggurkerl. Die Vielzahl an möglichen Produkten ist aber lange noch nicht ausgereizt.

 

 

 

zurück

 

 

 

 

Kennen Sie schon unser kostenloses Monatsmagazin "Österreich Journal" in vier pdf-Formaten? Die Auswahl finden Sie unter http://www.oesterreichjournal.at