AMS darf künftig mehr Daten aus Zentralem Melderegister abfragen
Wien (pk) - Die Beihilfe für Kurzarbeit wurde ursprünglich eingeführt, um Unternehmen in
der Finanz- und Wirtschaftskrise über die Runden zu helfen und dadurch die Zahl der Beschäftigten hoch
zu halten. Nun soll das Instrument unbefristet verlängert werden. Ein entsprechender Gesetzentwurf der Regierung
wurde am 07.12. vom Sozialausschuss des Nationalrats gebilligt. Demnach sollen auch über das Jahr 2019 hinaus
jährlich 20 Mio. € für die Kurzarbeitsbeihilfe zur Verfügung stehen. Beschlossen haben die Abgeordneten
außerdem eine finanzielle Unterstützung der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse (BUAK) zur Bekämpfung
von Sozialbetrug am Bau, die Verlängerung der Funktionsperiode von Betriebsräten von vier auf fünf
Jahre sowie neue Arbeitszeitregeln für die Binnenschifffahrt. Um die missbräuchliche Inanspruchnahme
von Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe zu erschweren, werden dem AMS erweiterte Abfragemöglichkeiten im
Zentralen Melderegister eingeräumt.
Zustimmung zur unbefristeten Verlängerung der Kurzarbeitsbeihilfe kam neben den Koalitionsparteien auch von
den Oppositionsparteien. Die Grünen lehnten das Gesetzespaket allerdings wegen der erweiterten Ermächtigung
des AMS zu Abfragen im Zentralen Melderegister ab. Sie könne nicht nachvollziehen, wie mit Meldeabfragen Scheinwohnsitze
aufgespürt werden sollen, sagte Schatz. Überdies würden die Grünen schon seit Jahren dafür
kämpfen, dass Frauen einen eigenständigen Anspruch auf Notstandshilfe haben, unabhängig vom Partnereinkommen.
Seitens der Koalitionsparteien hoben Rainer Wimmer (S) und August Wöginger (V) hervor, dass sich das Instrument
der Kurzarbeitsbeihilfe bewährt habe. Österreich sei besser aus der Finanz- und Wirtschaftskrise herausgekommen,
als viele andere Länder, betonte Wimmer. Er verwies zudem auf zusätzliche Anreize, was die Qualifizierung
von ArbeitnehmerInnen während der Kurzarbeitsphase betrifft.
Einen aktuellen Anlassfall für die unbefristete Verlängerung der Kurzarbeitsbeihilfe gibt es laut Sozialminister
Alois Stöger nicht. Man habe diesen Schritt im Regierungsprogramm vereinbart und wolle ihn nun umsetzen. Die
von NEOS-Abgeordnetem Gerald Loacker hinterfragte Einbeziehung der Sozialpartner in Kurzarbeits-Vereinbarungen
hält Stöger für sinnvoll, da eine langfristige positive Prognose für das Unternehmen Voraussetzung
für die Gewährung einer Beihilfe sei und die Sozialpartner dessen wirtschaftliche Lage gut einschätzen
könnten.
Mit der Gesetzesnovelle ( 1344 d.B.) wird nicht nur das Instrument der Kurzarbeitsbeihilfe unbefristet verlängert,
sondern auch die maximale Bezugsdauer von 18 auf 24 Monate erhöht. Ebenso werden einzelne Bestimmungen betreffend
die Berechnung der Beihilfenhöhe, die zwischen 2013 und 2015 gegolten haben, wieder eingeführt.
Meldeabfragen sollen AMS Aufspüren von Scheinwohnsitzen erleichtern
Mit dem gleichen Entwurf wird dem Arbeitsmarktservice (AMS) gestattet, im Zentralen Melderegister Verknüpfungsanfragen
mit dem Kriterium Adresse durchzuführen. Insbesondere geht es dabei darum, Scheinwohnsitze von GrenzgängerInnen
in Österreich und verschwiegene Lebensgemeinschaften aufzuspüren. Wenn es an einem Wohnsitz Massenanmeldungen
gebe, könne das beispielsweise ein guter Hinweis auf einen Scheinwohnsitz sein, hielt Sozialminister Alois
Stöger der Skepsis von Birgit Schatz entgegen.
Mitverhandelt mit dem Gesetzespaket wurden auch zwei Anträge der FPÖ, die jedoch keine Mehrheit fanden.
Zum einen hat die FPÖ eine Resolution der SPÖ Burgenland aufgegriffen, um ihrer Forderung nach einer
temporären und sektoralen Beschränkung des österreichischen Arbeitsmarkts für EU-BürgerInnen
Nachdruck zu verleihen ( 1670/A(E)). Zum anderen fordern Herbert Kickl und seine FraktionskollegInnen den Sozialminister
auf, zu evaluieren, wie sich die Möglichkeit, AsylwerberInnen für gemeinnützige Hilfstätigkeiten
für Bund, Länder und Gemeinden heranzuziehen, auf sozioökonomische Betriebe im so genannten zweiten
Arbeitsmarkt auswirkt ( 1895/A(E)). Kickl und sein Fraktionskollege Peter Wurm fürchten einen Verdrängungseffekt,
da viele der Tätigkeiten, die AsylwerberInnen erlaubt sind, etwa die Betreuung öffentlicher Parkanlagen
oder Hilfsarbeiten in Schulen, derzeit von Beschäftigten sozioökonomischer Betriebe wahrgenommen würden.
In der Debatte machte Wurm geltend, dass bisher alle Bemühungen, die Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt
zu integrieren, "grandios gescheitert sind". Der zweite Arbeitsmarkt funktioniere hingegen gut. Damit
biete man etwa beeinträchtigten Personen, Langzeitarbeitslosen oder Haftentlassenen eine Chance, ins Arbeitsleben
zurückzukehren. Für das Anliegen der FPÖ, die Auswirkungen der Heranziehung von AsylwerberInnen
zu gemeinnützigen Tätigkeiten auf den Arbeitsmarkt zu evaluieren, stimmten auch NEOS-Abgeordneter Gerald
Loacker und das Team Stronach.
BUAK erhält finanzielle Unterstützung zur Bekämpfung von Sozialbetrug
Gegen die Stimmen der NEOS passierten Änderungen im Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz und begleitende
Gesetzesnovellen ( 1343 d.B.) den Sozialausschuss. Das von der Regierung vorgelegte Paket sieht unter anderem einen
Beitrag des Bundes zur Finanzierung der Personalkosten der Sozialbetrugsbekämpfungsgruppe der Bauarbeiter-Urlaubs-
und Abfertigungskasse (BUAK) vor. Demnach sollen im Jahr 2017 0,64 Mio. €, im Jahr 2018 1,52 Mio. € und im Jahr
2019 2 Mio. € bereitgestellt werden, danach ist eine Valorisierung des Zuschusses vorgesehen. Voraussetzung ist
ein entsprechender Personalstand. Begründet wird die finanzielle Unterstützung damit, dass der Kontrollaufwand
der BUAK in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen ist, dazu kommen neue Aufgaben durch das Sozialbetrugsbekämpfungsgesetz.
Außerdem wird der Bund auch weiterhin Zuschüsse zur Schlechtwetterentschädigung von BauarbeiterInnen
aus Mitteln der Arbeitsmarktpolitik leisten, wobei der Betrag von derzeit 3 Mio. € auf jeweils 5 Mio. € in den
Jahren 2017, 2018 und 2019 aufgestockt wird. Damit trägt man den ungünstigen Wettertendenz und den Lohnerhöhungen
der letzten Jahre Rechnung, wie es in den Erläuterungen heißt. Im Gegenzug wird der Beitrag der Pensionsversicherungsanstalt
zur Finanzierung des Überbrückungsgelds für ältere BauarbeiterInnen, die kurz vor der Pension
stehen, von maximal 13 Mio. € auf maximal 11 Mio. € reduziert.
Die für die Bauwirtschaft geltenden Sonderregelungen bei der Auflösungsabgabe bleiben erhalten, allerdings
werden sie an das Bonus-Malus-System zur Förderung der Beschäftigung älterer ArbeitnehmerInnen herangeführt.
Anders als in anderen Branchen ist jedoch kein Bonus in Form eines reduzierten Beitrags zum Familienlastenausgleichsfonds
(FLAF) vorgesehen, dafür fällt auch der Malus entsprechend geringer aus. Auch an der ersatzweisen Pauschalabgeltung
durch die BUAK wird nicht gerüttelt.
Keine Freude mit den Sonderregelungen für die Bauwirtschaft bei der Auflösungsabgabe hat NEOS-Abgeordneter
Gerald Loacker. Da dem Regierungsentwurf zufolge entweder die ganze Branche im Bonus oder im Malus sei, greife
die Steuerungsfunktion des Bonus-Malus-Systems nicht, kritisierte er. Zudem habe sich die Branche mit einer Mindestbeschäftigungsquote
von 11% für ArbeitnehmerInnen über 55 ein wenig ambitioniertes Ziel gesetzt. Schließlich habe der
Anteil im Jahr 2015 10,95% betragen. Außerdem sorge das Überbrückungsgeld dafür, dass ArbeitnehmerInnen,
die eigentlich im Vorruhestand sind, sich statistisch im Erwerbsleben befinden.
Ausdrückliche Zustimmung zum Gesetz kam hingegen von den Grünen. Abgeordnete Birgit Schatz bedauerte
jedoch, dass bestimmte Sonderregelungen für BauabeiterInnen, wie die Hitzeregelung, nicht auch in anderen
Branchen gilt. Für notwendig hält sie eine enge Kooperation der Kontrollorgane zur Bekämpfung von
Schwarzarbeit und Sozialbetrug.
Sozialminister Alois Stöger wies die Kritik der NEOS zurück. Er habe nichts dagegen, wenn die BUAK die
Verantwortung für eine ganze Branche übernehme und innerhalb dieser Branche für Ausgleich sorge,
sagte er. SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch machte geltend, dass das Überbrückungsgeld hauptsächlich
durch Dienstgeberbeiträge finanziert werde, mit Ausnahme eines kleinen Bundeszuschusses.
Neue Arbeitszeitregeln in der Binnenschifffahrt und im Straßenverkehr
Anlass für einstimmig beschlossene Änderungen im Arbeitszeitgesetz und im Arbeitsruhegesetz ( 1334 d.B.
) sind neue EU-Vorgaben, wovon insbesondere die Binnenschifffahrt betroffen ist. So wird in diesem Verkehrssektor
etwa eine tägliche Mindestruhezeit von zehn Stunden, gegebenenfalls aufgeteilt in einen größeren
und einen kleineren Block, eine Mindestruhezeit von 84 Stunden pro Woche und eine wöchentliche Höchstarbeitszeit
in den Nachtstunden von 23 Uhr bis 6 Uhr verankert. Außerdem werden die Mindestvorgaben für Arbeitsaufzeichnungen
ausgeweitet.
Im Bereich des Straßenverkehrs wird der Einführung einer vierten Kategorie von schwersten Übertretungen
von EU-Sozialvorschriften auf EU-Ebene in Form der Festsetzung einer Mindeststrafe für derartige Verstöße
von 400 € Rechnung getragen. Außerdem ist eine Sonderregelung bei den Ruhezeiten für gut ausgestattete
Tourneebusse vorgesehen. Da es bei der Beförderung bekannter KünstlerInnen oft nicht möglich ist,
zwischen den Auftritten das Fahrzeug zu verlassen, dürfen Ruhezeiten künftig auch im Bus verbracht werden,
wenn es mehrere Fahrer gibt. Mitberücksichtigt bei der Abstimmung wurde auch ein Abänderungsantrag, der
jedoch lediglich technische Korrekturen zum Inhalt hat.
Sozialminister Stöger wies darauf hin, dass die neuen, grenzüberschreitend geltenden Regelungen für
die Binnenschifffahrt auf einer europäischen Sozialpartner-Vereinbarung beruhen. Wegen der hierzulande bestehenden
Kollektivverträge sei es etwas schwierig gewesen, diese ins österreichische Recht einzubinden, meinte
er. Birgit Schatz von den Grünen hält generell mehr grenzüberschreitend geltende Regelungen im Verkehrsbereich
für notwendig.
Betriebsräte werden künftig für fünf Jahre gewählt
Die Beratungen über das Arbeitszeitgesetz wurden von den Koalitionsparteien dazu genutzt einen eigenständigen
Gesetzesantrag zur Änderung des Arbeitsverfassungsgesetzes einzubringen. Mit dieser Novelle, die den Sozialausschuss
mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP, FPÖ und Team Stronach passierte, wird die Funktionsperiode von Betriebsräten
von vier auf fünf Jahre ausgedehnt. Das gilt sowohl für den Betriebsrat als auch für den Zentralbetriebsrat
und die Konzernvertretung. Begründet wird dieser Schritt damit, dass sich die Bedingungen der Arbeitswelt
und die Anforderungen an die Belegschaftsvertretung grundlegend verändert haben und dies eine Stärkung
der Kontinuität der Gremien erfordert. Begleitend zur Verlängerung der Tätigkeitsdauer wird auch
der Anspruch auf Bildungsfreistellung für Betriebsratsmitglieder um drei Tage auf insgesamt drei Wochen und
drei Tage in der Funktionsperiode ausgedehnt.
"Nicht glücklich" über die Verlängerung der Funktionsperiode von Betriebsräten, zeigte
sich Birgit Schatz von den Grünen. Sie fürchtet, dass viele ArbeitnehmerInnen wegen der zunehmenden Fluktuation
in den Betrieben künftig gar keine BetriebsrätInnen mehr wählen können. Sie ortet zudem einen
Tendenz unter den Betriebsräten, eher die Interessen der Altbelegschaft zu vertreten.
ÖVP-Sozialsprecher August Wöginger machte dem gegenüber geltend, dass auch der Nationalrat und viele
Gemeinderäte nur alle 5 Jahre gewählt werden. Es sei wichtig, Kontinuität zu haben. Allgemein auf
die Bedeutung von Betriebsräten als ausgleichendes Organ zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer wies Ausschussvorsitzender
Josef Muchitsch (S) hin. Sozialminister Alois Stöger hob hervor, dass es die Möglichkeit gebe, Betriebsräte
vorzeitig neu zu wählen, wenn es zu großen Änderungen im Betrieb komme.
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