Gleichbehandlung in der Arbeit

 

erstellt am
06. 12. 16
11:00 MEZ

Anwaltschaft will Regionalbüros ausbauen – Bericht für die Privatwirtschaft 2014 und 2015 liegt im Parlament; Levelling-up erneutes Anliegen
Wien (pk) - Laut Bundesgesetz über die Gleichbehandlungskommission (GBK) und die Gleichbehandlungsanwaltschaft (GAW) muss die Regierung dem Nationalrat alle zwei Jahre einen Bericht über die Vollziehung des Gleichbehandlungsgesetzes vorlegen. Für 2014 und 2015 liegt dieser Bericht für die Privatwirtschaft ( III 323 d.B.) nun vor. Darin spricht sich die Anwaltschaft unter anderem für einen Ausbau der Regionalbüros aus, eine entsprechende Verordnung wird dem Bericht zufolge gerade im Bundeskanzleramt vorbereitet. Anliegen bleibt jedoch die Ernennung zusätzlicher RegionalanwältInnen für einen flächendeckenden Diskriminierungsschutz in den Bundesländern.

Aufrecht bleibt außerdem ihre Forderung nach einem Levelling-up, also der Erweiterung des Diskriminierungsschutzes um die Diskriminierungsgründe der Religion oder der Weltanschauung sowie des Alters und der sexuellen Orientierung. Für die Herstellung eines gleichen Schutzniveaus für alle Diskriminierungsgründe braucht es eine Novelle des Gleichbehandlungsgesetzes.

Geht es um die Rechtsdurchsetzung von Diskriminierungsopfern, plädiert die Gleichbehandlungsanwaltschaft zudem für eine Ausweitung ihrer Kompetenzen durch die Mitwirkung in gerichtlichen Verfahren. Daneben ruft die Anwaltschaft dazu auf, vermehrt auf Information und Bewusstseinsbildung vor allem auch in Unternehmen zu setzen.

GAW sieht breiten Änderungsbedarf bei rechtlichen Grundlagen
Neben dem Levelling-up schlägt die GAW in Sachen rechtlicher Grundlagen eine Fülle von Änderungen vor. Darunter fallen etwa ein umfangreicher Schutz in der selbstständigen Tätigkeit oder ein immaterieller Schadenersatz bei einer diskriminierenden Kündigung. Zudem sollte aus Sicht der GAW im Gesetz der Begriff der "gleichwertigen Arbeit" definiert sowie die Wirkung der Einkommensberichte und Bestimmungen zu Stellenausschreibungen verbessert werden.

Ähnlich wie der Evaluierungsbericht über die Umsetzung des heimischen Gleichbehandlungsrechts einer Expertengruppe des Sozial- sowie Frauenministeriums bemängelt auch die GAW eine Kompetenzzersplitterung im Antidiskriminierungsbereich zwischen Bund und Ländern.

Frauenanteil in Aufsichtsräten: Intransparenz bei Auswahlverfahren
Geht es um die Weiterentwicklung des EU-Gleichbehandlungsrechts, unterstützt Österreich den Richtlinienvorschlag zur Gewährleistung einer ausgewogenen Vertretung von Frauen und Männern unter den nicht geschäftsführenden DirektorInnen bzw. Aufsichtsratsmitgliedern börsennotierter Gesellschaften, wie das Sozialressort im Bericht für die Privatwirtschaft ausführt. Der Frauenanteil in Leitungsorganen sei in Österreich noch sehr gering, zudem habe sich gezeigt, dass freiwillige Ansätze wenig erfolgversprechend seien. Eine spürbare Steigerung des Frauenanteils gibt es laut Ausführungen des Sozialministeriums dagegen v.a. in Mitgliedstaaten mit verpflichtenden Regelungen. Europaweit liegt der Frauenanteil in Aufsichtsräten derzeit bei ca. 20%, in Österreich sind es 17,81%. Durch den Richtlinienvorschlag soll die bestehende Intransparenz der Auswahlverfahren u.a. durch Mindeststandards ausgeräumt werden. In den EU-Gremien wurde dazu noch keine Einigung erzielt.

BKA und ÖGB: Ressourcen für Gleichbehandlungskommission aufstocken
In ihrer Stellungnahme führt die Bundeskammer für Arbeiter und Angestellte (BAK) aus, dass die faktische Gleichstellung und Gleichbehandlung sowohl innerhalb als auch außerhalb der Arbeitswelt noch immer nicht Realität sei. Um dies zu erreichen, braucht es aus Sicht der Kammer einerseits einen integrierten, interessenspolitischen Ansatz sowie eine Weiterentwicklung des Gleichbehandlungsgesetzes auf mehreren Ebenen. Sie regt etwa an, sowohl die personellen als auch die materiellen Ressourcen in den Senaten der Gleichbehandlungskommission aufzustocken sowie die Anfechtungsfrist von 14 Tagen auf 4 Wochen auszudehnen. Zudem beklagt sie eine zu lange Verfahrensdauer.

Die BAK schlägt darüber hinaus vor, die Regelungen zur Angabe des Mindestentgelts in Stelleninseraten zu ändern. Aus ihrer Sicht sollten etwa auch freie Dienstverhältnisse erfasst werden sowie Interessenvertretungen der ArbeiternehmerInnen bei Verstößen von Unternehmen die Möglichkeit zur Anzeige haben. Zudem treten sie dafür ein, den Einkommensbericht zu erweitern und Sanktionen zu verankern, sollten sich Unternehmen nicht an die Bestimmungen halten.

Auch aus Sicht des Österreichischen Gewerkschaftsbundes (ÖGB) sind weitere Schritte notwendig, um die Verfahrensdauer vor der Gleichbehandlungskommission zu verkürzen. Wie das BAK schlägt aus diesem Grund auch der ÖGB vor, die Ressourcen für die Gleichbehandlungskommission, aber auch für die Gleichbehandlungsanwaltschaft aufzustocken.

Die Landwirtschaftskammer ortet zur Zeit keine Probleme bei der Vollziehung des Gleichbehandlungsrechts in den Bundesländern und sieht angesichts der gesetzten Maßnahmen in den vergangenen Jahren keinen weiteren gesetzlichen Handlungsbedarf bei der Gleichstellung von Frauen und Männern. Keine Stellungnahmen abgegeben haben laut Bericht die Wirtschaftskammer Österreich und die Vereinigung der Österreichischen Industrie.

Tätigkeitsbericht der drei Senate der Gleichbehandlungskommission
Senat I ist für die Gleichbehandlung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt zuständig. In seinen Verantwortungsbereich fällt zudem Mehrfachdiskriminierung. Das ist der Fall, wenn zusätzlich Fragen der Gleichbehandlung ohne Unterschied von ethnischer Zugehörigkeit, Religion oder Weltanschauung, dem Alter oder der sexuellen Orientierung in der Arbeitswelt berührt sind. Von Anfang

2014 bis Ende 2015 wurden laut Bericht insgesamt 130 Anträge (112 Frauen, 16 Männer, 1 Juristische Person, 1 Gutachten) eingebracht sowie 36 Prüfungsergebnisse erstellt. Die am häufigsten vorkommenden Diskriminierungstatbestände waren in diesem Bereich aufgrund einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses (70), Belästigung (26) oder aufgrund sonstiger Arbeitsverhältnisse (26). Die durchschnittliche Verfahrensdauer betrug 18 Monate.

Senat II ist für die Gleichbehandlung ohne Unterschied
der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung in der Arbeitswelt zuständig. Im Verlauf des Berichtszeitraums wurden 75 Anträge für den Senat eingebracht und 27 Prüfungsergebnisse erstellt. 23 Anträge wurden in verschiedenen Verfahrensstadien zurückgezogen, davon 18 aufgrund eines Vergleichs. Die durchschnittliche Verfahrensdauer betrug rund 15 Monate. Die meisten Anträge, nämlich 17, wurden in Zusammenhang einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Diskriminierungsgrund der ethnischen Zugehörigkeit eingebracht, gefolgt von jenem aufgrund des Alters mit 16 Anträgen.

Im Senat III, der für die Gleichbehandlung ohne Unterschied des Geschlechts oder der ethnischen Zugehörigkeit in sonstigen Bereichen, beispielsweise bei Verweigerung des Einlasses in eine Diskothek aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit, zuständig ist, wurden in den beiden Jahren wiederum 48 Verfahren eingeleitet, 25 Prüfungsergebnisse und 1 Gutachten erstellt. 6 Anträge wurden in verschiedenen Verfahrensstadien zurückgezogen, in wiederum 6 Fällen erklärte sich der Senat für unzuständig. 4 Verfahren wurden eingestellt. Ende 2015 waren 11 Fälle offen. Die durchschnittliche Verfahrensdauer betrug 5,2 Monate.

 

 

Allgemeine Informationen:
http://www.parlament.gv.at

 

 

 

 

 

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