Treffen der deutschsprachigen nationalen Ethikkommissionen zum Themenbereich "gene editing"
in Wien
Genf/Berlin/Wien (bka) - Christiane Druml, Vorsitzende der österreichischen Bioethikkommission, eröffnete
am 19.11. den öffentlichen Teil des trilateralen Treffens der deutschsprachigen Ethikkommissionen und umriss
die Themenstellung: "Die neue Technik der Gen-Chirurgie, der sogenannten CRISPR-CAS9-Methode, zeigt sich im
Labor als preiswert, einfach zu handhaben und hat in der Grundlagenforschung einen Siegeszug angetreten."
Während die somatische Gentherapie weitgehend unbestritten sei, werde jedoch vor Interventionen in die Keimbahnen
mit unabsehbaren Auswirkungen auf künftige Generationen gewarnt. "Der Warner hat immer Recht, wir wollen
aber auch einen möglichen Nutzen sowie mögliche Wohltaten der Gentherapie nicht außer Acht lassen.
Gerade in unserem 'postfaktischen' Zeitalter, das oft einen Tunnelblick hervorbringt, müssen wir auf breitere
Information setzen."
Andrea Büchler, Präsidentin der Schweizer Nationalen Ethikkommission im Bereich der Humanmedizin, gab
einen Überblick über bisherigen Stellungnahmen von international wirkenden Ethikbeiräten wie jene
des Europarats, der UNESCO, des International Summit on Human Gene Editing in Washington, der Leopoldina, der Union
der deutschen Akademien oder des Nuffield Councils. Gemeinsam sei den Stellungnahmen die Bejahung der weiteren
Forschung, jedoch ebenso dringend würden globale Normen für bevorstehende Anwendungen gefordert. Für
die Intervention in der Keimbahn, also jene Anwendung, die Einfluss auf nachkommende Generationen hat, werde vielfach
ein Moratorium gefordert. Die Technik sei auch noch weit entfernt von der Anwendungsreife im somatischen Bereich,
wenngleich jüngst schon Versuche am Menschen - zur Gentherapie bei Lungenkrebs - in China bekannt geworden
sind.
Im Anschluss diskutierten Peter Dabrock, Deutscher Ethikrat, Rainer Riedl von DEBRA Austria und Vater eines Schmetterlingskindes,
Johannes Gobertus Meran, Onkologe und Mitglied der Bioethikkommission Österreich und Karen Nestor von der
Nationalen Ethikkommission im Bereich Humanmedizin der Schweiz am Podium und mit dem Publikum. Für Riedl seien
aus Patientensicht ethische Diskussionen "Luxus", jede neue Technologie werde zum Strohhalm der Hoffnung.
Freilich sei ihm auch mittlerweile klar, dass die Anwendbarkeit noch in weiter Ferne liege. Den weiten Weg zur
effektiven Therapie unterstrich auch Onkologe Meran: "Bei der klinischen Anwendung stehen wir noch ganz am
Anfang". Er sei jedenfalls vorsichtig bei "Embryonen-verbrauchenden Technologien". Doch wenn Stammzellen
bereits aus Hautzellen gewonnen werden könnten, müsste man vielleicht auch die ethische Diskussion neu
führen, gab Ethikrat Dabrock zu bedenken. Er ging auch auf den möglichen Eingriff in die Keimbahn näher
ein: Die Auswirkungen auf spätere Genrationen könnten erst in 80 bis 90 Jahren halbwegs gesichert bewertet
werden. Nestor unterstrich: Man müsse sich Zeit lassen für grundsätzliche Überlegungen.
Die Grundfragen der Diskussion seien vergleichbar mit der schon bekannten Problematik in der Debatte um genetische
Eingriffe oder auch um die Präimplantationsdiagnostik, erläuterte Christiane Druml im Anschluss. Die
Bioethikkommission werde jedenfalls diese international topaktuelle Diskussion weiterführen und auch die entsprechende
Gesetzeslage in Österreich, wie zum Beispiel das Gentechnikgesetz, auf ihre Aktualität hin betrachten.
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