Reorganisation der medizinischen Betreuung von Insassen
Wien (pk) - Justizminister Wolfgang Brandstetter stand am 16.11. den Abgeordneten des Budgetausschusses
Rede und Antwort zum Justizbudget 2017. Laut Budgetentwurf sollen die Ausgaben für Justiz um 10% gegenüber
dem Vorjahr steigen. Dabei handelt es sich jedoch nur um eine teilweise Bereinigung der Unterbudgetierung des Voranschlags
2016, ließ der Justizminister die Abgeordneten des Budgetausschusses wissen. Auch der parlamentarische Budgetdienst
betonte in seiner Analyse, dass keine vollständige Sockelbereinigung vorliegt. Die Wirkungsziele des Justizministeriums
bleiben 2017 unverändert. Die Gewährleistung der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens sowie die Sicherstellung
des Zugangs zu Leistungen der Gerichtsbarkeit durch Ausgleich von einkommensmäßigen, sozialen und sonstigen
Benachteiligungen stehen weiterhin im Fokus des Ressorts.
Im Einzelnen sieht der Bundesvoranschlag für den Bereich Justiz Auszahlungen in der Höhe von 1,435 Mrd.
€ vor, was gegenüber dem Jahr 2016 eine Steigerung von 10% bedeutet. Die Einzahlungen sollen 1,21 Mrd. € betragen
und sind damit um 18,5% höher als im letzten Jahr veranschlagt. Als größter Posten bei den Ausgaben
schlägt sich im Ergebnisvoranschlag die Rechtsprechung (850,6 Mio. €) zu Buche, in den Strafvollzug fließen
488,8 Mio. €, für Steuerung und Services sind 95,50 Mio. € budgetiert.
Opposition kritisiert: Budgetvoranschlag hält nicht
Die Oppositionsabgeordneten Albert Steinhauser (G) und Harald Stefan (F) hinterfragten die hohen Diskrepanzen zwischen
Bundesvoranschlag und tatsächlichem Ergebnis in den letzten Jahren. Insbesondere unrealistische Werte sowie
die Notwendigkeit zur Rücklagenauflösung für die laufende Tätigkeit wurden kritisiert. Demgegenüber
zeigte sich Justizminister Brandstetter gelassen. Das Finanzministerium mache auch für sein Ressort die budgettechnischen
Vorgaben, die er nicht ändern könne. Ab dem Budget 2018 müsse es Anpassungen im Budget geben, stimmte
er Nikolaus Scherak (N) zu. Der Budgetvoranschlag wurde nach bestem Wissen und Gewissen durchgeführt, hielt
er den Zweifeln Steinhausers entgegen. Mehr finanzielle Mittel seien notwendig, sagte auch Christoph Hagen (T),
derzeit würden Gerichtsanwärter zu Verwaltungstätigkeiten herangezogen.
Die Abgeordneten Werner Groiß, Manfred Hofinger, Georg Vetter (alle V) sowie Petra Bayr und Klaus Feichtinger
(beide S) und Hermann Brückl (F) gingen im Detail auf das Justizbudget ein und hinterfragten aktuelle budgetäre
Entwicklungen. Zur Sprache kam auch der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag sowie der Europäische
Gerichtshof für Menschenrechte.
Maßnahmenvollzugsgesetz geht in Begutachtung
Eine der zentralen Herausforderungen in der nächsten Zeit wird die Reform des Maßnahmenvollzugs sein,
informierte Brandstetter Abgeordneten Johannes Hübner (F). Ein neues Maßnahmenvollzugsgesetz soll Anfang
Dezember in Begutachtung gehen. Darin wird die Behandlung und Betreuung unzurechnungsfähiger TäterInnen
in medizinischen Einrichtungen neu geregelt. Künftig sollen Behandlungen in eigenen Institutionen durchgeführt
werden, führte Brandstetter auf Frage von Christian Lausch (F) aus, der die Schließung des Otto-Wagner-Spitals
für psychisch kranke Häftlinge thematisierte.
Erst im letzten Jahr wurde die Bestrafung von Cyber-Mobbing durch die Einführung eines neuen Straftatbestandes
möglich gemacht, riefen Eva-Maria Himmelbauer (V) und Ruth Becher (S) in Erinnerung. Himmelbauer ging auf
die heutige Bundesrats-Enquete "Digital Courage" im Parlament ein, ihr wurde vom Justizminister versichert,
er werde seine Möglichkeiten im Fall des verprügelten Mädchens auf Facebook ausschöpfen. Der
Handlungsspielraum des Justizministeriums dürfe jedoch nicht überschätzt werden. Um dem Großunternehmen
auf Augenhöhe entgegentreten zu können, sei jedoch das Engagement der EU erforderlich, betonte er.
Aber auch Sammelklagen benötigen eine rechtliche Grundlage, machte sich SPÖ-Mandatar Johannes Jarolim
für einen Gesetzesentwurf stark. Brandstetter stellte dazu fest, es werde an dem Entwurf gearbeitet, um die
bestmögliche Ausgestaltung zu finden.
Brandstetter: Steigendem Aggressionspotential in Haftanstalten entgegenwirken
Das Aggressionspotential in den Haftanstalten steigt, so Brandstetter. Um die Wachebeamten stärker vor den
Insassen zu schützen, wurden erst kürzlich schutzfeste Westen aus einem Sonderbudget angeschafft, informierte
der Minister die Abgeordneten und trat darüber hinaus dafür ein, Attacken gegenüber Gefängnispersonal
höher zu bestrafen. 10% der Gefängniskapazitäten sei durch BürgerInnen aus anderen EU-Staaten
belegt, erklärte Brandstetter gegenüber Philipp Schrangl (F). Dort wo es möglich ist, möchte
er den Insassen ermöglichen, die Strafe in ihrem Heimatland abzubüßen.
Teamassistenz und andere aktuelle Entwicklungen
Das Justizministerium aktualisiert und übersetzt laufend bestehende Formulare. Dadurch wird internationalen
Verpflichtungen im Sinne des Opferschutzes entsprochen und ausländische Insassen werden über ihre Rechte
informiert, sagte Brandstetter auf die Frage von Harald Stefan (F) und erörterte das neue Kanzleisystem der
Teamassistenz. Bei Gerichten, Behörden und Staatsanwaltschaften seien künftig mehrere Personen in Form
eines Teams für die Sekretariatsarbeiten zuständig. Wechselseitige Vertretungen ermöglichen so Kosteneinsparungen
und Weiterentwicklungen.
Bei der Anzahl der Justizeinrichtungen sei im Sinne der Bevölkerung zu agieren. Aufgrund der Auslastung österreichischer
Justizanstalten sei keine Strukturreform erforderlich, ließ Brandstetter Elisabeth Grossmann (S) wissen.
Es habe eine Trendwende bei der Verfahrensdauer österreichischer Prozesse gegeben, erfuhr Michaela Steinacker
(V). Die durchschnittliche Dauer gehe zurück, zeigte sich der Justizminister erfreut.
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