Im Jahr 2016 wird nach dem Rekordergebnis des Jahres 2015 eine neuerliche Steigerung der Tourismuseinnahmen
auf insgesamt 25 Milliarden Euro erwartet
Wien (bank austria) - Österreichs Tourismuskonjunktur hat sich 2015 und 2016 nach sechs wachstumsschwachen
Wirtschaftsjahren erholt. Die Branche berichtet zwar schon seit Jahren laufend über neue Gästerekorde
und Einnahmensteigerungen. Wie der aktuelle Branchenbericht der Bank Austria Ökonomen zeigt sind die Sektoreinnahmen
preisbereinigt aber erst 2015 mit 3,1 Prozent nennenswert gestiegen. „Der heimische Tourismus, der im Vorjahr Gesamteinnahmen
von 24,4 Milliarden Euro verbuchen konnte, kann sein Ergebnis 2016 voraussichtlich nochmals deutlich verbessern.
Die hervorragenden jüngsten Tourismusbilanzen sind Ausdruck der Konkurrenzfähigkeit des Sektors, der
auch davon profitiert, dass in wirtschaftlich schwierigen Jahren eher nahe Zielgebiete bevorzugt und weniger Fernreisen
unternommen werden“, analysiert Bank Austria Ökonom Günter Wolf.
Überdurchschnittliches Einnahmenplus für 2016 zu erwarten
In den ersten zehn Monaten 2016 sind die Zahl der Gäste in Österreich um über 5,4 Prozent, die Übernachtungen
um 5,1 Prozent und auch die Einnahmen über 5 Prozent gestiegen. Falls Wetterkapriolen im Dezember ausbleiben,
wird das Einnahmenplus vom Vorjahr auch preisbereinigt übertroffen werden. Der Tourismussektor profitierte
bereits in der vergangenen Wintersaison von einer überdurchschnittlich dynamischen Nachfrageentwicklung und
konnte auch im Sommer 2016 ein weiteres Rekordergebnis verbuchen. Sowohl der Binnenreiseverkehr als auch die Tourismusnachfrage
aus dem Ausland legten um vier bis fünf Prozent zu und damit deutlich mehr als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum.
Unterstützung erhält Österreichs Tourismuswirtschaft von den geopolitischen Unsicherheiten ebenso
wie von den vorteilhaften Wetterbedingungen. Darüber hinaus sorgt die stabile Wirtschaftsentwicklung in zentralen
europäischen Zielmärkten für Nachfrageimpulse. In Deutschland und den Niederlanden erreicht das
Wirtschaftswachstum 2016 zumindest das Vorjahresniveau und wird sich in Österreich und der Schweiz sogar etwas
beschleunigen. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang die starke Nachfrage aus Deutschland. In den ersten zehn
Monaten 2016 stieg die Zahl deutscher Gäste in Österreich um 7,5 Prozent und damit rascher als in den
letzten 25 Jahren. Österreich hat 2016 nicht nur als Kurzreiseziel in der Gunst deutscher Urlauber gewonnen
sondern laut aktueller BAT-Tourismusanalyse auch seine Position als viertwichtigstes Haupturlaubsreiseziel unserer
Nachbarn behalten.
Für 2017 weisen die Aussichten des österreichischen Tourismus derzeit auf eine leichte Abflachung des
starken Wachstums hin.
Veränderte Nachfragestruktur erhöht den Preisdruck und bremst die Einnahmensteigerungen
Mit der Verbesserung der Angebotsqualität und des Preis-Leistungs-Verhältnisses der Tourismusdestination
Österreich konnten neue Gästesegmente angesprochen und die Nachfrage- und Einnahmenausfälle aufgrund
der wachsenden Konkurrenz und kürzerer Aufenthalte kompensiert werden. Zudem konnte das Angebot zu höheren
Preisen verkauft werden, wobei die Einnahmensteigerungen vor allem den Anteilsgewinnen besser ausgestatteter Betriebe
zu verdanken war. Von 1995 bis 2015 sind die Übernachtungen in 4- und 5-Sterne-Unterkünften um durchschnittlich
3,2 Prozent im Jahr gestiegen, in 1- und 2-Sterne-Unterkünften dagegen nur um 3,1 Prozent und in privaten
Unterkünften sogar um 4,7 Prozent gesunken. Bis zum rezessionsbedingten Rückschlag 2009 sind die Einnahmen
pro Gast in Österreich über fünf Jahrzehnte fast ungebremst gestiegen.
Bank Austria Volkswirt Günter Wolf: „Die Zahl der Österreichbesucher wächst zwar weiterhin und sorgt
im Branchendurchschnitt auch für eine höhere Auslastung der Bettenkapazitäten und in Summe für
steigende Gesamteinnahmen im Tourismus. Entscheidend für die einzelnen Betriebe ist letztendlich, dass die
Gäste in den letzten Jahren im Durchschnitt aber immer weniger ausgegeben haben, also sparsamer wurden.“ Für
die Beherbergungsbetriebe ist es zunehmend schwieriger geworden, Einnahmenausfälle infolge von Nachfrageänderungen,
mit der Anpassung des Angebots zu kompensieren. Die nominellen Tourismuseinnahmen sind pro Gast von durchschnittlich
671 Euro im Jahr 2008 auf 618 Euro im Jahr 2012 gesunken und seitdem unverändert geblieben. Auch 2016 dürften
die Einnahmen pro Gast nicht wieder zulegt haben.
Die Tourismusnachfrage konzentrierte sich in den letzten Jahren zwar unverändert auf qualitativ höherwertige
Angebote, gemessen an den Übernachtungszuwächsen. Dennoch wurde bei den 4- und 5-Sterne-Betrieben die
Bettenauslastung aus 2008 von 52,3 Prozent nicht wieder erreicht. In dem Segment lag die Auslastung im Jahresdurchschnitt
2015 bei 51,1 Prozent. Zugleich wurden zunehmend Ferienwohnungen nachgefragt. Die Entwicklung zeigt, dass die Tourismusnachfrage
mit der qualitativen Aufwertung des Tourismusangebotes nicht mehr Schritt hält. Die Entwicklung zeigt auch,
dass das Angebot in einigen Segmenten des österreichischen Beherbergungswesens zu hoch ist und der Preisdruck
in den letzten Jahren zugenommen hat.
Die Beherbergungspreise in Österreich sind zwischen 2000 und 2005 um mehr als 3 Prozent im Jahr gestiegen,
in den folgenden zehn Jahren nur mehr um durchschnittlich 1,8 Prozent pro Jahr. Erst 2016 konnten die Preise aufgrund
der hohen Nachfrage wieder stärker angehoben werden. Mit der schwächeren Preisentwicklung sind die Erträge
der Branche zunehmend unter Druck geraten. Wie die Auswertungen der österreichischen Hoteltreuhand zeigen,
konnten die Beherbergungsbetriebe in den letzten Jahren kaum ihre Kostensteigerungen auffangen. Der operative Gewinn
ist in Relation zum Umsatz im langfristigen Vergleich in allen Segmenten, vor allem aber bei den 3-Sterne-Betrieben,
gesunken.
In vielen Fällen sind die Erträge der Tourismusbetriebe zu niedrig, um die Finanzierung des erforderlichen
Investitionsniveaus zu stützen. „Stellt man das aktuell tiefe Zinsniveau in Rechnung und die Tatsache, dass
das Beherbergungsgewerbe in Zukunft wieder mehr investieren muss, werden sich in Perioden mit steigenden Zinsen
die Finanzierungsschwierigkeiten der Branche verschärfen. Damit werden auch die Themen zu niedriger Angebotspreise
und weiterer Kapazitätsreduktionen wieder an Brisanz gewinnen“, fasst Wolf zusammen.
Tourismusstandort Österreich beweist trotz Marktanteilsverlusten Wettbewerbsstärke
Österreichs Anteil am weltweiten Touristenstrom ist gemessen an den internationalen Gästeankünften
von 3,2 Prozent 1995 auf rund 2,2 Prozent 2015 gesunken und wird voraussichtlich in den nächsten zehn Jahren
unter die 2 Prozent Marke rutschen. Der wesentliche Grund für die Anteilseinbußen der Destination Österreich
ist die Globalisierung des Sektors, das heißt, die rasch wachsende Zahlen an Touristen und an neuen Konkurrenten,
die mithilfe günstiger Flüge relativ einfach zu erreichen sind. Die höchsten Marktanteilsgewinne
werden seit Jahren in Ostasien registriert.
Die Gefahr, dass Österreich den Anschluss an die internationale Entwicklung vollständig verliert, ist
dennoch gering. Nicht nur weil der Tourismusstandort kurzfristig davon profitiert, dass in wirtschaftlich schwierigen
Jahren eher nahe in- und ausländische Zielgebiete bevorzugt und weniger Fern- und Flugreisen unternommen werden.
Österreich bleibt einer der wettbewerbsstärksten Tourismusstandorte weltweit, mit seiner weitgehend einzigartigen,
schwer kopierbaren Angebotspalette, vor allem von natürlichen Ressourcen. Darüber hinaus hat Tourismussektor
erfolgreich Strukturanpassungsmaßnahmen umgesetzt und sein Preis-Leistungs-Verhältnis sukzessive verbessert.
Die sehr guten Platzierungen Österreichs im Ranking der weltweit wichtigsten Tourismusstandorte des World
Economic Forum bestätigen die Konkurrenzfähigkeit. Auf der Grundlage der überdurchschnittlich guten
touristischen Infrastruktur und der hohen preislichen Wettbewerbsfähigkeit des Sektors, erreichte Österreich
im Vergleich von mehr als 140 Tourismusländern 2015 den 12. Rang.
|