Städtebund-Generalsekretär Weninger: „Finanzausgleich ist brauchbare Grundlage, große
Strukturreformen müssen folgen“
Wien (rk) - Die österreichischen Gemeinden (ohne Wien) können sich 2016 über einen Überschuss
der laufenden Gebarung von rund 1,7 Mrd. Euro freuen. In absoluten Zahlen ist der Wert gleich geblieben, real ein
Fünftel unter 2007, dem Vorkrisen-Jahr. 2017 wird schwieriger, es ist ein Rückgang auf 1,5 Mrd. Euro
zu erwarten, bis 2020 wird eine Verbesserung auf 1,8 Mrd. Euro prognostiziert. In Summe wird der Spielraum der
Gemeinden für die Finanzierung von Investitionen um ein Viertel geringer sein, als noch 2007.
Die Städte und Gemeinden konsolidieren ihre Haushalte nach und nach, jedoch übersteigen die Aufgaben
und somit die Ausgaben die Einnahmen. Die Gemeinden (ohne Wien) erhalten rund 6,3 Mrd. Euro Ertragsanteile aus
dem Bundestopf, davon werden 3,2 Mrd. bzw. 50 Prozent über Transfers (für Krankenanstalten, Sozialhilfe
und Landesumlage) wieder an die Länder (sowie teilweise Verbände) zurücküberwiesen. Die Transferlast
ist demnach zwischen 2007 und 2015 um 910 Mio. Euro (+56,3 Prozent) gestiegen. Die Personalausgaben sind hingegen-
trotz der Mehrleistungen in der Kinderbetreuung – nur um 2,7 Prozent gestiegen.
Auffallend sind derzeit auch noch die unterschiedlichen Werte bei Ertragskraft und freier Finanzspitze in den einzelnen
Bundesländern. Die höchsten Werte finden sich demnach im Burgenland, Salzburg und Niederösterreich,
den geringsten Spielraum haben die Städte und Gemeinden in den Bundesländern Kärnten und Steiermark.
Der kürzlich beschlossene Pakt zum Finanzausgleich 2017 ist eine gute Grundlage für die kurzfristige
Stabilisierung der Gemeindefinanzen. Erste Schritte für Reformen wurden vereinbart: „Nur durch echte Strukturreformen
können die Gemeinden als wichtigster öffentlicher Investor ihrer Rolle auf hohem Niveau weiter nachkommen“,
erklärte Thomas Weninger, Generalsekretär des Österreichischen Städtebundes.
Für Gestaltungs- und Handlungsspielräume und damit Autonomie bleibt den Gemeinden auch künftig zu
wenig aus der laufenden Gebarung. So bekommen die Gemeinden zwar um 107 Mio. Euro jährlich mehr Mittel für
Gesundheit, Pflege und Soziales, dem gegenüber stehen Mehrausgaben im Bildungsbereich von 58 bis 64 Mio. Euro
p.a. (nach dem Bildungsinvestitionsgesetz). Wie weit die Länder die Ergebnisse der Kostendämpfungspfade
Gesundheit und Pflege an die Gemeinden weitergeben ist nicht gesichert. Die regionalen Versorgungsfunktionen insbesondere
der Städte wurden nicht berücksichtigt. Wichtige Reformmaßnahmen – wie die Aufgabenorientierung
im Kinderbetreuungsbereich sowie die Grundsteuerreform – müssen 2017 noch konkretisiert werden.
„Die Städte und Gemeinden müssen zu dem ausgeglichenen Gesamthaushalt auch gleichzeitig die Investitionen
stärken. Davon profitieren die Bürgerinnen und Bürger und heimische Wirtschaft gleichzeitig. Nur
durch echte Strukturreformen können die Gemeinden als wichtigster öffentlicher Investor ihrer Rolle auf
hohem Niveau weiter nachkommen. Mit der Einsetzung einer Arbeitsgruppe zur Grundsteuer neu wurde ein erster wichtiger
Schritt gesetzt“, betonte Städtebund-Generalsekretär Weninger. „Weitere Schritte müssen folgen“.
Gemeindefinanzprognose bis 2020
Die Ertragsanteile der Gemeinden (ohne Wien) werden im Jahr 2017 unter den Werten von 2015 liegen, das bedeutet
180 Mio. Euro weniger Einnahmen. Die Steuerreform wird erst ab 2018/19 verdaut sein. Positiv zu werten ist, dass
die Transfers ab 2016 geringer steigen werden, da ein Dämpfungspfad im Gesundheits- und Pflegebereich vereinbart
wurde.
Bei der Annahme (u. a.), dass die Ertragsanteile bis maximal 4,8 Prozent pro Jahr und die gemeindeeigenen Steuern
bis zu 3,0 Prozent wachsen sowie der Personalaufwand ein Plus von 2,8 Prozent nicht übersteigt, gelangen wir
zu einem Haupt-Szenario: Dort wird der Überschuss der laufenden Gebarung bis 2020 leicht auf 1.75 Mrd. Euro
steigen, das sind 11,7 Prozent der laufenden Gebarung.
Geht man von den ungünstigsten Bedingungen aus (Worst-Case-Szenario), würde der Überschuss der laufenden
Gebarung bis 2020 wird auf 1,4 Mrd. Euro oder 8,8 Prozent zurückgehen.
„Es wird sich erst in Zukunft zeigen, wie sich der Finanzausgleich 2017 auswirken wird, jedoch ist nach wie vor
mit einem unzureichenden Anstieg der Ertragsanteile zu rechnen, weshalb die finanziellen Spielräume der Gemeinden
weiter einschränkt werden. Die angedachten Reformideen wurden leider zu wenig im Finanzausgleichspaktum umgesetzt“,
meint Peter Biwald, Geschäftsführer des KDZ – Zentrum für Verwaltungsforschung.
Handlungserfordernisse
- Aufgabenreform auf allen Ebenen, die gebietskörperschaftsübergreifend
wirken
- Synergien durch Strukturreformen auf Gemeindeebene noch stärker zu nutzen
- flächendeckende Kooperationen
- Region Neu bzw. Gebietsgemeinde schaffen)
- Grundlegende Reform des Finanzausgleichs
- Aufgaben, Ausgaben, Finanzierung in einer Hand (z.B. Krankenanstalten auf Länderebene
und Kinderbetreuung auf Gemeindeebene)
- Aufgabenorientierten Finanzausgleich weiter ausbauen
- Transfers vereinfachen durch bundesweit einheitliche Regeln sowie einen einheitlichen
Lastenausgleich für zentralörtliche Aufgaben wie auch Ressourcenausgleich für finanzschwache Gemeinden
- Kommunale Abgabenautonomie ausbauen (z.B. durch Grundsteuerreform)
Die Studienergebnisse im Detail finden Sie hier >
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