Opposition übt Kritik an der Schuldenentwicklung beim Familienlastenausgleichsfonds
Wien (pk) - Fast 7 Mrd. € wird das Familienbudget im Jahr 2017 betragen. Das sind 8,9% des gesamten Bundeshaushalts
und damit hinter Pensionen, Bildung und Soziales der größte Ausgabenposten der Republik. Noch nie wurden
so viele öffentliche Mittel in die österreichischen Familien investiert, erklärte Ministerin Sophie
Karmasin am 23.11. im Zuge der Budgetdebatte des Nationalrats, Österreich werde sein Ziel, familienfreundlichstes
Land Europas zu sein, bald erreicht haben. Die Familienministerin wies dabei besonders auf bevorstehende Reformen
bei der Familienbeihilfe und beim Kinderbetreuungsgeld hin.
Insgesamt sind im Bundesvoranschlag 2017 3,426 Mrd. € für die Familienbeihilfe vorgesehen. Die erwarteten
Einzahlungen ins Budget im Jahr 2017 (6,678 Mrd. €) allerdings geringer als im Vorjahr aus (2016: 7,295 Mrd. €).
Eine der Ursachen ist die Reduktion der Lohnnebenkosten, die zu stark sinkenden Einnahmen des Familienlastenausgleichsfonds
(FLAF) führt. 2017 wird daher mit einem Defizit des FLAF in der Höhe von 102 Mio. € gerechnet, das bis
2018 auf 456 Mio. € anwachsen wird. Dieser Umstand wurde von Seiten der Opposition auch scharf kritisiert.
FPÖ will Anpassung der Familienbeihilfe für Kinder im Ausland und FLAF-Entschuldung
Anneliese Kitzmüller (F) kritisierte den steigenden Schuldenstand des FLAF. Ein Grund dafür seien unter
anderem jene 249 Mio. €, die 2016 an im Ausland lebende Kinder gegangen sind. Ein Brief an die EU werde nicht reichen,
sagte sie. Ansetzen müsse man auch bei den nichtfamilienrelevanten Ausgaben des FLAF, die Regierung habe zwar
versprochen, hier zu evaluieren und zu entrümpeln, bisher aber nichts gemacht. Die Abgeordnete brachte daher
einen Entschließungsantrag gegen die Zweckentfremdung des FLAF ein. Kitzmüller setzte sich mit einem
weiteren Antrag dafür ein, dass für jedes Kind volle vier Jahre Kindererziehungszeiten auf die Pensionsversicherungszeiten
angerechnet werden. Edith Mühlberghuber (F) verwies auf die große Zahl armutsgefährdeter Kinder
und Jugendlicher und forderte neuerlich die Anpassung von Transferleistungen für Familien an das Preisniveau
des jeweiligen Herkunftslandes. Das Geld, das ins Ausland gehe, werde in Österreich dringend gebraucht.
FPÖ-Jugendsprecherin Petra Steger sprach die Förderung von Jugendorganisatoren an und kritisierte in
diesem Zusammenhang eine aus ihrer Sicht ungerechtfertigte Förderung der Sozialistischen Jugend durch Inserate.
Zum vorliegende Budget meinte sie, dieses sei nicht auf dem Prinzip der Nachhaltigkeit aufgebaut, da es zu wenig
für die Jugend vorsehe. Die Schuldenpolitik der Koalition gehe auf Kosten der Jugend, deren Zukunftschancen
sich permanent verschlechtern, meinte Steger. Das Budget sehe in keinem wichtigen Bereich, wie etwa der Bildung,
Reformen vor, sondern finanziere eine verantwortungslose Einwanderungspolitik.
ÖVP: Österreich auf dem Weg zum familienfreundlichsten Land
Die Familienbeihilfe wurde in den letzten Jahren kontinuierlich erhöht, sagte Georg Strasser (V). Das Kinderbetreuungsgeld
ist seit 2002 eine Erfolgsgeschichte, 2017 wird ein neues Modell dafür eingeführt. Neben der finanziellen
Unterstützung für Familien wird auch an der Vereinbarkeit von Familie und Beruf gearbeitet. Der Kritik
der FPÖ hielt er entgegen, dass an den Themen FLAF und Anrechnung der Kindererziehungszeiten gearbeitet werde.
Österreich sei auf gutem Weg, das familienfreundlichste Land Europas zu werden.
ÖVP-Jugendsprecher Asdin El Habbassi (V) verwies auf die rund 7,3 Mio. €, die jährlich für Jugendarbeit
aufgewendet werden. Diese Arbeit beruhe sehr stark auf Freiwilligenarbeit. Jedem Euro an Förderung stehe Freiwilligenarbeit
im Wert von zehn Euro gegenüber. Er verstehe nicht, dass der Pensionshunderter auch für Höchstpensionen
gelte, während für die Jugendarbeit und damit für wichtige Investition in die Zukunft des Landes
angeblich kein zusätzliches Geld zur Verfügung steht. Es sei an der Zeit, Überlegungen für
ein zukunftsfähiges Budget anzustellen.
August Wöginger (V) sieht grundsätzlich ein gutes Budget, das bestätige, dass die Familien der Politik
ein großes Anliegen sind. Die Familienbeihilfe sei das wichtigste Instrument der Familienförderung.
Diese müsse aber gerecht geregelt werden und ein Abfluss in andere Länder unterbunden werden, die Anpassung
an die Lebenshaltungskosten sei der richtige Weg dazu. Für Claudia Durchschlag (V) ist es ein zentrales politisches
Ziel, Österreich familienfreundlich zu gestalten und junge Familien zu ermutigen, den Kinderwunsch zu realisieren.
Das Kinderbetreuungskonto sei ein weiterer Schritt dazu, denn es eröffne Eltern neue Möglichkeiten für
die Kinderbetreuung und mehr Wahlmöglichkeiten. Die Wichtigkeit der Wahlfreiheit für Eltern unterstrich
auch Angela Fichtinger (V). Sie forderte zudem Verbesserungen bei der Anrechnung von Kindererziehungszeiten auf
die Pension.
Rouven Ertlschweiger (V) wollte sich das Budget nicht schlechtreden lassen, denn dieses könne sich sehen lassen.
Die Familienministerin habe das Beste für das Ressort erreicht. Die Möglichkeit, durch Anpassung an die
jeweiligen Lebenshaltungskosten die Familienbeihilfe, die derzeit ins Ausland gehe, um 100 Mio. € zu reduzieren,
dürfe man sich nicht entgehen lassen. Hier gehe vor alle um Fairness für die österreichischen Familien,
nicht um eine Neiddebatte. Diese Sicht teilte Nikolaus Prinz (V), der außerdem auf die Budgetsteigerungen
bei wichtigen Familienleistungen hinwies. Damit werde auch die Kaufkraft der Familien gesteigert. Wichtig sei es
auch, beim Zuzug nach Österreich besonders auf die Integration von Kindern und Jugendlichen zu achten.
Grüne vermissen zukunftstaugliches Budget
Die Forderung von weniger Geld für Kinder, die im Ausland leben, werde fälschlich als Frage der Fairness
dargestellt, kritisierte Judith Schwentner (G). Dabei dürfe man aber nicht vergessen, dass es hier um Menschen,
vor allem um Mütter gehe, die im Billiglohnsektor in Österreich schwere Arbeiten ausüben. Ihnen
Leistungen wegzunehmen sei nicht ihr Verständnis von Fairness. Hier handle es sich um billigen Populismus.
Ausländische Beschäftigte zahlen ebenfalls in den FLAF ein. Österreich werde erst das familienfreundlichste
Land sein, wenn Eltern sich keine Sorge über die Kinderbetreuung machen müssten, sagte Harald Walser
(G). Zwar seien im Budget für die Kinderbetreuung Mittel vorgesehen, aber diese seien nicht ausreichend, um
die Ziele zu erreichen, die die Regierung sich selbst gesteckt habe. Im Budget seien Themen wie Bildungskompass
und die Qualitätsverbesserung von Kinderbetreuungsplätzen nicht berücksichtigt.
Julian Schmid fragte als Jugendsprecher der Grünen, wie die Abgeordneten der Koalitionsparteien dem vorliegenden
Budget mit gutem Gewissen zustimmen könnten. Der angekündigte "New Deal" des Kanzlers sei darin
nicht zu erkennen, vielmehr würden planlos auf Kosten der jungen Generation die "alten schmutzigen Deals"
fortgesetzt. So werde nicht in den Klimaschutz, die Energiewende und eine Ökologisierung der Wirtschaft investiert.
Allein der Energieimport koste so viel wie das gesamte jährliche Bildungsbudget Österreichs. Das Budget
sei nicht zukunftstauglich.
SPÖ lobt Ausbau der Kinderbetreuung und der Wahlfreiheit
Zur mehrfach erhobenen Forderung nach Anpassung der Familienbeihilfe für Kinder, die im Ausland leben, meinte
Ulrike Königsberger-Ludwig (S), Änderungen in diesem Bereich brauchten ein klares Konzept, dieses fehle
aber derzeit noch. Wichtig sei es, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erhöhen, damit Paare ermutigt
werden, sich für Kinder zu entscheiden. Auch die Väterbeteiligung an der Kinderbetreuung müsse gestärkt
werden, das Kinderbetreuungskonto sei ein weiterer Schritt dazu. Wahlmöglichkeit setze einerseits finanzielle
Leistungen, andererseits gut ausgebaute Betreuungsplätze voraus. Sie betonte, dass das Recht auf Familie ein
Menschenrecht sei, das für alle gelte. Wolfgang Knes (S) sah in der größeren Flexibilisierung des
Kinderbetreuungsgeldes einen wichtigen Schritt, ebenso wie Andrea Kuntzl (S). Diese sprach sich dafür aus,
die Frage der Transferleistungen ins Ausland eingehend auf Basis konkreter Fakten zu bewerten. Änderungen
beim Modus der Transferleistungen könnten auch für Österreich kostspielige Gegeneffekte auslösen.
Kuntzl ist grundsätzlich zufrieden mit dem Ausbau der Kinderbetreuung und der Frühförderung von
Kindern. Dem schloss sich Daniela Holzinger-Vogtenhuber (S) an. Wichtig sei die Verbesserung der elementarpädagogischen
Ausbildung. Sie begrüßte ebenfalls die Schritte zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die
im nächsten Jahr umgesetzt werden. Österreich habe hohe Familienleistungen, müsse diese aber mehr
in Richtung von Sachleistungen entwickeln.
SPÖ-Jugendsprecherin Katharina Kucharowits bedauerte, dass es noch keine Verbesserungen bei der Freifahrt
für Studierende gebe. Sie appellierte wie El Habbassi an die Regierung, die Gelder für die Jugendarbeit
zu erhöhen. Das Budget müsse außerdem stärkere Akzente auf Hilfe für Kinder, die armutsgefährdet
sind, setzen. Die Politik sollte die Rechte von Kindern und Jugendlichen mehr berücksichtigen und auch entsprechend
dafür budgetieren, befand Kucharowits.
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NEOS: Familienpolitik verfehlt angestrebte Ziele
Michael Bernhard (N) nannte mehrere Punkte, in denen sich die Familienpolitik seiner Ansicht nach in eine falsche
Richtung bewegt. Der FLAF wurde in den letzten Jahren zwar entschuldet, nun verschulde er sich jedoch erneut. Grund
sei der falsch gewählte Ansatz bei der Senkung der Lohnnebenkosten. Bernhard brachte einen Entschließungsantrag
ein, der vom Familienminister einen verbindlichen Zeitplan für die Entschuldung des FLAF und strukturelle
Reformen fordert. In den letzten Jahren sei mehr in die Quantität als Qualität von Kinderbetreuungsplätzen
investiert worden, die Erwerbstätigkeit von Müttern sei aber gleichzeitig gesunken. Auch hier laufe also
etwas falsch. In der Frage der Kinderbeihilfe für Kinder im Ausland gebe es viele offene Fragen. Bernhard
forderte daher in einem Antrag eine gesetzliche Regelung, welche die rückwirkende Auszahlung der Familienbeihilfe
beendet wird, denn diese sei der größte Kostenfaktor in diesem Zusammenhang.
Claudia Gamon (N) widmete sich dem Jugendbudget des Familienressorts. Tatsache sei, dass dieses nur wenig mit den
tatsächlichen drängenden Fragen der Jugend zu tun habe, sondern dass das Ressort vor allem die Jugendorganisationen
fördere. Diese leisteten zweifellos wichtige Arbeit, die Förderungen sollte daher valorisiert werden.
Allerdings müsse dabei mehr Transparenz über die Verwendung der Mittel herrschen.
Team Stronach und Fraktionslose fordern mehr Geld für klassische Familienmodelle ein
Geld für die Familien sei sehr wichtig, betonte Leopold Steinbichler (T), denn diese seien die Keimzelle des
Staates. Die Fehlentwicklungen im FLAF müssten jedoch dringend behoben werden. Zudem wäre es wichtig,
die Voraussetzungen zu schaffen, damit Mütter sich in den ersten drei Lebensjahren eines Kindes ganz dessen
Erziehung widmen können, da dies eine für die Entwicklung entscheidende Lebensphase sei. Steinbichler
brachte daher ebenfalls einen Entschließungsantrag auf verbesserte Pensionsanrechnung von Kindererziehungszeiten
ein.
Kritische Worte zum Familienbudget fanden auch die fraktionslosen Abgeordneten des Nationalrats. So verwies Rupert
Doppler ebenfalls auf das aus seiner Sicht besorgniserregende Defizit des FLAF. Die realen Auszahlungen an die
Familien würden im nächsten Jahr sogar sinken. Gerhard Schmid bedauerte, dass die Wertigkeit der Familien
sinke, umso wichtiger sei es daher, dass der Sozialstaat Kinder und Jugendliche unterstütze. Auch Marcus Franz
meinte, dass die Regierung in wichtigen Bereichen, wie einer Steigerung der Fertilitätsrate und Senkung der
Abtreibungsrate, zu wenige Maßnahmen setze. Er forderte ein weiteres Mal eine anonyme Abtreibungsstatistik,
Österreich sei eines von zwei europäischen Ländern, das noch keine solche Statistik habe. Man müsse
sich auch mit Fragen wie Kinder- und Mehrfachehen befassen, die durch die Migration zu uns kämen.
Karmasin: Österreich ist auf dem Weg zum familienfreundlichsten Land
Österreich sei auf gutem Weg, das familienfreundlichste Land Europas zu werden, sagte Familienminister Sophie
Karmasin in ihrer Stellungnahme. Die steigende Geburtenrate sei Beweis des Erfolgs dieser familienfreundlichen
Politik. Bei Kinderbetreuung und Väterbeteiligung habe man viel erreicht, die Reform des Kindergeldkontos
werde mehr Wahlmöglichkeit und Väterbeteiligung erreichen. Ein weiteres zentrales Projekt des kommenden
Jahres sei der Bildungskompass.
In dieser Legislaturperiode wurden bereits eine Milliarde zusätzlich für die Familien aufgebracht, erinnerte
Ministerin Karmasin die Abgeordneten. Zur Frage der Familienbeihilfe für Kinder im Ausland erklärte sie,
man werde daher mit der EU-Kommission über eine faire Regelung diskutieren. Die Familienbeihilfe sei dazu
da, um einen Ausgleich für Familien mit und ohne Kindern zu schaffen. Die Berücksichtigung der Kaufkraft
des Landes, in dem das Kind lebt, ist aus ihrer Sicht der richtige Ansatz für eine faire Lösung, die
man weiter verfolge
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