Schelling zweifelt im EU-Unterausschuss an baldiger Umsetzung – Maßnahmen gegen Geldwäsche
und Terrorismusfinanzierung
Brüssel/Wien (pk) - Der Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung steht ganz oben auf der Prioritätenliste
der EU-Kommission. Die 4. Geldwäsche-Richtlinie ist noch nicht einmal umgesetzt, macht die Kommission Druck,
diese noch vor dem geplanten Termin (26. Juni 2017) bereits am 1. Jänner 2017 anzuwenden, und legt darüber
hinaus eine weitere Verschärfung vor. Diese war am 07.12. Gegenstand des EU-Unterausschusses des Nationalrats.
Zudem diskutierten die Ausschussmitglieder eine Richtlinie mit dem Ziel, den Steuerbehörden den Zugang zu
Informationen zu erleichtern, um Finanzströme im Hinblick auf Geldwäsche besser verfolgen zu können.
Finanzminister Hans Jörg Schelling informierte die Abgeordneten, dass man noch heuer versuchen werde, über
verschärfte Transparenzregeln eine Einigung zu erzielen. Probleme sieht er noch hinsichtlich des Zugangs zu
Angaben von Trusts. Seiner Ansicht nach kann ein Trust-Register nur dort entstehen, wo Trusts existieren. Dieses
Herkunftslandprinzip sei aber umstritten, im Rat müsse darüber Einstimmigkeit erzielt werden. Nach österreichischer
Rechtslage können hier zu Lande Trusts nicht gegründet werden, informierte Schelling weiter, daher brauche
man ein solches Register nicht.
Zankapfel Stiftungen
Obwohl der Tenor im Ausschuss zu den vorliegenden Materien positiv war, entwickelte sich eine eingehende Diskussion
über den Zugang zu Angaben von Stiftungen. Bruno Rossmann (G), Rainer Hable (N) und Kai Jan Krainer (S) setzten
sich massiv für eine maximale Offenlegung ein. In Österreich gebe es noch kein Register der wirtschaftlich
Begünstigten, es sei nicht einzusehen, warum Unternehmen ohne Gewinnabsicht nicht erfasst sind, so die diesbezüglichen
Wortmeldungen. Was spricht dagegen, Eigentümer von Stiftungen transparent zu machen, fragte Kai Jan Krainer
und äußerte sich kritisch zur Zurückhaltung des Finanzministers in dieser Frage. Die Bekanntmachung
der wirtschaftlich Begünstigten sage nichts über deren Steuerakte aus, bemerkte Krainer. Schelling hatte
zuvor gemeint, er sehe keinen Nutzen für die Öffentlichkeit, in Österreich sei jede Stiftung registriert,
man wisse, wer der Eigentümer sei. Steuerakten seien lediglich für die Finanzverwaltung zugänglich.
Dem schloss sich voll inhaltlich auch Gabriele Tamandl (V) an, die unter anderem auf die verschärften Bestimmungen
für RechtsanwältInnen und NotarInnen im Zusammenhang mit der Umsetzung der 4. Geldwäscherichtlinie
hinwies. In Österreich müsse ohnehin alles durchleuchtet werden, sagte sie, mehrere Institutionen müssten
die gleichen Überprüfungen vornehmen. Die Frage, ob Banken oder Mitglieder freier Berufe die Identität
ihrer KlientInnen nachvollziehen müssen, sei klar zu unterscheiden von einem öffentlichen Register, konterte
daraufhin NEOS-Abgeordneter Rainer Hable. Hier ist man seiner Meinung nach noch im Rückstand, die Schaffung
von Transparenz hinsichtlich wirtschaftlich Begünstigter wird in seinen Augen hinausgeschoben.
Als ein großes Problem bezeichnete der Finanzminister die virtuellen Währungen wie Bitcoin. Hier gebe
es ein stark wachsendes Potential, bemerkte er gegenüber Waltraud Dietrich (T). Es sei daher richtig, diesen
Themenkomplex in die Geldwäsche-Richtlinie einzubeziehen.
Kurz wurden im Ausschuss auch die Panama-Papers thematisiert, wobei Schelling informierte, dass es sich nach bisheriger
Überprüfung weitgehend um legale Konstruktionen handle und die meisten Fälle nicht auf Steuervermeidung
hinwiesen. Er gab aber Rainer Hable (N) recht, dass vielleicht einiges nicht legal sein sollte, was legal ist.
Als Grundproblem hatte Hable die Anonymität angesprochen, die missbraucht werden kann, um die Herkunft der
Gelder zu verschweigen und Steuern zu vermeiden. Schelling informierte den Ausschuss, dass sich Panama am automatischen
Staatenaustausch beteiligen wird.
EU-Kommission setzt auf mehr Transparenz und besseren Zugang der Behörden zu Informationen
Österreich ist dem Ersuchen der EU-Kommission, die 4. Geldwäsche-Richtlinie noch vor Jahresende 2016
umzusetzen, mit dem Finanzmarkt-Geldwäschegesetz (FM-GwG) und dem Berufsrechts-Änderungsgesetz 2016 nachgekommen.
Die beiden Vorlagen haben am 30. November den Finanzausschuss bzw. am 6. Dezember den Justizausschuss passiert
(siehe Parlamentskorrespondenz Nr. 1342/2016 und 1374/2016) und werden aller Voraussicht nach in der kommenden
Woche auf der Tagesordnung des Nationalratsplenums stehen. Darin werden einerseits EU-konform die Zusammenarbeit
zwischen Ministerien und anderen Behörden sowie neue Standards der Financial Action Task Force (FATF) in Österreich
geregelt. Um Belastungen der Kredit- und Finanzinstitute zu vermeiden, sind Erleichterungen bei der Wahrnehmung
der Sorgfaltspflichten für Banken und Bankenaufsicht (FMA) vorgesehen. Andererseits werden die in der Notariatsordnung
und in der Rechtsanwaltsordnung festgelegten Berufspflichten zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung
an die aktuellen EU-Bestimmungen und internationalen Anforderungen angepasst.
Der Vorschlag für eine weitere Verschärfung liegt aber bereits auf dem Tisch (Änderung der Richtlinie
(EU) 2015/849 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung).
Mit der Annahme der 4. Geldwäsche-Richtlinie der EU sei ein wichtiger Schritt getan worden, um die EU in die
Lage zu versetzen, effizienter gegen die Geldwäsche von Erlösen aus Straftaten und die Terrorismusfinanzierung
vorzugehen, argumentiert die Kommission ihren neuerlichen Vorstoß. Die Bedrohung durch den Terrorismus sei
in jüngster Zeit aber größer geworden und habe sich in ihrer Art gewandelt. Gleichzeitig mache
es das weltweit vernetzte Finanzsystem dank der Fortschritte in Technologie und Kommunikation einfacher, Finanzströme
zu verbergen und in der ganzen Welt zu verschieben, indem schnell und problemlos mehrere Lagen von Briefkastenfirmen
gegründet werden. Außerdem orten die Brüsseler Behörden weltweit große Lücken bezüglich
der Transparenz von Finanztransaktionen. So würden Offshore-Rechtsordnungen als Standort für zwischengeschaltete
Unternehmen gewählt werden, um Distanz zwischen dem tatsächlichen Eigentümer und seinem Vermögen
zu schaffen und so Steuern zu vermeiden oder zu umgehen.
Der nun vorliegende jüngste Richtlinien-Vorschlag zum Kampf gegen die Geldwäsche zielt nun einerseits
auf die wirksame Bekämpfung von Finanzkriminalität und Terrorismusfinanzierung ab, indem Gelder nicht
mehr im großen Maßstab beiseite geschafft werden können sollen. Verbesserte Transparenzregeln
sollen zudem dazu beitragen, dass die tatsächlichen wirtschaftlichen Eigentümer von Gesellschaften oder
sonstigen Rechtsvereinbarungen sich nicht hinter einer anonymen Identität verstecken können.
Wie das Finanzministerium in seinem Papier auflistet, soll es unter anderem verstärkte Sorgfaltspflichten
im Zusammenhang mit Hochrisiko-Drittstaaten geben; zudem sind strengere Regelung bei Online-Nutzung von Prepaidkarten
vorgesehen. Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert, zentrale Kontenregister oder Datenabfragesysteme einzurichten,
was in Österreich bereits geltendes Recht ist, das zentrale Kontenregister ist seit 5. Oktober abfragebereit.
Die Kommission drängt auch auf einen verbesserten Informationsaustausch; Wechselstuben für virtuelle
Währungen (Virtual Currency Exchange Platforms) sollen eine Lizenzierung oder Registrierung benötigen.
Aus Gründen der Rechtssicherheit wird auch eine Definition des Begriffs "virtuelle Währung"
(Bitcoins) vorgeschlagen.
Der Kommissionsvorschlag sieht auch verpflichtende Veröffentlichung bestimmter Informationen über den
wirtschaftlichen Eigentümer vor und plant Maßnahmen in Bezug auf Trusts. So sollen alle Trusts in jenem
Mitgliedstaat registriert werden, in welchem der jeweilige Trust verwaltet wird. Österreich steht dabei auf
dem Standpunkt, dass die Register über die wirtschaftlichen Eigentümer von Trusts im jeweiligen Herkunftsland
einzurichten seien, da nur so die Transparenz gewährleistet sein könne.
Geplant ist auch die Einführung einer Beteiligungsschwelle von 10% an Passive Non-Financial Entities im Sinne
der Amtshilfe-Richtlinie – dies ist in Österreich bereits durch das "Gemeinsamer Meldestandard-Gesetz
– GMSG" umgesetzt.
Im Zusammenhang mit dem Kampf gegen Terrorismusfinanzierung und die Geldwäsche soll auch die Amtshilferichtlinie
geändert werden, um den Steuerbehörden einen besseren Zugang zu Informationen zu ermöglichen. Demnach
sollen die Steuerbehörden auf spezifische Informationen aus der Geldwäschebekämpfung zugreifen können.
Diese sind in bestimmten Artikel der Geldwäsche-Richtlinie angeführt. Ohne diesen Zugang wären die
Steuerbehörden nicht in der Lage, die ordnungsgemäße Anwendung der Geldwäsche-Richtlinie hinsichtlich
der Identifizierung und Meldung der wirtschaftlichen Eigentümer zu überprüfen, heißt es dazu
in der Unterlage des Finanzministeriums.
Jüngst wurde in der Öffentlichkeit bekannt, in welchem Ausmaß Offshore-Fonds geheim gehalten wurden,
argumentiert auch die EU-Kommission diese Initiative zu mehr Steuertransparenz. Der Zugang der Steuerverwaltung
zu besagten Informationen gestalte sich innerhalb der EU nämlich sehr unterschiedlich.
Zu diesem Zweck sollen nun die Steuerbehörden einen besseren Zugang zu Informationen über die wirtschaftlichen
Eigentümern haben, vorgesehen ist der Zugriff auf das zentrale Register. Umfasst sind laut Vorlage auch andere
relevante Informationen im Zusammenhang mit der Sorgfaltspflicht der Kredit- und Finanzinstitute gegenüber
ihren KundInnen. Zudem will man den Behörden Informationen über die Angaben von Trusts zugänglich
machen. Mit der Änderung legt man auch die gesetzliche Basis dafür, dass Informationen aufbewahrt werden
können, um mögliche Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung verhindern und aufdecken zu können,
aber auch im Interesse etwaiger Ermittlungen.
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Im EU-Unterausschusses ging auch um das Steuerrecht – konkret um eine gemeinsame Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage
und um Doppelbesteuerungen. Die EU setzt auch alles daran, Steuervermeidung zu verhindern, ein Vorschlag zielt
daher auf Maßnahmen gegen so genannte hybride Gestaltungen ab.
Die Initiativen wurden grundsätzlich von den Abgeordneten gut geheißen, Kai Jan Krainer (S) und Bruno
Rossmann (G) monierten jedoch eindringlich, im Zusammenhang mit der Harmonisierung der Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage
müsse auch ein Mindeststeuersatz eingeführt werden, um eine weitere Anheizung des Steuerwettbewerbs zu
verhindern. Finanzminister Hans Jörg Schelling machte gegenüber den Ausschussmitgliedern deutlich, dass
sein Vorstoß, im ECOFIN über Mindeststeuersätze zu reden, von allen anderen Mitgliedstaaten abgeschmettert
wurde. Er zeigte sich auch skeptisch, dass es mittelfristig überhaupt zur Einigung über den jetzigen
Vorschlag kommt.
Finanztransaktionssteuer wackelt
Außerhalb der Tagesordnung wurde von Bruno Rossmann (G) auch die Finanztransaktionssteuer thematisiert. Der
Finanzminister hatte dazu keine guten Nachrichten. Nachdem Estland ausgestiegen ist, wackeln auch Belgien und Slowenien,
weil für diese beiden Länder zwei Punkte kritisch sind: Einerseits bleibt die Frage der Auswirkungen
auf die Realwirtschaft und Pensionsfonds offen, andererseits sind noch die Kosten für die Implementierung
im Verhältnis zum Ertrag zu berechnen. Steigen Belgien und Slowenien aus, dann ist das Projekt tot, denn acht
Länder sind für das Instrument der Verstärkten Zusammenarbeit zu wenig.
Brexit: Schelling glaubt nicht an Abschluss der Verhandlungen bis 2018
Angesprochen von Waltraud Dietrich (T), ging der Finanzminister auch auf die die Brexit-Verhandlungen ein und betonte,
dass die EU die von Großbritannien versuchten bilateralen Verhandlungen ablehne. Ein Großteil der Staaten
ziehe es auch vor, zuerst den Austrittsvertrag zu verhandeln und nach dessen Abschluss erst den neuen Vertrag.
Schelling berichtete ferner, dass Großbritannien weiterhin für Forschung, die Sicherheitsarchitektur
und den Binnenmarkt zahlen will, jedoch nicht in das EU-Budget, was schwierig sei. Am Binnenmarkt könne Großbritannien
auch nur dann teilnehmen, wenn es die vier Grundfreiheiten akzeptiert. Ansonsten könne es nur ein Handelsabkommen
geben. Ungeklärt sei ferner, wie der Zahlungsausfall – Großbritannien ist Nettozahler – kompensiert
werden soll. Schelling glaubt keinesfalls, dass die Austrittsverhandlungen 2018 abgeschlossen werden können.
Stufenplan für gemeinsame konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage
Seit 2011 drängt die EU-Kommission darauf, eine gemeinsame konsolidierte Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage
(GKKB) zu schaffen. Das würde es den Unternehmen ermöglichen, die EU für Körperschaftsteuerzwecke
als Binnenmarkt zu nutzen, und auf diese Weise ihre grenzübergreifenden Tätigkeiten zu vereinfachen,
außerdem würden Handel und Investitionen gefördert, plädiert die Kommission für ihre
Initiative. Bislang müssen grenzübergreifend tätige Unternehmen 28 unterschiedlichen Körperschaftsteuersystemen
entsprechen, was sehr aufwändig ist. Die derzeitigen Regeln für die Unternehmensbesteuerung seien auch
nicht mehr zeitgemäß, im Zeitalter der Digitalisierung sei das wirtschaftliche Umfeld globaler, mobiler
und digitaler geworden, Unternehmenseinkünfte würden in der Regel aber nach wie vor auf nationaler Ebene
besteuert. Dazu komme, dass Geschäftsmodelle und Unternehmensstrukturen komplexer seien, was die Verlagerung
von Gewinnen erleichtere. Unterschiede bei den nationalen Steuersystemen trügen dazu bei, dass die aggressive
Steuerplanung im vergangenen Jahrzehnt deutlich zugenommen hat.
Über den diesbezüglichen Vorschlag von März 2011 ist aber noch immer nicht entschieden worden. Die
EU-Kommission hat sich daher im Juni 2015 im Zuge eines Aktionsplans für ein stufenweises Vorgehen entschieden,
wonach die Arbeiten an der Konsolidierung (GKKB) vertagt werden sollen, bis eine Einigung über die gemeinsame
Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage (GKB) erzielt worden ist.
Das neu aufgegriffene GKKB-Projekt würde Unternehmen ein einheitliches, gemeinsames Körperschaftsteuersystem
bieten und somit nicht nur zur Bekämpfung der Steuervermeidung beitragen, sondern auch grenzüberschreitenden
Handel und Investitionen im Binnenmarkt erleichtert, heißt es dazu in der Information des Finanzministeriums.
Ziel sei es, ein System der Unternehmensbesteuerung zu schaffen, das Unternehmensgewinne dort besteuert, wo sie
entstehen.
Debatte über Einführung eines Mindeststeuersatzes bei Körperschaftsteuer
Wie der Finanzminister halten alle eine vereinheitlichte Bemessungsgrundlage für sinnvoll. Bruno Rossmann
(G) meinte, ein gemeinsamer Binnenmarkt brauche eine gemeinsame Besteuerung. Wie Gabriele Tamandl (V) zeigte er
sich aber im Hinblick auf die Realisierung skeptisch. Auch Schelling ließ im Ausschuss keinen Zweifel daran
aufkommen, dass eine tatsächliche Realisierung derzeit noch in den Sternen steht, da offensichtlich viele
Länder dazu mittelfristig nicht bereit sind.
Trotz des im Ausschuss vorherrschenden Grundkonsenses entbrannte eine Diskussion über die Notwendigkeit, mit
diesem Paket auch Mindeststeuersätze einzuführen. Kai Jan Krainer (S) und Bruno Rossmann (G) waren sich
darin einig, dass die Harmonisierung lediglich der Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage zu einer Anheizung
des Steuerwettbewerbs führen würde und man daher gleichzeitig europaweit einen einheitlichen Mindeststeuersatz
festlegen müsse. Steuerwettbewerb nütze nur einem kleinen Teil der Bevölkerung, nämlich jenen,
der es sich richten kann, forderte Krainer eine gerechte Verteilung der Steuerlast ein. Sowohl Krainer als auch
Rossmann vertraten zudem die Ansicht, dass der Etappenplan nur wenig bringe, das Ganze sei nur im Gesamtpaket sinnvoll.
Finanzminister Schelling machte klar, dass sein Versuch, im ECOFIN über Mindeststeuersätze zu diskutieren,
von den anderen Mitgliedstaaten mit dem Argument abgeschmettert worden sei, Steuersätze seien alleinige Sache
der Mitgliedsländer. Auch Österreich wolle sich dabei nicht dreinreden lassen, bemerkte dazu Gabriele
Tamandl (V). Der Freiheitliche Johannes Hübner warf dazu ein, dass Steuersätze allein keinen Maßstab
für die Attraktivität des Standorts darstellen. Thema müsste seiner Meinung nach vor allem die Gewinnverschiebung
sein.
Wie viel eine etwaige Harmonisierung der Körperschaftsteuer-Bemessungsgrundlage kostet, werde derzeit geprüft,
informierte Schelling Abgeordneten Krainer (S). Was die im Kommissionsvorschlag verpackten Anreize für Forschung
und Entwicklung betrifft, so zeigte sich Schelling im Hinblick auf die Forschungsprämie in Österreich
von deren positiver Wirkung überzeugt. Es gebe aber Probleme mit der Definition, was unter Forschungsförderung
fällt.
Erweiterte Mechanismen zur Beilegung von Doppelbesteuerungsstreitigkeiten
Ergänzend dazu gibt es einen Richtlinienvorschlag zur Beilegung von Doppelbesteuerungsstreitigkeiten in der
EU. Die Doppelbesteuerung zählt, wie die Kommission in ihren Erläuterungen schreibt, zu den größten
Problemen, sie sei ein wesentliches Hindernis für Unternehmen, das Rechtsunsicherheit, unnötig Kosten
und Liquiditätsprobleme schaffe. Zur Beilegung von Doppelbesteuerungsstreitigkeiten gebe es bereits Verfahren
– siehe Doppelbesteuerungsabkommen sowie das Übereinkommen der EU über die Beseitigung der Doppelbesteuerung
im Hinblick auf Gewinnberichtigungen zwischen verbundenen Unternehmen – es gebe aber Fälle, in denen kein
Streitbeilegungsverfahren eingeleitet werden kann, die unter keines der Abkommen fallen oder in denen das Verfahren
festgefahren ist. Es sei daher notwendig, die Regelungen zu verbessern.
Der Vorschlag stützt sich auf das geltende Übereinkommen der EU über die Beseitigung der Doppelbesteuerung,
das bereits ein verpflichtendes und verbindliches Verständigungsverfahren vorsieht, dessen Anwendungsbereich
jedoch auf bisher nicht abgedeckte Gebiete ausgedehnt wird. Die Mitgliedstaaten können demnach auf detaillierte
Verfahrensvorschriften zurückgreifen, für sie bleibt aber die Flexibilität gewahrt, um sich auf
ein Verfahren ihrer Wahl einigen zu können. Die vorgeschlagene Richtlinie ermöglicht den Steuerpflichtigen
mehr Rechte sowie die Forderung von Streitbeilegungsverfahren unter bestimmten Voraussetzungen. Zudem können
sich Steuerpflichtige über das Verfahren informieren und darauf verlassen, dass die Mitgliedstaaten zur Erzielung
verbindlicher Ergebnisse gezwungen sind, unterstreicht das Finanzministerium in seinen Erläuterungen dazu.
EU sagt der Steuervermeidung den Kampf an
Auch die Möglichkeiten für Unternehmen zur Steuervermeidung hat die Kommission im Visier. Grenzüberschreitend
tätige Unternehmen nützen die unterschiedlichen steuerlichen Vorschriften aus, um doppelte Nichtbesteuerung
zu erreichen und ihre Gesamtsteuerschuld zu verringern. So genannte hybride Gestaltungen ergeben sich aus unterschiedlichen
steuerrechtlichen Rahmenbedingungen in den einzelnen EU-Mitgliedsstatten, z.B. hinsichtlich der Einordnung einer
Gesellschaft als steuerlich transparent oder intransparent oder bezüglich der Qualifikation eines Finanzinstruments
als Eigenkapital oder Fremdkapital – d.h. die Rechtsform einer Gesellschaft wird von Land zu Land steuerrechtlich
unterschiedlich behandelt. Zudem gibt es weitere Arten von Inkongruenzen, wie hybride Gestaltungen bei Betriebstätten,
hybride Übertragungen, sogenannte eingeführte Inkongruenzen sowie Inkongruenzen bei doppelter Ansässigkeit.
Mit Hilfe der Anti-Tax Avoidance Directive (ATAD I) - über die im Juli Einigung erzielt wurde - können
hybride Fälle innerhalb der EU erfasst werden. Der vorliegende Richtlinienvorschlag umfasst nun Vorschriften
gegen hybride Gestaltung, an denen Drittländer beteiligt sind (ATAD II). Sie sollen mit jenen im OECD-Bericht
zum Thema BEPS im Einklang stehen. (BEPS ist die Abkürzung für "Base Erosion and Profit Shifting";
darunter versteht man die geplante Verminderung steuerlicher Bemessungsgrundlagen und das grenzüberschreitende
Verschieben von Gewinnen durch multinationale Konzerne).
Dieser Punkt werde derzeit intensiv diskutiert, berichtete Schelling, offen seien noch zwei Fragen, die eine Entscheidung
im letzten ECOFIN verhindert haben. Zum Einen möchte Großbritannien den Finanzsektor ausnehmen, wogegen
sich Österreich wie auch andere Staaten sträuben. Die Niederlande wiederum sprechen sich für Übergangsregelungen
bis etwa 2024 aus, was Schelling für nicht sinnvoll hält. Österreich setzt sich dafür ein,
die Richtlinie möglichst rasch in Kraft treten zu lassen, Schelling plädiert für 1. Jänner
2018. Zudem wies der Finanzminister darauf hin, dass Österreich im Kampf gegen Steuervermeidung schon viele
Schritte gesetzt hat.
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