Budgetausschuss: Opposition mahnt Budgetklarheit ein und kritisiert neuen Finanzausgleich
Wien (pk) - Bevor der Budgetausschuss den Budgetentwurf 2017 am 18.11. plenumsreif machte, analysierten
die Abgeordneten gemeinsam mit Bundesminister Hans Jörg Schelling die insgesamt acht Budget-Untergliederungen
(UG 15,16,23,44,45,46,51,58) des Finanzressorts. Entsprechend weitgespannt war das Themenspektrum der lebhaften
Debatte. Der Ressortleiter brachte den Abgeordneten gute Nachrichten über bislang überplanmäßige
Abwicklungserlöse bei der Heta, über bessere Wirtschaftsdaten bei Österreichs Schuldner Griechenland,
wo kein Kreditausfall drohe, sowie über zunehmende Mehrwertsteuereinnahmen und eine BIP-Wachstumsrate von
bis zu 1,7% im kommenden Jahr. Unterschiedliche Auffassungen wurden hinsichtlich der Budgetierung von Klimaschutzauszahlungen
deutlich, wo die Opposition unter Bezug auf Anregungen des Parlamentarischen Budgetdienstes eine klarere Budgetierung
beabsichtigter Auszahlungen einmahnte.
Beim neuen Finanzausgleich, der im Budgetentwurf nicht berücksichtigt sei und durch mehrere Gesetze und 15a-Verträge
mit den Ländern realisiert werde, prallten die Auffassungen von Bruno Rossmann (G) und Finanzminister Schelling
hart aufeinander: Rossmann sah keines der Reformziele erreicht, während Minister Schelling von einem erfolgreichen
Einstieg in den Umstieg zu Aufgabenorientierung, zu mehr Transparenz und Abgabenautonomie sprach. Lob kam dafür
vor allem von ÖVP-Mandatar Jakob Auer, der dem Finanzminister Rosen für die Lösung des Hypodesasters,
die Wiederherstellung der Reputation Österreichs auf den Finanzmärkten und für ein ausbalanciertes
Budget streute. Für die SPÖ begrüßte Christoph Matznetter ausdrücklich die Investitionsakzente
im Budgetentwurf für 2017.
Daten zum Budget 2017 des Finanzressorts
Der größte Auszahlungsbetrag ist 2017 mit 9,23 Mrd. € (2016: 9,01 Mrd. €) bei den Pensionen der BeamtInnen
budgetiert und 4,72 Mrd. € sind für Finanzierungen und Währungstauschverträge (2016: 5,62 Mrd. €)
vorgesehen. Auszahlungen von 1,2 Mrd. € sind bei der Finanzverwaltung (2015: 1,2 Mrd. €), 821,69 Mio. € bei der
Verwaltung des Bundesvermögens (2016: 1,04 Mrd. €), 962,2 Mio. € beim Finanzausgleich (2016: 976 Mio. €) und
681,3 Mio. € bei der Umsetzung des Bankenpakets (2016: 771,7 Mio. €) budgetiert.
An Einzahlungen erwartet der Finanzminister im Jahr 2017 51,02 Mrd. € aus öffentlichen Abgaben (2016: 49,38
Mrd. €), 2,26 Mrd. € aus Pensionsbeiträgen der BeamtInnen (2016: 2,26 Mrd.), 1,42 Mrd. € aus der Kassenverwaltung
(2016: 1,41 Mrd. €), 979,1 Mio. € aus der Verwaltung des Bundesvermögens (2016: 1,27 Mrd. €), 599,1 Mio. €
(2016: 517,5 Mio. €) aus dem Finanzausgleich und 54,9 Mio. € aus dem Bankenpaket (2016: 635 Mio. €).
SPÖ und ÖVP loben ausbalanciertes Budget mit Investitionsakzenten
Der Budgetentwurf für 2017 setzt Investitionsakzente, lobte Christoph Matznetter (S). Diese werden die
verflachenden Wirkungen der Steuerreform kompensieren, führte der Finanzminister aus, der 2017 ein Wachstum
von bis zu 1,7% des BIP erwartet. Hinsichtlich der Wirkungen der Steuerreform räumte Schelling ein, die Mehrwertsteuereinnahmen
seien für 2016 zu optimistisch ausgefallen, aktuell entwickelten sich die Erlöse aber sehr positiv.
Die Europäische Kommission hat der österreichischen Budgetplanung die zweitbeste Bewertung gegeben und
den Budgetentwurf für 2017 als realitätsnah qualifiziert. Sie mache weiter Druck bei Ausgaben und Reformen.
Das 60%-Ziel bei der Staatsverschuldung werde derzeit von keinem Land eingehalten, in Österreich werde die
nach unten gehende Tendenz positiv bewertet. Bruno Rossmann (G) erinnerte den Finanzminister an die Auffassung
der EU-Kommission, dass die Fiskalpolitik expansiver auszurichten sei und bemängelte von daher den konjunkturell
neutralen Budgetentwurf für 2017. Jakob Auer (V) hingegen lobte den Finanzminister für die Vorlage eines
ausbalancierten Budgets für 2017, für die Lösung des Hypo-Desasters, für die Wiederherstellung
der Reputation Österreichs auf den Finanzmärkten sowie für die erfolgreichen Verhandlungen zum neuen
Finanzausgleich.
Alle wollen Kalte Progression abschaffen
In der zweistündigen Debatte berichtete Finanzminister Hansjörg Schelling FPÖ-Abgeordnetem Roman
Haider über die laufenden Verhandlungen zur Abschaffung der Kalten Progression, die vom gemeinsamen Ziel geprägt
seien, die Kaufkraft künftig kontinuierlich zu stärken. Unterschiedliche Vorstellungen bestünden
nach wie vor über das Wie. Schelling hofft dennoch, bald ein Verhandlungsergebnis präsentieren zu können.
Die Kosten einer Abschaffung der Kalten Progression, nach denen sich Andreas Zakostelsky (V) erkundigte, bezifferte
der Finanzminister mit 400 Mio. €. Keine Änderungen plane er bei der Körperschaftssteuer.
Der Leiter des Parlamentarischen Budgetdienstes Helmut Berger, der für seine Analysen zum Budgetentwurf viel
Lob von den Abgeordneten erhielt, empfahl eine nachvollziehbarere Darstellung der Grundlagen für Steuerschätzungen
sowie eine zeitnahe Information der Abgeordneten über Ziele des Ressorts und über beabsichtigte Änderungen
der Steuerstruktur. An dieser Stelle informierte der Finanzminister über die Methode der Steuerschätzung,
die vom WIFO vorgenommen werde und räumte gegenüber dem Budgetdienst Kompetenzprobleme zwischen dem Bundeskanzleramt
und dem Finanzministerium bei Wirkungsinformationen ein und kündigte dazu einen Bericht und Lösungsvorschläge
an. Die Methoden zur Schätzung von Steuereinnahmen, insbesondere bei Umsätzen, Löhnen und Körperschaften
seien gut, meinte der Finanzminister gegenüber Kritik von Bruno Rossmann, der ebenfalls mehr Transparenz einmahnte.
Erste Schritte zur Reform des Finanzausgleichs
Der neue Finanzausgleich wird in mehreren Gesetzesmaterien und 15a-Verträgen zu den Themen Gesundheit, Pflege,
Justiz und Haftungsobergrenzen umgesetzt werden, teilte Schelling mit. Bundesstaatsreform, Länder-Benchmarks
und die Befüllung der Transparenzdatenbank mit Umwelt- und Energieförderungsdaten wurde vereinbart. Der
Bund wird künftig das Bauprogramm koordinieren und durch Anpassung der Standards im sozialen Wohnbau Kostensenkungen
erreichen. Außerdem wird der Bund die technischen Bauordnungen vereinheitlichen, was bisher zwar beabsichtigt
war, aber nie verwirklicht werden konnte, erfuhr Gabriela Moser (G).
Der Finanzminister habe bei dem mit Ländern und Gemeinden paktierten Finanzausgleich seine Ziele, das System
zu verändern sowie den Finanzausgleich einfacher und transparenter zu gestalten, nicht erreicht, sagte Bruno
Rossmann (G) und untermauerte seine Kritik mit dem Hinweis auf die Absicht der Bundesländer, bei der Gestaltung
der Wohnbauförderbeiträge konzertiert vorzugehen. Der Finanzminister hält demgegenüber fest,
dass zur Verbesserung der Transparenz bei Finanzströmen Bund, Länder und Gemeinden ein umfangreiches
Programm vereinbart haben, sowie Mechanismen, die nun umgesetzt werden müssen, etwa Kriterien für die
Aufteilung von Mitteln für die Kinderbetreuung.
Abgeordnetem Lugar (T) teilte der Finanzminister auch mit, dass die OECD die österreichische Schulverwaltung
für teuer hält und der Anteil der Bildungsausgaben, der in den Klassen ankomme, relativ gering sei. Maßnahmen,
um die Relation zu verbessern, sehe ein klar formuliertes Papier vor. Seine Absicht, Mittel umzuschichten, etwa
beim teuren Team-Teaching, bestätigte Schelling.
Schelling zu Finanzmarktthemen
Bei der Abwicklung der Heta werde derzeit geprüft, Abwicklungserlöse, die derzeit ungünstig bei
der OeNB veranlagt werden müssen, zumindest teilweise für den Rückkauf landesbehafteter Anleihen
zu verwenden. Die Vorsorge für Risiken bei der Heta betrage 350 Mio. €, damit sollten alle möglichen
Risiken abgedeckt sein, sagte der Minister. Die Asset-Verwertung komme bei der Heta zeitlich und hinsichtlich der
Erlöse derzeit besser voran als erwartet, erfuhr Hermann Schultes vom Finanzminister, die Recovery-Quote betrage
aktuell 63%. Rainer Hable (N) sagte Schelling, die im Budgetentwurf enthaltenen Vorsorgen für allfällige
Risiken bei der Abwicklung der italienischen Tochtergesellschaft der ehemaligen Hypo Alpe Adria von 200 Mio. €
und von 350 Mio. € für die Heta würden für allfälige Risiken ausreichen. Über die Rückkaufquote
bei Hypo-Anleihen könne er noch keine Angaben machen, sagte der Finanzminister. Er rechne mit einem differenzierten
Verhalten bei Banken und Versicherungen und halte es für möglich, dass die Rückkaufquote geringer
sein werde als ursprünglich angenommen. Das Budget müsse aber für eine allenfalls 100-prozentige
Rückkaufquote vorsorgen. Die Verantwortung der FPÖ für das Hypo-Desaster betonte in der Debatte
einmal mehr Kai Jan Krainer (S).
Die Risiken österreichischer Banken sieht weder er noch die EZB erhöht, sagte der Finanzminister. Sollten
unerwartete Risiken schlagend werden, stehe der europäische Abwicklungsmechanismus bereit, bei dem er eine
Aufweichung entschieden ablehne. Die österreichischen Banken machen in Osteuropa Gewinne, betonte der Finanzminister.
Die Verhandlungen über die Einführung einer Finanztransaktionssteuer zwischen zehn europäischen
Ländern sollen im Dezember abgeschlossen werden. Bis dahin seien Probleme bei Pensionskassen und mit Derivaten
zu klären, sagte Schelling.
Zur Nutzung der derzeit günstigen Zinsen für Österreich berichtete Finanzminister Schelling über
die langfristige Strategie der FinanzschuldenmanagerInnen. Sorgen der Abgeordneten wegen der Entwicklungen in Griechenland
bemühte sich Schelling zu zerstreuen, indem er daraufhinwies, dass sich dieses Land besser entwickle als erwartet
und Wachstum sowie Steuereinnahmen über den Prognosen liegen. Nach der Erstreckung von Laufzeiten und der
Senkung von Zinsen sei die Schuldentragfähigkeit gegeben und die österreichischen Kredite werden plangemäß
verzinst, teilte Schelling auch Abgeordnetem Robert Lugar (T) mit. Einen Schuldenschnitt lehne Österreich
ab.
Im Ranking der Länder mit günstigen Zinskosten bei der Finanzierung der Staatsschuld liege Österreich
auf vierter Position und damit im Spitzenfeld, erfuhren die Abgeordneten vom Finanzminister.
Debatte über aktuelle Steuerfragen
Kritik von Petra Bayr (S) an Doppelbesteuerungsabkommen, die Zielen der Entwicklungszusammenarbeit zuwider laufen,
wies der Finanzminister zurück, indem er daraufhin hinwies, dass alle OECD-Standards bei solchen Abkommen
eingehalten werden.
Das Personal für Betriebsprüfungen und die Bekämpfung des Steuerbetrugs wird ausgeweitet, berichtete
der Finanzminister dem Ausschuss. Außerdem informierte Schelling über das Prozedere bei der geplanten
Investitionszuwachsprämie und deren konkrete Budgetierung. Eine Mehrbelastung des Budgets erwarte er unter
diesem Titel nicht.
Mit der personellen Aufstockung bei den Großbetriebsprüfungen zeigte sich Bruno Rossmann (G) unzufrieden,
weil dort besonders hohe Steuererlöse zu lukrieren wären. Angesichts zunehmender Unzufriedenheit der
Kunden mit dem Service der Finanzämter, die Rossmann ansprach, kündigte Schelling Verbesserungen an.
Zur Lösung der Betriebsstättenfrage, derzeit ein EU-Thema, würde Schelling eine OECD-Lösung
begrüßen. Die Mineralölsteuereinnahmen werden im kommenden Jahr um 1,2% zunehmen, schätzt
der Finanzminister auf eine Frage des ÖVP-Abgeordneten Hermann Schultes.
Schließlich informierte der Finanzminister die Abgeordneten über die Einleitung eines Monitorings bei
Beamtenpensionen sowie bei ausgegliederten Bereichen wie den ÖBB. Die beabsichtigte Anhebung von Mindestpensionen
auf 1.000 € für Menschen mit 30 Beitragsjahren bezifferte der Finanzminister mit bis zu 35 Mio. €, die Frage
stellte Nurten Yilmaz (S).
Rücklagenauflösungen für den Klimaschutz
Kritik von Wolfgang Pirklhuber (G) an Aussagen des Umweltministers, er werde 100 Mio. € an Rücklagen auflösen
um Klimaschutzmaßnahmen zu finanzieren. Diese geplante Rücklagenauflösung sei nicht budgetiert,
stellte Pirklhuber in Übereinstimmung mit dem Budgetdienst fest, von dem der Vorschlag kam, Rücklagenentnahmen
zu budgetieren, um im Umweltbudget für eine bessere Übereinstimmung zwischen Bundesvoranschlag und Budgeterfolg
zu sorgen. Voraussetzung für eine derartige Budgetierung sei aber eine Klimaschutzstrategie, die derzeit noch
nicht beschlossen wurde, hielt der Finanzminister fest. "Ich budgetiere nicht auf Zuruf" sagte Schelling
und bekundete seine Bereitschaft, eine Rücklagenauflösung zu genehmigen, wenn ein Antrag vorliege.
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