Treffen zwischen österreichischen Abgeordneten und Südtiroler Spitzenpolitikern im
Vorfeld des italienischen Verfassungsreferendums
Bozen/Wien (pk) - Auch für Italien ist der 4. Dezember 2016 ein Tag wichtiger Entscheidungen. Die Bevölkerung
ist aufgerufen, in einem Referendum über eine Verfassungsreform abzustimmen, durch die v.a. die Rechte der
zweiten Kammer – des Senats – beschränkt und die Kompetenzen zwischen dem Staat und den Regionen im Sinne
eines stärkeren Zentralismus neu aufgeteilt werden sollen. Ob und inwieweit die beabsichtigte Neuordnung Auswirkungen
auf die Südtiroler Autonomie haben könnte, war am 23.11. Gegenstand von Gesprächen zwischen Nationalratsabgeordneten
und den beiden Südtiroler Politikern Oskar Peterlini und Karl Zeller. Die österreichischen Parlamentarier
aus dem Kreis des Südtirol-Unterausschusses machten dabei klar, dass sich Österreich unabhängig
vom Ausgang des Referendums seine Schutzmachtfunktion nicht nehmen lassen werde.
Sichert Schutzklausel die Südtiroler Autonomie?
Die Reform Matteo Renzis laufe auf eine Stärkung des Zentralstaates hinaus, informierte Karl Zeller. Der Senator
der Südtiroler Volkspartei betonte aber, das Autonomiestatut bleibe aufrecht, zumal eine von Südtirol
durchgesetzte Schutzklausel dafür sorge, dass die Reform in Südtirol nicht angewendet wird und die Südtiroler
als Minderheit weiterhin völkerrechtlichen Schutz genießen. Zeller rechnet deshalb mit einem Ja der
Südtiroler bei der Volksabstimmung. Klar ist für ihn dabei, dass Südtirol von allen Regionen Italiens
am stärksten von der Reform profitieren werde. Anders sieht dies der ehemalige SVP-Senator Oskar Peterlini,
der für eine Ablehnung durch Südtirol plädierte, wobei er argumentierte, Zentralismus könne
einer Minderheit nicht gut tun. Alarmiert zeigte er sich insbesonders über eine im Entwurf enthaltene Suprematieklausel,
auf deren Basis bei Vorliegen von übergeordneten nationalen Interessen das Parlament in Rom in die Gesetzgebung
der Regionen eingreifen kann. Die Schutzklausel gelte als Übergangsregelung nur bis zur Änderung des
Statuts. In der Praxis sei die Autonomie dem Gutdünken des Verfassungsgerichts ausgeliefert, fürchtet
Peterlini.
Österreich wird wachsam bleiben
Es steht viel auf dem Spiel, schloss der Obmann des Südtirol-Unterausschusses, ÖVP-Mandatar Hermann Gahr,
aus den Einschätzungen der beiden Südtiroler Gäste. Hermann Krist (S) sprach kritisch von nicht
eingehaltenen Vereinbarungen durch Rom und drückte seinen Wunsch aus, dass die Reform für Südtirol
"nicht ins Auge geht". Bedenken gegen die Reform überwogen bei Werner Neubauer (F) und Christoph
Hagen (T), während Georg Willi (G) und Christoph Vavrik (N) vor allem auf die Unsicherheit des Ausgangs des
Referendums und die sich daraus ergebenden Szenarien für Südtirol, aber auch für Österreich
hinwiesen. Österreich werde sich jedenfalls seine Schutzmachtfunktion für Südtirol nicht nehmen
lassen, brachte Hermann Gahr die einhellige Meinung der Fraktionssprecher auf den Punkt.
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