Bundesratspräsident Lindner: 2017 soll Jahr der Lösungen und der digitalen Zivilcourage
werden
Wien (pk) - Ein Schulterschluss für mehr Zivilcourage statt Hass, Ausgrenzung und Diskriminierung im
Netz: Dazu sollte am 16.11. die parlamentarische Enquete #DigitaleCourage auf Initiative von Bundesratspräsident
Mario Lindner politisch und zivilgesellschaftlich beitragen. Im Sitzungssaal des Bundesrats treffen ExpertInnen
aus beiden Bereichen zusammen, um Strategien zu diskutieren. Grundlage bildet unter anderem ein ebenfalls von Lindner
initiiertes Grünbuch zum Thema.
Einleitungsreferate von Justizminister Wolfgang Brandstetter und Staatssekretärin Mona Duzdar bildeten den
Auftakt, vertieft wurde das Thema durch Impulsreferate von den ExpertInnen Paul Sailer-Wlasits, Willi Mernyi, Lyane
Sautner und Elke Rock. In Folge stehen heute auch zwei Panels zu den Themen "Opferschutz und Recht" und
"Praxis in den Medien", Referate zu "Zivilcourage" und abschließende Statements der Fraktionen
mit einer offenen Diskussionsrunde auf der Tagesordnung. Der Hashtag für Online-Beiträge lautet ebenfalls
#DigitaleCourage, ORF III überträgt die gesamte Enquete live.
"Hass im Netz ist eine Herausforderung, vor der unsere gesamte Gesellschaft steht", sagte Bundesratspräsident
Mario Lindner in seiner Begrüßung zum Auftakt der Enquete. Politik mit Verboten und Verordnungen alleine
reiche nicht aus, um gegen Beschimpfungen und Ausgrenzung vorzugehen - es brauche dazu die Zivilgesellschaft. Genau
diesen Weg, alle einzubinden, gehe der Bundesrat mit dieser Enquete, zusammen mit dem vorausgegangenen Arbeitsmeeting,
mit den Vorschlägen des Lehrlingsparlaments, mit dem Grünbuch #DigitaleCourage. Es gehe darum, Zivilcourage
zu zeigen, wenn jemand im Netz, in den Sozialen Medien beschimpft und bedroht wird. Dass dieses Problem besser
heute als morgen gelöst wird, sei eine historische Verantwortung, so Lindner. 2017 soll das Jahr der Lösungen
und der digitalen Zivilcourage werden, lädt der Bundesratspräsident jede und jeden ein, sich zu beteiligen.
Brandstetter: Österreich als friedlichen Ort des Zusammenlebens erhalten
Justizminister Wolfgang Brandstetter sprach seinen Dank für die Initiative aus, ein klares Signal gegen Hass
und Hetze zu setzen. "Mit Angst und Verunsicherung darf man nicht spielen", so der Minister, und auf
wesentliche Aspekte in der Thematik habe man bereits mit strafrechtlichen Regelungen – wie für Cybermobbing
und höheren Strafandrohungen im Rahmen der Verhetzung - reagiert. Auch eine laufende Zunahme an Fällen
mache die Notwendigkeit deutlich, entsprechende strafrechtliche Grenzen zu setzen. Statt weiterer Verschärfungen
im Strafrecht sieht er den nächsten Schritt derzeit darin, die Betreiber der Online-Plattformen in die Pflicht
zu nehmen und europaweite Regelungen gegen Gewalt und Hass im Netz zu finden. Neben einer Selbstverpflichtung der
Sozialen Medien gegen die Phänomene der Hass-Postings arbeite man auch interministeriell weiter daran, Österreich
als einen Ort des friedlichen Zusammenlebens zu erhalten, auch im Netz. Brandstetter hob die diesbezügliche
Initiative von Staatssekretärin Mona Duzdar und auch die Europarats-Initiative zu "No-Hate-Speech"
hervor und kündigte eine entsprechende Berücksichtigung der Ergebnisse der weiteren interministeriellen
Arbeit und der heutigen Enquete an.
Duzdar: Netz von Hass und Gewalt für mehr Zivilcourage zurückerobern
Im Lauf der letzten Jahre wurde klar, welchen großen Einfluss die Gewalt-Phänomene im Netz heute mittlerweile
sogar auf die Demokratie und den Rechtsstaat haben, betonte Staatssekretärin Mona Duzdar. Sie stimmte mit
dem Justizminister überein, dass man sich mit Regulierungen für die entsprechenden Online-Plattformen
auseinandersetzen müsse. Hass im Netz passiere aber nicht losgelöst von gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen.
Es gehe auch darum, im Alltag den Phänomenen aus Hass und Gewalt entgegenzutreten. Die vermeintliche Unsichtbarkeit
im Netz verstärke aber diese Tendenzen, ebenso wie Falschinformationen oder Meinungsroboter Angst und Verunsicherung
herbeiführen. Hass im Netz schlage auch auf konkrete Taten um, bedauerte Duzdar. Die Ohnmacht im Netz gegenüber
dem Hass sei keine Randerscheinung, sondern ein ernstzunehmendes Problem. Neben den gesetzlichen Maßnahmen
brauche es die starke Einbindung der Zivilgesellschaft, um das Internet von Hass zu befreien, zeigte sich die Staatssekretärin
überzeugt, unter anderem mit der Initiative zur Digitalen Courage das Netz wieder zurückerobern zu können.
Sailer-Wlasits: Mehr Anfang als jetzt war nie
In seinem Impulsreferat sieht der Sprachphilosoph und Politikwissenschafter Paul Sailer-Wlasits Hatespeech in den
Sozialen Medien im historischen Kontext nicht als neues Phänomen, sondern als neues Symptom einer langen kulturgeschichtlichen
Entwicklung. Die Verwendung der Sprache spiele dabei eine gewichtige Rolle – so tragen sprachliche Angstbilder
und Aufrüstung dazu bei, dass Hass manifest wird. Sprachentgleisungen und Sprachgewalt bereiten dabei eine
neue Dimension des Übergangs vom Wort zur Tat vor. Insgesamt seien Gegenreden gegen Hatespeech in diesem Kontext
auch positive Einzelmaßnahmen, es sollte aber an einer umfassenden Gegenhaltung gearbeitet werden, so Sailer-Wlasits.
Eine zivilgesellschaftliche Ethik, vermittelt durch Vorbilder aus Politik, Bildungseinrichtungen und Medien würde
Gegenhaltung und damit wirksame Gegenrede erzeugen. Die Grenze zwischen Meinungsfreiheit und Menschenwürde
sei eine Bruchlinie, an die man sich nur behutsam annähern könne. Mehr Anfang als jetzt war nie, plädierte
der Sprachphilosoph und Politikwissenschafter dafür, dass auch jeder Einzelne Verantwortung dafür übernimmt,
welchen Gebrauch er von Sprache macht.
Mernyi: Zivilcourage mit Kernfrage "Was kann ich selber tun?"
Grundlegende Fragen zum Thema Zivilcourage warf der Vorsitzende des Mauthausen-Komitees Österreich, Willi
Mernyi auf. Aus Studien zur Zivilcourage in Zeiten des NS-Widerstands berichtete er, dass die RetterInnen gegen
den Nationalsozialismus nicht als solche geboren wurden, sondern sich konkret dafür entschieden haben, den
Hass und die Gewalt zu bekämpfen. Das heutige Problem seien Phänomene wie die sogenannten "sozialen
Gaffer" oder "Non-Helping-Bystander", und wie man diese dazu bringen könne, zivilgesellschaftliche
Akteure zu werden. Politik müsse die Rahmenbedingungen schaffen, dass sich Menschen zur Zivilcourage persönlich
angesprochen fühlen. Die Erkenntnis und Erleichterung nach Workshops mit Jugendlichen, dass man einfach "hinschauen"
und mit einem einfachen Anruf bei der Polizei aktiv werden könne, bestätige, dass es speziell solche
Rahmenbedingungen und Unterstützung brauche, wenn es um die Kernfrage der Zivilcourage geht: "Was kann
ich selber tun?"
Sautner: Gesellschaftliche Rahmenbedingungen im Kontext beachten
Lyane Sautner, Universitätsprofessorin für Strafrecht und Rechtspsychologie an der Johannes Kepler Universität
Linz sieht die Ursachen der Hasskriminalität nicht allein in den neuen Kommunikationstechnologien, sondern
auch in den Prozessen des gesellschaftlichen Wandels. Man müsse daher auch bei den gesellschaftlichen Bedingungen
ansetzen, die den Nährboden für Hasskriminalität bilden, nämlich den verbreiteten Vorurteilen
gegenüber bestimmten Bevölkerungsgruppen. Das Regelwerk der strafrechtlichen Verbote sei bereits weitgehend
engmaschig, es gehe hier darum, die bestehenden Regelungen auch effektiv zu machen. Überlegenswert scheint
ihr zudem eine Umgestaltung der Beleidigung in ein Ermächtigungsdelikt, wenn diese für eine größere
Zahl an Menschen wahrnehmbar und betreffend die öffentliche Meinung herabsetzend ist. Insgesamt setze die
Anonymität im Internet die Hemmschwelle für Übergriffe herab, analysierte die Universitätsprofessorin
die spezielle Situation im Internet. Verstärkt würde dies durch den potentiell größeren Adressatenkreis
und die Nachhaltigkeit im Netz, wo Informationen kaum mehr restlos beseitigt werden können.
Rock: Mangelnde Aufklärungsarbeit und Spielregeln gegen Flut aus Beschimpfungen
Sichtlich nach wie vor stark persönlich betroffen berichtete die Ö3-Moderatorin Elke Rock, vormals Lichtenegger,
von einer Flutwelle aus Hass, Demütigung, Perversionen und Morddrohungen, die auf Facebook im April 2014 auf
sie einstürzten. Der Anlass war eine – heute von ihr als überspitzt und unglücklich formuliert bezeichnete
- Aussage zu einer damals unbekannten österreichischen Band, die aus dem Referenzrahmen genommen und via Youtube
und Facebook verbreitet wurden. Die Flut aus Beschimpfungen ähnelten einer digitalen Hexenjagd, so die Ö3-Moderatorin.
Insgesamt sei im Netz durch die fehlenden Grenzen, mangelnden Spielregeln oder tatsächlichen Konsequenzen
die Gefahr groß, dass solche Wellen an Hass und Gewalt jederzeit jeden Einzelnen treffen können, dies
passiere im Netz auch bereits jeden Tag tatsächlich. Im persönlichen Kontakt gebe es gewisse Regeln,
die im Netz nicht mehr greifen. Umso mehr gelte es, solche Hasswellen zu verhindern. Sie plädierte dafür,
mehr Aufklärungsarbeit zu leisten, um Wege zu finden, wie man sich wehren kann. Auch die Spielregeln für
die Kommunikation im Netz sollten definiert werden, so Elke Rock, die zu ihrer emotionalen Rede aus Sicht einer
persönlich Betroffenen im Sitzungssaal des Bundesrats deutliche Unterstützung in Form einer Welle an
langanhaltendem Applaus fand.
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Wie Opfer von online-Hetze zu ihrem Recht kommen
Ans Rednerpult traten Peter Gridling vom Bundesamt für Verfassungsschutz, Kinder- und Jugendanwältin
Denise Schiffrer-Barac, Barbara Unterlerchner von der Opferhilfeorganisation Weißer Ring, Strafrechtsprofessorin
Karin Bruckmüller und Maria Windhager, Rechtsanwältin für Medien- und Persönlichkeitsschutzrecht.
Einig waren sie alle, das Verbreiten von Hassreden richte in der Gesellschaft erheblichen Schaden an und könne
nicht mit Meinungsfreiheit legitimiert werden. Leichte Meinungsunterschiede gab es nur beim strafrechtlichen Reformbedarf.
Diskussionsgrundlage der Enquete bildet neben der Expertise der ReferentInnen das Grünbuch zu "Digitale
Courage" mit Ideen für Vorkehrungen gegen Hate Speech und zur Förderung digitaler Zivilcourage.
Gridling: Hasspostings gefährden sozialen Frieden
"Angst und Hass sind Treiber für Kriminalität und Gewalt", unterstrich Verfassungsschützer
Gridling, Hasspostings seien oft die Vorstufe dazu. Evoziert würden solche Entwicklungen nicht zuletzt durch
die erhöhte Frequenz von Problemstellungen, der die nationale Politik nicht immer Herr werde, Stichwort Flüchtlingsbewegungen.
Die zunehmende Diversität der Gesellschaft fördere zudem Konflikte zwischen Gruppen, was eine große
Herausforderung für den sozialen Frieden sei. Das Internet identifizierte der Direktor des Bundesamts für
Verfassungsschutz und Terrorismus als neuen allgemein nutzbaren und meist unmoderierten Interaktionsraum für
Hassrede. Die Möglichkeiten der Sicherheitsbehörden seien wie das Strafrecht hier eingeschränkt,
dennoch würden online-Hasspostings konsequent auf Strafrechtsrelevanz überprüft, speziell in Formaten
wie Facebook oder Twitter. "Der Tatort Internet gewinnt immer mehr Bedeutung", auch bei der Bevölkerung,
das zeige die vermehrte Kontaktaufnahme mit der Meldestelle für Rechtsextremismus. "Wir als Sicherheitsbehörden
können diesen Kampf nicht alleine gewinnen", appellierte Gridling an die Zivilgesellschaft, weiterhin
ihren Beitrag zu leisten. Wichtig sei auch die Bewusstseinsbildung, dass Hasspostings strafbar sein können
und jedenfalls nicht geteilt werden sollten.
Schiffrer-Barac: Aufklärungsarbeit muss bei Kindern ansetzen
"Kinderrechte sind Menschenrechte", betonte Kinder- und Jugendanwältin Schiffrer-Barac, aber "Rechte
zu haben, heißt nicht immer, Recht zu haben". Viele Minderjährige wüssten nicht, dass ihr
Recht auf freie Meinungsäußerung durch menschenrechtliche Normen eingeschränkt ist - das zeige
sich häufig bei ihrer Nutzung Sozialer Medien. Aufklärungsarbeit an Schulen und in anderen Einrichtungen
hält Schiffrer-Barac daher für essentiell, um das Unrechtsbewusstsein zu fördern, gerade auch in
Altersgruppen, die noch kein eigenes Handy besitzen. Fortbildung sei aber auch bei der Elterngeneration angesagt,
um in der Erziehung zu vermitteln, dass Regelübertritte in der digitalen Welt sehr wohl Konsequenzen haben
und um dem eigenen Nachwuchs echte Vorbilder sein zu können. Den Gesetzgeber schließlich sieht sie am
Zug, gewaltverherrlichende Postings und Videos auf sozialen Medien zu unterbinden bzw. ihre Löschung anordnen
zu können.
Unterlerchner: Opfer brauchen umfassende Unterstützung
"Opfer von Hasspostings und Cybergewalt haben dieselben Bedürfnisse, wie Opfer von sonstigen Straftaten
und psychischer Gewalt", hielt Unterlerchner, Juristin beim Weißen Ring, fest. Konkret seien dies Anerkennung
für das erlittene Unrecht und Respekt, Wiedergutmachung, Schutz vor weiteren Übergriffen, Sicherheit
im Umgang mit dem Netz und eine schonende Behandlung durch Strafverfolgungsbehörden und ihres sozialen Umfeldes.
Vor allem bräuchten sie Information darüber, welche rechtlichen und praktischen Möglichkeiten ihnen
nach der Tat zustehen. Unbefriedigend sei dabei, so Unterlerchner, dass der Großteil der Ansprüche,
Betreuungsangebote und Opferrechte an die strafrechtliche Verfolgung der Täter und Täterinnen anknüpft,
Hasspostings sich aber oft am Rande oder unterhalb strafrechtlicher Grenzen bewegen. Sie fordert daher einen Ausbau
des Unterstützungsangebots durch erfahrene Opferhilfeeinrichtungen inklusive juristischer Betreuung abseits
eines Strafverfahrens. Ebenso sind ihr mehr präventive Trainings zur Förderung couragierten Handelns
im Netz ein Anliegen, und zwar "für Jugendliche und für Multiplikatoren und Multiplikatorinnen aus
den Bereichen Polizei, Justiz, Bildung und Soziales".
Windhager: Aktuelle Rechtslage bietet nicht genug Rechtsschutz
Großen Handlungsbedarf für eine Strafrechtsreform gegen Hate Speech im Internet ortet Rechtsanwältin
Windhager. Beispielsweise brauche es einen wirksamen Rechtsschutz im Zusammenhang mit Cybermobbing – gerade wenn
internationale Unternehmen wie Facebook als Plattform die nationale Rechtslage negieren und problematische Inhalte
nur sperren, nicht aber löschen wolle. "Hier darf die Politik nicht zusehen". Hinsichtlich Rechtsschutz
führte sie Elemente des Persönlichkeitsschutzrechts als weitere Hürde ins Treffen. So könne
die Staatsanwaltschaft persönlichkeitsrechtliche Tatbestände wie üble Nachrede und Beschimpfung
nicht verfolgen, wodurch Betroffene ihr Recht auf eigenes Kostenrisiko durchsetzen müssten. "Bei Privatanklagedelikten
gibt es ein Rechtsschutzdefizit", folgerte Windhager und schlug vor, hier mit Ermächtigungsdelikten Abhilfe
zu schaffen. Ohne die Meinungsäußerungsfreiheit vulgo sachliche Kritik in Frage zu stellen, unterstrich
Windhager, Hasspostings fielen nicht darunter. "Es geht nicht darum, substanzlos Personen herabzuwürdigen
und ihnen Gewalt anzutun". Angesichts der Anonymität im World Wide Web müsse die Justiz in die Lage
versetzt werden, Userdaten auszuforschen, um Rechtsansprüche durchsetzen zu können.
Bruckmüller: Bestehendes Strafrecht effektiver umsetzen
Das Internet sei kein strafrechtsfreier Raum, betonte Strafrechtsexpertin Bruckmüller. Sie sieht demnach derzeit
keinen Bedarf an einem weiteren strafrechtlichen Tatbestand im Zusammenhang mit Hasspostings. "Nur weil ein
Verhalten unter Strafe gestellt wird, führt dies nicht automatisch zu einem Rückgang derartiger Verhaltensweisen".
Nötig sei jedoch, die bestehende Rechtslage effektiver umzusetzen und die Aufklärungsrate zu steigern,
wobei das Strafrecht hier an seine Grenzen stoße. Eine Möglichkeit sei die Schaffung eines "besonderen
Erschwerungsgrunds" bei der Strafzumessung für die Tatbegehung im Internet aufgrund der Anonymität
und Dauerhaftigkeit der Einträge sowie deren weltweiter Verfügbarkeit. Grundsätzlich bilden aber
in ihren Augen präventiv bewusstseinsbildende Maßnahmen gegenüber potentiellen TäterInnen
und den plattformbetreibenden IT-Firmen, die NutzerInnen auf strafrechtliche Konsequenzen von Postings hinweisen
sollten, eine besseres Mittel für den Opferschutz.
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Es geht um alle Räume, auch außerhab des Netzes
Die Trennung zwischen "online" und "offline" ist nicht mehr sinnvoll. Es geht um alle Räume,
auch außerhalb des Netzes, so die Kernaussage im zweiten Teil der heutigen parlamentarischen Enquete #DigitaleCourage,
in dem sich ExpertInnen aus Medien, Kommunikation und Psychologie dem Thema Hassbotschaften im Netz widmeten. Gefragt
sei neben den Social-Media-Plattformen ein gemeinsames Handeln der Institutionen, vor allem aber der Gesellschaft
selbst, indem sie ihre eigenen demokratischen Werte aktiv verteidigt. Was BürgerInnen dafür brauchen,
seien Informations- und Beratungsstellen sowie das Wissen darüber, an wen sie sich im konkreten Fall wenden
können. Für die ExpertInnen ist außerdem eines klar: Strengere Gesetze allein können das Problem
nicht lösen.
Schubert: Probleme der Offline-Welt können online nicht gelöst werden
Österreichs ProviderInnen können Probleme der Offline-Welt, die online sichtbar werden, nicht alleine
lösen, was es braucht, ist ein ganzheitlicherer Ansatz, sagte Maximilian Schubert, Generalsekretär von
Internet Service Provider Austria (ISPA). Das Netzt sei an sich ein neutrales Medium, das von einer kleinen Gruppe
von Menschen missbraucht werde. Dennoch stand für Schubert fest: "Das Internet ist eine einmalige Erfolgsgeschichte",
Menschen, die gezielt Hass verbreiten, seien die Ausnahme.
Ansetzen würde Schubert bei der Bildung. Wichtig sei dabei, nicht nur bei jungen Menschen, in Kindergärten
oder Schulen zu beginnen, Informationsarbeit müsse in der gesamten Gesellschaft passieren. Potential sieht
er zudem in der Gegenrede sowie in Trusted Flagger Programmen. Zudem müssten dort, wo Defizite bestehen, Anstrengungen
der österreichischen ProviderInnen intensiviert werden. Bereits im Bereich der Kinderpornografie und der NS-Wiederbetätigung
hätten diese in den letzten Jahrzehnten u.a. durch Kooperationen mit staatlichen Stellen und der Entwicklung
einer international vernetzten Meldestelle gezeigt, dass sie ihre gesellschaftspolitische Verantwortung wahrnehmen.
Denkmayr: Klare Positionen sowie klare Verantwortlichkeiten kommunizieren
"Jeder von uns ist ein Medium", machte Social Media-Expertin Judith Denkmayr klar, was aber aus ihrer
Sicht fehlt, ist Diskussionskultur. Momentan gehe es vor allem darum, die eigene Meinung kundzutun, das Suchen
von Kompromissen bleibe aus. "Wir sind meinungsstark, aber diskussionsschwach geworden", so Denkmayr.
Hassbotschaften in Online-Foren begegne man bereits mit Community ManagerInnen, in den meisten Fällen würde
es sich hierbei aber um Personen handeln, die nicht über die notwendigen Kompetenzen verfügen würden,
menschenfeindliche Kommentare zu moderieren.
Geht es nach Denkmayr, könnte das Problem durch klare Prozesse sowie klare Verantwortlichkeiten gelöst
werden. Wesentlich ist für sie Information, dass Menschen wissen, an wen sie sich etwa im Fall des am Wochenende
veröffentlichen Videos, in dem eine Jugendliche brutal zusammengeschlagen wird, wenden können. Eine übergreifende
Zusammenarbeit würde bisher fehlen, der "Schwarze Peter" Social-Media-Plattformen zugeschoben. Diese
sind Denkmayr zufolge aber durchaus mehr in die Pflicht zu nehmen. Auch bei Facebook und Co. gelte es, klare Verantwortlichkeiten
und mehr Transparenz einzufordern, etwa, wenn es um Löschprozesse geht.
Wetzstein: Trennung in eine "Online"- und "Offline"-Welt kaum noch sinnvoll
Hassbotschaften gegen bestimmte Gruppen können sich im alltäglichen Handeln und im gesellschaftlichen
Zusammenleben fortschreiben, informierte die Kommunikationswissenschaftlerin der Uni Wien Irmgard Wetzstein über
die dynamische Infrastruktur Sozialer Medien. Deshalb sei eine Trennung in eine "Online"- und in eine
"Offline"-Welt kaum noch sinnvoll. Betrachtet man das Phänomen medienzentriert, wonach UserInnen
in "filter bubbles" bzw. "information bubbles" voneinander isoliert bleiben und wo Tabubrüche
wie das Diffamieren bestimmter Gruppen durch das Fehlen direkter Konfrontation mit Andersdenken vereinfacht und
begünstigt werden, sieht Wetzstein die BetreiberInnen in der Pflicht. Hier dürften Kommentarspalten nicht
unmoderiert bleiben, zudem sollte vermehrt über das Melden von Hass-Postings oder letztlich auch über
Möglichkeiten von Anzeigen bei der Polizei aufgeklärt werden.
Gelöst ist für die Kommunikationswissenschaftlerin das Problem damit aber noch nicht. Digitale Courage
braucht aus ihrer Sicht mehr als den Fokus darauf, wie ein Medium funktioniert. Gefordert sieht sie die Gesellschaft
als Ganzes, insbesondere aber ein gemeinsames Vorgehen gegen Hasskultur im Netz durch Institutionen und Organisationen
auf nationaler und europäischer Ebene, NGOs und zivilgesellschaftlichen Initiativen, Schulen, Behörden
und Forschungseinrichtungen. Überlegenswert sind für sie etwa Konzepte für Peer-Education-Programme,
Medien- und Kommunikationskompetenztrainings, Sensibilisierungsarbeit auch außerhalb von klassischen Schulsettings,
vermehrte Forschung, die sich auf die Entwicklung von automatisierten Monitorings konzentriert sowie "Offline"-Begegnungsräume,
um durch persönliche Erfahrungen Vorurteile abbauen zu können.
Burger: User Generated Content kann Mehrwert bringen
Über den Wert konstruktiver Online-Debatten sprach Christian Burger, Community Manager bei derStandard.at.
User Generated Content sei dabei die Weiterführung des Gründungsgedankens des Standard, dem Leser auf
Augenhöhe zu begegnen, schickte Burger voraus. Seine Aufgabe sei es, ein Umfeld zu bieten, in dem alle, die
etwas Relevantes zu sagen haben, gerne partizipieren und mitdiskutieren, ferner das Ziel zu verfolgen, Inhalte
zu erzeugen, die qualitätsvoll und mintunter unterhaltsam sind, sowie sicherzustellen, dass ein inhaltlicher
Mehrwert geschaffen werde. Die Kommentar-Funktionen nach Online-Artikel abzuschalten hält er für einen
falschen Schritt. Laut Zahlenmaterial wird die sogenannte Einprozentregel im Netz, wonach nur 1 % einer Online-Community
in Diskussionsforen aktiv werden, 9 % ein wenig und der überwiegende Großteil, nämlich 90 %, stille
Mitleser sind, im Standard-Forum überschritten. Burger zufolge sind 25.000 von 2 Millionen UserInnen aktiv,
das entspricht 1,3 % aktive PosterInnen.
Community Management ist für ihn Prävention, dass es erst gar nicht zu Hasspostings kommt. Aus diesem
Grund steht bei derStandard.at in Online-Debatten die aktivierende Moderation im Fokus, indem UserInnen beispielsweise
nach Lösungsvorschlägen für eine aktuelle politische Situation gefragt werden . Daneben wird direkte
User-Kommunikation via E-Mail betrieben. Zusammengerechnet ergibt das einen Moderationsaufwand pro Jahr von 14.000
Stunden, berichtete Burger.
Baldauf: Kein Gesetz und keine Klage gegen Facebook, Google und Co. wird Problem lösen
"Zivilcourage kann nur stattfinden, wenn es auch Menschen gibt, die für eine demokratische Kultur und
Menschenwürde aktiv eintreten", lautete das Postulat von Johannes Baldauf von der Amadeu Antonio Stiftung
Berlin. Beruflich beschäftigt er sich mit den Schattenseiten des Internets - mit Rechtsextremismus, Antisemitismus
und Verschwörungstheorien. Sein Fazit:
"Man würde den Eindruck bekommen, dass das Netz zu großen Teilen aus nichts anderem besteht als
Holocaustleugnung, jüdischer Weltverschwörung und der Abwertung von allen, die als anders wahrgenommen
werden." Denn die Grenzen des Sagbaren haben sich Baldauf zufolge in den letzten Jahren verschoben. Für
ihn liegt es einerseits bei den Social Media-Plattformen selbst, diese Phänomene einzudämmen, andererseits
vor allem aber auch an der Gesellschaft, grundlegende Werte zu verteidigen. Immerhin gehe es nicht nur um soziale
Netzwerke oder das Internet, sondern um alle Räume, auch außerhalb des Netzes. Ein Allheilmittel gegen
Hasspostings sieht Baldauf in strengeren Gesetzen aber nicht. "Machen wir uns keine Illusionen: Kein Gesetz
und keine Klage gegen Facebook, Google und Co. wird unser Problem lösen", so Baldauf, am Ende müssten
die BürgerInnen und NutzerInnen selbst gestalten und aushandeln, welche demokratischen Werte zählen würden.
Er schlägt vor, dort konsequent zu verfolgen und zu strafen, wo Hassverbrechen stattfinden, die demokratische
Zivilgesellschaft im Netz mit Programmen und Strukturen zu stärken und das Netz bei allen Bildungsprogrammen
mitzudenken. Dabei dürften aber nicht nur junge Menschen im Fokus stehen.
Kaufmann: Wir reden zu wenig mit jenen, die den Hass verbreiten
Barbara Kaufmann, freie Journalistin und Filmemacherin stand dafür ein, mehr mit jenen zu sprechen, die Hass
im Netz verbreiten. Würde man das nämlich tun, wie Florian Klenk in der letzten Ausgabe der Wiener Wochenzeitung
Falter, in dem er einen jungen Mann besucht hat, der im Netz davor angegeben hatte, ihn gerne anzünden zu
wollen, zeige sich stets ein ähnliches Bild: Die überwiegende Mehrheit jener, die Hass im Netz verbreiten,
hätte oftmals kein Bewusstsein dafür, wie öffentlich sie das tun. Außerdem hätten viele
das Gefühl, etwas Normals zu tun. Dass Hass oftmals zur Normalität geworden ist, erklärt sich Kaufmann
unter anderem dadurch, dass provokative, aggressive Stimmen im Netz mehr an Aufmerksamkeit bekommen, vor allem
aber auch, weil Hass gegen den anderen mittlerweile zum politischen Alltag gehöre.
Die Rolle der Presse sei dabei viel zu oft die des Brandverstärkers. "Ein Politiker, der verbal Grenzen
überschreitet, ist immer eine Gschicht", so Kaufmann. Jemand, der pöbelt, hasst und wütet,
bekomme in der Tagesberichterstattung oftmals mehr Platz eingeräumt als SachpolitikerInnen. " Hass bringt
Quote. Hass bringt online Klicks", sagte Kaufmann, die JournalistInnen würden so zu PR-AgentInnen des
Hasses. Sie selbst ist sich nicht sicher, ob strengere Strafen oder stärkere Forenmoderation etwas gegen die
Hasskultur ausrichten können. Für sie handelt es sich um ein viel weitreichenderes, gesellschaftliches
Problem, das nur gemeinsam – inklusive Politik und Medien – gelöst werden könne, indem "wir uns
dieser Hasskultur bewusst werden und sie durch eine Gegenkultur bekämpfen".
Jonas: Digitale Courage muss on- und offline stattfinden
Dass Digitale Courage innerhalb und außerhalb der Online-Medien und plattformunabhängig stattfinden
muss, darüber informierte der Sozialpsychologe und Zivilcourage-Forscher von der Universität Maastricht
Kai Jonas. Wobei es aus seiner Sicht schwierig ist, ein Verständnis für Digitale Courage zu etablieren,
denn viele würden wissen, was etwa bei Gewaltsituationen auf offener Straße zu tun ist, nicht aber bei
Hassbotschaften im Internet. Die Aktionsmöglichkeiten seien im Netz nämlich andere, die Bedrohungsmomente
oft diffuser. "Wir stehen mit der Digitalen Courage ganz am Anfang", so die Bestandsaufnahme des Sozialpsychologen.
Das Problem kann für ihn dabei weder nur Firmen oder ProviderInnen überlassen werden, noch kann es allein
juristisch gelöst werden. Denn viele Fälle von Hassbotschaften würden nicht den Gang zur Polizei
oder zum Staatanwaltschaft zur Folge haben.
Wesentlich ist für Jonas auch der Aspekt des Medienwechsels. Das bedeutet, dass eine Reaktion auf eine Hassbotschaft
nicht zwangsläufig im selben Medium stattfinden muss, wie die Originalbotschaft. Außerdem erachtet es
der Sozialpsychologe als wesentlich, dass Menschen lernen, offline darüber zu sprechen, was online mit ihnen
passiert. Jonas plädiert aus diesem Grund insbesondere für Medientrainings zu Digitaler Courage sowie
Beratungsstellen, die BürgerInnen darüber informieren, was gegen Hassbotschaften getan werden kann. "Wir
können die Bürger aufklären, informieren und Digitale Courage trainieren", so sein Credo. Die
heutige Enquete ist für Jonas ein erster Schritt, jetzt müssten aber auch greifbare Programme folgen.
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Hass im Netz und Grenzen der Meinungsfreiheit
Den Abschluss der Enquete bildeten Statements der Fraktionsvorsitzenden des Bundesrats und Diskussionsbeiträge
von TeilnehmerInnen der Enquete.
"Hinter jedem Account steht ein Mensch", hielt der Fraktionsvorsitzende der ÖVP im Bundesrat, Edgar
Mayer, in seinem Statement fest – dies dürfe nicht vergessen werden. Das Internet sei zudem kein rechtsfreier
Raum, es gelte für ihn das Null-Toleranz-Prinzip bei strafrechtlichen Tatbeständen. Neben Strafe sei
aber auch Sensibilisierung wichtig, alle seien dazu aufgerufen, nicht wegzuschauen, sondern gegen Hass und Hetze
zu handeln.
Für den Vorsitzenden der SPÖ-Bundesratsfraktion Reinhard Todt ist klar, dass es keinen monokausalen Lösungsansatz
geben kann. So müsse es sowohl legistische Vorkehrungen als auch Unterstützung für die Jugend geben,
wie man dem Hass entgegentreten kann. Auch bei den Anbietern der Sozialen Netzwerke sei frühzeitig anzusetzen,
um die Verbreitung von Hass zu verhindern. Er kündigte an, dass der Zukunftsausschuss des Bundesrats sich
eingehend mit dem Grünbuch und den Ergebnissen befassen wird. Die Initiative #DigitaleCourage sei mit dem
heutigen Tag jedenfalls nicht abgeschlossen. Es gehe ihm darum, Fehlentwicklungen in den sozialen Netzwerken zu
analysieren und dann Maßnahmen zu setzen.
Dass Hass und Hetze im Netz kein Kavaliersdelikt seien und auch nicht zu einem solchen werden dürfen, hob
Nicole Schreyer, Grüne Fraktionsvorsitzende im Bundesrat, hervor. Das Strafrecht könne zwar keine Wunder
wirken und solle auch nicht die Antwort für jedes gesellschaftliche Problem werden. In letzter Konsequenz
müsse der Staat aber die Freiheitsräume seiner BürgerInnen schützen, auch in der digitalen
Welt. Das Internet dürfe nicht zu einer Bühne der Hassbotschafter werden.
Für die FPÖ im Bundesrat sprach sich Hans-Jörg Jenewein dafür aus, dass rote Linien nicht überschritten
werden dürfen, die das Klima des Zusammenlebens vergiften. Man müsse aber auch die vielfältigen
Ursachen sehen - Äußerungen im Netz seien auch Ausdruck der Bevölkerung, die von aktuellen gesamtgesellschaftlichen
Entwicklungen überfordert sind und ihren persönlichen Frust, ihre Wut und Enttäuschung online artikulieren.
Die rote Linie sei dabei klar gesetzlich definiert, abseits davon müsse man auch den Blick Richtung Meinungsfreiheit
offen lassen.
Diskussion über Strafeinordnung, Meinungsfreiheit, Medienkompetenz und Vorbildwirkung
In der anschließenden Debatte meldeten sich VertreterInnen aus Politik und Zivilgesellschaft zu Wort. So
plädierte NEOS-Nationalratsabgeordneter Niko Alm dafür, den Graubereich zwischen strafrechtlicher Relevanz
und Meinungsfreiheit zu beachten. Die Definition dieser Grenze dürfe nicht dazu führen, dass Meinungsfreiheit
eingeschränkt wird. Zugleich sei dies aber kein Freibrief für Hetze und Hass, selbst wenn die Äußerungen
"nur" beleidigend sind. Eine Lösung kann für ihn nur über Rechtsdurchsetzung erreicht
werden, nicht jedoch über Verschärfung der Gesetze. SPÖ-Bundesrat Stefan Schennach plädierte
dafür, den Unterricht von Medienkompetenzen an Schulen einzufordern. Initiativen wie die "No-Hate-Speech"-Kampagne
des Europarats haben bewiesen, dass es möglich ist, eine Sensibilisierung auszulösen. Das gebe Hoffnung,
so Schennach. Hass im Netz ist kein Kavaliersdelikt, umso wichtiger sei es nun, diese Initiative #DigitaleCourage
weiterzuziehen. Seine Fraktionskollegin Inge Posch-Gruska unterstrich die Wichtigkeit von Medienkompetenz. Wenn
kein Respekt und keine Wertschätzung da sind, kann es keine freie Meinungsäußerung geben - wer
zu Gewalt aufrufe, müsse auch zur Verantwortung gezogen werden, sagte Posch-Gruska.
Hasspostings sind zu verurteilen und abzulehnen, unterstrich auch FPÖ-Bundesrat Christoph Längle. Er
sprach sich für Vorbeugung aus, sei es durch Unterstützung von Kindern und Jugendlichen, aber auch durch
Vorbildwirkung von Erwachsenen und von klassischen Medien. Auch die Politik sei gefordert, eine seriöse Sprache
zu verwenden. Für den grünen Bundesrat David Stögmüller ist Hass ebenso nicht hinnehmbar, sowohl
Beteiligte, als auch Plattformbetreiber seien zur Verantwortung zu ziehen. Genauso sollten politische Vertreter
keinesfalls zu Hass ermutigen, sondern sich dem entschlossen entgegenstellen.
Von der Bundesjugendvertretung forderte Johanna Tradinik ebenfalls die Stärkung der Medienkompetenz für
alle. Symbolisch verglich sie Digitale Courage mit Standing Ovations - die Politik müsse dabei unterstützen,
dass jeder und jede die Person ist, die gegen Diskriminierung aufsteht. Auch den emotionalen Drohungen gegen NGO-MitarbeiterInnen
gelte es, Einhalt zu gebieten, betonte Romy Grasgruber von der Interessenvertretung gemeinnütziger Organisationen
IGO. Die heutige Enquete zeige, dass es insgesamt Handlungsbedarf für einen respektvollen Umgang gibt. Wichtig
seien ein klarer Rechtsrahmen und Informationen darüber, welche Möglichkeiten es für Betroffene
gibt, sich zu wehren, so Grasgruber.
Lindner: Wir haben noch viel vor
"Wir als Politik haben die Aufgabe, die Trennlinie zu ziehen – zwischen dem zentralen Grundrecht auf Meinungsfreiheit
und dem Schutz der Würde und der Rechte jedes Mitglieds unserer Gesellschaft", hielt Bundesratspräsident
Mario Lindner zum Abschluss der Diskussion fest. Wenn Hass im Netz ein Spiegel der gesellschaftlichen Verhältnisse
mit Angst und Verunsicherung ist, müsse man dem entgegentreten und in Politik, Medien und Institutionen wieder
Vertrauen schaffen. Der heutige Tag mit all seinen Inputs, Ideen und Vorschlägen sei der Startschuss für
einen langen und ernst gemeinten Prozess, so Lindner: "Wir werden jede einzelne Möglichkeit, jede Chance
#DigitaleCourage zu fördern, ergreifen." Wie von ihm angekündigt, standen zusammen mit den Unterlagen
für die TeilnehmerInnen der Enquete auch die in der vergangenen Woche erarbeiteten Positionen des Lehrlingsparlaments
zur Verfügung.
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