Paket soll weiter auf der Agenda des EU-Ausschusses des Bundesrats bleiben
Brüssel/Wien (pk) - Die Modernisierung des Urheberrechts in der Europäischen Union hat sich die
EU-Kommission vorgenommen: Urheberrechtlich geschützte Internetdienste sollen im Binnenmarkt grenzübergreifend
besser erreichbar werden, so das Ziel entsprechender Rechtssetzungsvorschläge, die der EU-Ausschuss des Bundesrats
am 16.11. unter die Lupe nahm. Die Bereitstellung von Büchern, Zeitungen und Magazinen für Personen mit
Seh- bzw. Lesebehinderung im Zusammenhang mit dem Urheberrecht war ebenfalls Thema der Ausschusssitzung. Man werde
das Paket seitens des Ausschusses weiter im Auge behalten, so der Tenor unter den LändervertreterInnen.
Das Urheberrecht ist in der Union weitgehend harmonisiert, mit dem vorliegenden Gesetzesentwürfen will die
EU den Besitzstand ergänzen, um ihn an die aktuellen Herausforderungen anzupassen. Einzig das Urhebervertragsrecht
wurde bislang nicht harmonisiert, aber auch hier hält das Justizministerium unionsweite Grundsätze für
sinnvoll, um nicht die Möglichkeit zu eröffnen, auf ein günstigeres Vertragsrecht auszuweichen.
Das Ministerium hat zum gesamten Komplex ein Konsultationsverfahren gestartet, derzeit sei man dabei, die Stellungnahmen
aufzuarbeiten, berichtete die anwesende Expertin des Ressorts, das die Initiative der Kommission weitgehend positiv
bewertet, auch wenn es einige kritische und unausgegorene Punkte gebe. Gegenüber den Bundesräten Edgar
Mayer (V/V), Stefan Schennach (S/W) und Gerd Krusche (F/St) räumte sie ein, dass der Interessensausgleich
ein äußerst schwieriger sei, was sich vor allem auch beim Leistungsschutzrecht manifestiere. Dem Ausschuss
lagen vier Dokumente vor:
EU will umfassenderen Online-Zugang
Der Richtlinienentwurf für ein Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt soll laut Europäischer Kommission
einen umfassenderen Online-Zugang zu geschützten Werken ermöglichen. Die grenzübergreifende Verfügbarkeit
von Online-Diensten (Portabilität) sei zu erweitern, sodass in einem EU-Land erworbene digitale Inhalte auch
in anderen Mitgliedsstaaten genutzt werden können. Überdies erleichtere der Urheberrechtsvorschlag neue
Nutzungsformen in Forschung und Bildung, heißt es in den Erklärungen.
Anstelle von nur national wirksamen Ausnahmen und Beschränkungen von Urheber- und verwandten Schutzrechten,
die nach Kommissionsmeinung eine grenzüberschreitende Werknutzung erschweren, sollten EU-weite Ausnahmeregelungen
greifen. Demnach würde unter bestimmten Voraussetzungen die Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke
ohne vorherige Genehmigung der Rechteinhaber erlaubt, beispielsweise zur Auswertung großer Datenmengen durch
"Text- und Data-Mining" für Forschungszwecke. Ausgeräumt würden auch Rechtsunsicherheiten
für Presseverlage, da ihr Anspruch auf Ausgleichszahlung grundsätzlich bestätigt wird, falls an
sie übergebene Rechte im Rahmen einer Ausnahmeregelung genutzt werden.
Für Lizenzierungsverfahren im Hinblick auf die Verbreitung vergriffener Werke und die Online-Verfügbarkeit
audiovisueller Werke auf Plattformen für den Videoabruf sieht der Entwurf ebenfalls Erleichterungen vor, unter
anderem durch kollektive Lizenzvergaben. Allerdings sei ein "angemessener Rechte- und Interessenausgleich
zwischen den Urhebern und anderen Rechteinhabern einerseits und den Nutzern andererseits" herzustellen, hält
die Kommission fest, und pocht deswegen auf Transparenzpflichten bei der Bezahlung von UrheberInnen. Falls die
Vergütung gemessen an den einschlägigen Einnahmen und Gewinnen aus einem Werk oder der Aufzeichnung einer
Darbietung zu niedrig ist, müssten der Urheber oder der ausübende Künstler das Recht haben, seinen
Anspruch vor Gericht oder in einem alternativen Streitbeilegungsverfahren geltend zu machen.
Die grenzüberschreitende Online-Verbreitung von Fernseh- und Radioprogrammen will die EU-Kommission mit einem
weiteren Rechtssetzungsvorschlag zum digitalen Binnenmarkt fördern. Ziel dieser Verordnung ist, die digitale
Weiterverbreitung von Sendungen aus anderen Mitgliedstaaten über geschlossene Netze zu erleichtern, indem
Schwierigkeiten bei der Lizenzierung von übertragenen Inhalten, die urheberrechtlich geschützt sind,
beseitigt werden. Konkret soll das Ursprungslandprinzip, wonach Rundfunkveranstalter die Rechte nur für einen
EU-Mitgliedstaat klären bzw. erwerben müssen und das bereits in der Satelliten- und Kabelrichtlinie verankert
ist, nun auch für Online-Dienste gelten. Die Transaktionskosten für Fernseh- und Hörfunkveranstalter
und Betreiber von Weiterverbreitungsdiensten würden dadurch verringert, prognostiziert die Kommission, und
verspricht sich vor allem für kleine und mittelständische Unternehmen sowie Einzelpersonen Vorteile.
Erleichterungen für Sehbehinderte
Ferner möchte die Kommission erreichen, dass mehr Werke für Menschen mit Behinderungen zugänglich
werden und schlägt dazu vor, im Urheberrecht spezielle Ausnahmen zugunsten blinder, sehbehinderter oder anderweitig
lesebehinderter Personen vorzusehen. Somit soll es erlaubt sein, Kopien von Büchern, einschließlich
Hörbüchern, und anderem gedruckten Material in einem besonderen Format transnational auszutauschen. Zugrunde
liegt diesem Verordnungsvorschlag der Vertrag von Marrakesch, der 2013 im Rahmen der Weltorganisation für
geistiges Eigentum (WIPO) angenommen wurde, um den Zugang zu gedrucktem Material in barrierefreien Formaten weltweit
zu ermöglichen. Neben dem Vertrag würde die Union damit auch die Verpflichtungen erfüllen, die aus
dem Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UNCRPD) entstehen
und das einen festen Bestandteil des Unionsrechts bildet. Österreich hat mit der Urheberrechts-Novelle 2015
die Vorgaben des Marrakesch-Vertrags umgesetzt.
Als Ergänzung zur Verordnung für barrierefreien Zugang zu urheberrechtlich geschützten Druckwerken
regt die EU-Kommission eine Richtlinie an, mit der die Verfügbarkeit von Werken in barrierefreien Formaten
gesteigert werden soll. Kopien in einem zugänglichen Format, die in einem Mitgliedstaat erstellt werden, könnte
man wiederum überall in der Union verbreiten und abrufen.
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