Debatte über Nachnutzung und die Frage, wie dem Ort am besten der rechtsextreme Mythos
zu nehmen ist
Braunau/Wien (pk) - Hinter dem Tagesordnungspunkt der Nationalratssitzung vom 14.12. "Enteignung der
Liegenschaft Salzburger Vorstadt Nr. 15, Braunau am Inn" verbirgt sich ein Stück österreichische
Zeitgeschichte. Der Nationalrat hat entsprechend einer Regierungsvorlage beschlossen, dass das Geburtshaus Adolf
Hitlers in Braunau am Inn enteignet wird. Im Plenum und bereits zuvor im Innenausschuss des Nationalrats wurde
mehrfach darauf hingewiesen, dass eine vertragliche Lösung mit der Besitzerin der Liegenschaft – trotz jahrelanger
Bemühung – nicht möglich gewesen sei.
In der Debatte waren die Abgeordneten denn auch Großteils schon einen Schritt weiter als das Gesetz selbst:
Nicht die heute beschlossene Enteignung des Hauses war zentrales Thema der Wortmeldungen, sondern die noch nicht
geklärte Nachnutzung der Immobilie. So verwehrte sich etwa der Abgeordnete Marcus Franz (o.F.) gegen einen
nun möglichen Abriss und sprach sich für eine soziale Nutzung aus, bei deren Umsetzung man auch "die
Kunst involvieren soll" - zum Beispiel in Form des Verhüllungskünstlers Christo.
Busse mit Rechtsextremen
Der ÖVP-Abgeordnete Nikolaus Prinz sagte, Enteignungen seien generell keine schöne Sache, im vorliegenden
Fall aber notwendig gewesen, "damit das leere Haus nicht zur Pilgerstätte für Rechtsextreme verkommt".
Nun seien die Stadt Braunau und das Land Oberösterreich am Zug. Harry Buchmayr (S) wies zu Beginn seiner Worte
darauf hin, dass er selbst aus Braunau sei und dass das Thema bei der örtlichen Bevölkerung schon lange
Unmut erzeuge. "Am Geburtstag Hitlers wurde Braunau immer wieder hermetisch abgeriegelt, weil Busse voll mit
Rechtsextremen eingefahren sind", sagte Buchmayr, der auch anmerkte, dass er die Enteignung unterstütze,
man nun aber behutsam mit dem Haus umgehen müsse.
Enteignung, um Missbrauch durch Private zuvorzukommen
Auch Walter Rosenkranz von der FPÖ sprach sich für die Enteignung aus, damit " dort auf Dauer keine
Kultstätte entstehen kann". Wäre das Haus, nach jahrelanger erfolgloser Verhandlung, nicht enteignet
worden, hätte es ein privater Käufer genau dafür nutzen können, so Rosenkranz. Das Hause dürfe
nun aber nicht abgerissen werden, sondern man solle es neutralisieren.
Harald Walser (G) sagte, ihm sei nicht ganz wohl bei der Sache, Enteignungen dürften nur mit großem
Bedacht durchgeführt werde. Er warnte auch davor, dass eine bloße "Umbenennung kaum etwas bringt".
Man dürfe nun auch keine historische Gedenkstätte daraus machen, sonst würde der Mythos erhalten
bleiben.
Nikolaus Alm von den NEOS unterstellte allen Anwesenden, dass ihnen eine Lösung ohne Enteignung lieber gewesen
wäre. Die NEOS seien ursprünglich für eine Vertagung der Angelegenheit gewesen, weil heute noch
nicht klar sei, was aus dem Haus werden solle. Und "ob dem Ort nun der Mythos entzogen werden kann",
sei für Alm eine reine Glaubensfrage.
Entschädigungssumme noch unklar
Dem Gesetzentwurf zufolge soll die Liegenschaft unmittelbar nach Leistung einer Entschädigungssumme an den
Bund übertragen werden, wobei sich die Republik Österreich dazu verpflichtet, diese entsprechend der
Zielsetzung des Gesetzes – Unterbindung der Pflege, Förderung oder Verbreitung nationalsozialistischen Gedankenguts
– zu nutzen und nicht weiter zu veräußern. Eine konkrete Entschädigungssumme wird nicht genannt,
diese soll sich nach dem Eisenbahn-Entschädigungsgesetz richten.
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