Nationalrat debattiert Kulturbudget 2017
Wien (pk) - Er sei kein "undifferenzierter Befürworter jedweder Gebührenanhebung", sagte
Kulturminister Thomas Drozda am 22.11. in der Nationalratsdebatte über das Kunst- und Kulturbudget 2017, in
der es insbesondere zu einer Kontroverse um den ORF kam. Er will Anfang 2017 bzw. im ersten Quartal mit allen wesentlichen
Akteuren zum Thema ORF-Finanzierung und Medienförderung Neu sprechen. Der Minister geht davon aus, dass man
zu Finanzierungsmodellen kommt, "die jedenfalls die Unabhängigkeit des ORF sicherzustellen haben".
Jede andere Finanzierungsform hält er für problematisch, wie er betonte. Reagiert hat Drozda damit auf
Kritik von Seiten der Freiheitlichen sowie den NEOS.
Johannes Hübner von den Freiheitlichen etwa forderte, dem ORF die Kompetenz, "sich selbst das Geld zu
holen", zu entziehen. Bei den ORF-Gebühren handle es sich um eine "lupenreine Steuer" bzw.
um eine "Publikumstäuschung schlechthin". Die Oppositionsfraktion brachte in diesem Zusammenhang
auch einen Entschließungsantrag ein. Darin fordert sie, jede Gebührenerhöhung an eine vorangehende
Genehmigung durch den Nationalrat zu knüpfen.
Scharfe Kritik am ORF kam auch von Nikolaus Alm seitens der NEOS. Er sprach davon, dass sich das Unternehmen als
ein "Vollkaskoversorger" begreife, und forderte, den ORF direkt aus dem Budget zu finanzieren und den
parteipolitischen Einfluss zu minimieren. Es gehe nicht darum, den ORF zu privatisieren oder zu zerschlagen, er
müsse aber zu einem Public-Value-House umgewandelt werden, sagte er.
Das Modell der NEOS würde zu extrem ideologisch ausgerichteten Sendern wie in den USA führen, warnte
wiederum Dieter Brosz (G) und unterstrich in diesem Zusammenhang die Notwendigkeit des Auftrags zur Objektivität.
Eine Finanzierung aus dem Budget würde den ORF in die Abhängigkeit des Finanzministers führen, was
wiederum den politischen Einfluss stärken würde.
Josef Cap (S) setzte sich einmal mehr für eine Gebührenerhöhung ein und unterstrich die Notwendigkeit,
ein unabhängiges und öffentlich rechtliches Medium zu erhalten. Die Herausforderungen auch angesichts
von Facebook und Google seien enorm, sagte Cap, diese Großunternehmen verstünden es, Steuern zu vermeiden.
Die Einnahmen des ORF seien hingegen zurückgegangen. Die Konkurrenzsituation für den ORF habe sich verschärft,
die angepeilte Erhöhung bewege sich im Rahmen von 1 € bis 1,5 € pro Kopf und Monat. Zur Wahrung der österreichischen
Kulturidentität ist nach Ansicht Caps eine Absicherung des ORF unbedingt erforderlich. Dem gegenüber
will Wolfgang Zanger (F) nicht einmal einen Cent für das zahlen, was der ORF bietet.
Hinsichtlich der Medienförderung Neu diskutiert Drozda gerade mit seinem Verhandlungspartner Werner Amon,
wie er dem Nationalrat mitteilte. Anfang Dezember sollen die neuen Überlegungen europarechtlich geprüft
werden. Die Presseförderung Neu ist laut dem Minister deshalb nicht im Budget abgebildet, weil sie nicht aus
dem Bundesbudget, sondern etwa durch Werbeabgaben von Plattformen wie Google oder Facebook finanziert werden soll.
Allgemein wurden die Ankündigungen von Kanzleramtsminister Thomas Drozda zur Presseförderung begrüßt.
Dieter Brosz (G) wies insbesondere auf die Notwendigkeit hin, den Qualitätsjournalismus zu stärken. Sowohl
Brosz als auch Nikolaus Alm (N) gingen mit Sorge auf den immer komplizierter werdenden Medienmarkt ein und vermissten
eine entsprechende Vorsorge für eine Presseförderung-Neu im Budget.
Kulturbudget: Kritik von FPÖ und Grünen wegen Haus der Geschichte
Allgemein wurde die Erhöhung des Kunst- und Kulturbudgets um 13,1 Mio. € begrüßt. Sowohl Elisabeth
Hakel, Ruth Becher, Christine Muttonen (alle S) als auch Maria Fekter (V) freuten sich nicht nur über die
gute Basisabgeltung der Kulturbetriebe des Bundes, sondern auch über die verstärkte Förderung kleiner
Kulturinitiativen. Wichtig seien dabei besonders die Stipendien und die Unterstützung der internationalen
Mobilität der KünsterlInnen, hob Hakel hervor. Sie wünschte sich im Hinblick auf die zeitgenössische
Musik noch mehr finanzielles Augenmerk und sah in Bezug auf das Urheberrecht noch viel Handlungsbedarf. Muttonen
war es wichtig, dass Budgetmittel für Büchereien und Buchhandlungen bereitstehen, immerhin würden
diese einen wesentlichen Beitrag für Bildung, Literatur und Kultur leisen. Fekter wiederum bedauerte, dass
das Museum in der Himmelpfortgasse vom Belvedere wieder ins Finanzministerium zurückwandert und kein Museum
mehr sein soll.
Hakel und Fekter gingen in ihren Redebeiträgen zudem auf die erforderliche Gleichbehandlung im Kunst und Kulturbereich
ein. Ähnlich äußerte sich Ulrike Weigersdorfer vom Team Stronach. Sie forderte jedoch eine faire
Verteilung der Fördergelder und eine lückenlose Transparenz. Besonderen Wert legt sie auf die Förderung
von Kulturveranstaltungen in den Regionen.
Als "Gewinner" im Kulturbudget bezeichnete Harald Troch (S) das Haus der Geschichte. Kritik gab es dafür
sowohl von den Freiheitlichen als auch von den Grünen. Von der Erhöhung bleibe für das operative
Budget aufgrund der Finanzierung für das Haus der Geschichte nicht allzu viel übrig, bemängelte
etwa Wendelin Mölzer (F). Dort werde man einseitige Geschichtspolitik für Steuergeld erleben, meinte
er. Aus Sicht der FPÖ gibt es effizientere Wege, die Budgetmittel zu verwalten, etwa durch die steuerliche
Absetzbarkeit von privaten Investitionen im Kunst- und Kulturbereich. Das jüngst verabschiedete Gemeinnützigkeitsgesetz
geht der Oppositionspartei nicht weit genug. Wolfgang Zinggl (G) kritisierte zudem, dass die angekündigte
Museumsreform im Budgetentwurf nicht abgebildet ist. "Das deutet darauf hin, dass nicht viel umgesetzt werden
kann"; sagte der Abgeordnete der Grünen.
Bei der von Zinggl hinterfragten Budgetierung für die Nationalbibliothek bzw. das Haus der Geschichte kündigte
Drozda eine Korrektur an. Die Nationalbibliothek habe grundsätzlich nur jene Mittel zur Verfügung, deren
sie auch tatsächlich bedürfe. Was die Museumsfinanzierung betrifft, will Drozda eine Evaluierung durchführen.
Es sei notwendig, die erfreuliche Erhöhung im Kulturbudget bedarfsgerecht und entlang objektiver Kriterien
zu verteilen, sagte er.
Mit der Anhebung von rund 13 Mio. € steigt das Kulturbudget von 441,24 Mio. € im Jahr 2016 auf 454,31 Mio. € bzw.
um 3% im kommenden Jahr. Damit soll u.a. zeitgenössische Kunst nachhaltig in der Gesellschaft verankert und
stabile Rahmenbedingungen für heimische Kunstschaffende sichergestellt werden. Entsprechende Fördermaßnahmen
sollen insbesondere Gendergerechtigkeit im Fokus haben. Neben der Erhöhung der Basisabgeltung für die
Bundesmuseen erklärt sich die Budgetaufstockung u.a. aus den zusätzlichen Mitteln für das Haus der
Geschichte in der Höhe von 5 Mio. €. Die Budgetierung der Bundestheater sollte zudem bis zur Saison 2018/19
gesichert sein.
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