Lage der bäuerlichen Betriebe bereitet Sorgen

 

erstellt am
14. 12. 16
11:00 MEZ

Landwirtschaftsausschuss: Anträge der Opposition neuerlich vertagt
Wien (pk) – Der Parlamentarische Landwirtschaftsausschuss behandelte am 13.12. Oppositionsanträge, die er in seiner letzten Sitzung am 06.12. aus Zeitmangel vertagt hatte. Alle Anträge wurden - nach intensiver und thematisch weitgesteckten Debatte – mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP neuerlich vertagt.

Grüne drängen auf Bundeslandwirtschaftskammer
Mit Bezugnahme auf das Regierungsübereinkommen und eine positive Medienaussage von Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter zur Einrichtung einer Bundeslandwirtschaftskammer forderte Wolfgang Pirklhuber (G) in einem Entschließungsantrag der Grünen ( 1929/A(E) ) die Vorlage eines Gesetzentwurfs über Organisation, Aufgaben, Ausrichtung und Ziele einer solchen Kammer. Dieser Antrag wurde auf Vorschlag des Abgeordneten Franz Eßl vertagt, weil, so der Abgeordnete, die Errichtung einer Bundeslandwirtschaftskammer mit Eingriffen in Länderrechte verbunden sei und daher noch Verhandlungen mit den Bundesländern notwendig seien. Eine konsensuale Vorgangsweise mit Ländern, Landeslandwirtschaftskammern und Sozialpartnern präferierte auch Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter, der von der Arbeit an der verlangten Regierungsvorlage berichtete und versprach, diese zeitnahe vorzulegen.

In der Debatte hielt es Antragsteller Wolfgang Pirklhuber (G) mit Unterstützung von Abgeordnetem Franz Schellhorn (N) für demokratiepolitisch wünschenswert, mit einer Bundeslandwirtschaftskammer eine starke Interessensvertretung für die BäuerInnen zu schaffen. Schellhorn hielt es für positiv, künftig Anfragen an den Bundesminister stellen zu können.

Unterstützung erhielt Pirklhubers Antrag auch von Harald Jannach (F) und Leopold Steinbichler (T). Beide Abgeordneten wollten aber wissen, wo die Kosten eingespart werden sollen, die eine Bundeslandwirtschaftskammer verursachen würde. Denn es gehe nicht an, die Agrarbürokratie immer weiter zu vermehren, während die Zahl der BäuerInnen von Tag zu Tag abnehme.

Grüne wollen Einheitswertesystem für bäuerliche Betriebe evaluieren
Vor negativen Auswirkungen der aktualisierten Einheitswerte auf die land- und forstwirtschaftlichen Betriebe warnt Wolfgang Pirklhuber (G). Die neue Berechnung führe dazu, dass kleine Betriebe bis 20 Hektar vor allem bei den Sozialversicherungsbeiträgen überproportional belastet werden, meint er und fordert in einem Entschließungsantrag ( 1873/A(E) ), der vertagt wurde, eine wissenschaftliche Evaluierung des Einheitswertesystems, um ein angepasstes und sozial ausgewogenes Berechnungsmodell der Beitragsgrundlagen der bäuerlichen Sozialversicherung zu implementieren.

Wolfgang Pirklhuber (G) sprach von einem komplexen Problem der Landwirtschaftspolitik und schilderte die dramatische Situation vieler BäuerInnen. 36% der Betriebe schreiben nach Abzug der Sozialversicherungsbeiträge derzeit Verluste. Pirklhuber kritisierte die Einbeziehung agrarischer Direktzahlungen - als Einkommensbestandteile - in die Einheitswertberechnung, was in manchen Fällen zu einer Verdoppelung der Einheitswerte und in weiterer Folge zu Mehrbelastungen bei der Besteuerung und den Sozialversicherungsbeiträgen der BäuerInnen führe. Pirklhuber kritisierte auch die vorgesehenen laufenden Veränderungen bei den Einheitswerten mit denen die Betriebe nun mehr rechnen müssten. Um die Nachteile für kleine Betriebe zu illustrieren, führte Pirklhuber aus, dass große Betriebe Flächen kleiner Betriebe pachten können ohne das die Sozialversicherungsbeiträge steigen. Das System der Einheitsberechnung sei weder gerecht noch sozial ausgewogen, sagte Pirklhuber.

Für komplex hielt auch Erwin Preiner (S) das Thema Einheitswertberechnung, beharrte gegenüber Pirklhuber aber darauf, Direktzahlungen als Einkommen zu betrachten und Wertsteigerungen von Grund und Boden zu berücksichtigen. Bis zum Vorliegen der 2017 geplanten Evaluierung zum Thema Einheitswerte schlug Preiner vor, den Antrag der Grünen zu vertagen. Gegen diese Vertagung wandte sich Franz Schellhorn (N) - Pirklhuber verlange nichts anderes als eine Evaluierung, zeigte sich Schellhorn verwundert.

"Die BäuerInnen wollen ihren Grund und Boden nicht verkaufen", sagte Leopold Steinbichler (T), daher sei die Berücksichtigung von Wertsteigerungen des Bodens unverständlich. Ausgleichszahlungen seien weder als Förderungen noch als Einkommen zu betrachten, sondern als einen finanziellen Ausgleich für Einkommensverluste, stimmte Steinbichler Pirklhuber zu. Soziale Ausgewogenheit mahnte Steinbichler insbesondere für MilchbäuerInnen ein, die sieben Mal pro Woche einen 24 Stunden-Dienst verrichten.

Herrmann Schultes (V) warnte davor, das neue Einheitswertesystem zu ändern, bevor es noch bei allen eingeführt sei. Mangels Daten könnten die Auswirkungen des neuen Systems nicht abgeschätzt werden, sagte Schultes und erklärte in Übereinstimmung mit Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter die von Pirklhuber kritisierten Änderungen am System mit der notwendigen Anpassung an dynamische Entwicklungen. Die Behauptung, große Betriebe würden profitieren und kleine benachteiligt werden, wies Schultes zurück. Es gebe große Betriebe mit kleinen Erträgen und kleine Betriebe mit großen Erträgen. Überdies würden die oft gescholtenen Gutsbetriebe auch dann Beiträge zur bäuerlichen Sozialversicherung leisten, wenn deren Eigentümer in anderen Kassen versichert sind.

Team Stronach und Grüne fordern Kennzeichnung für verarbeitete Eier
Wieder einmal vertagt wurden die Anträge, in denen die Abgeordneten Leopold Steinbichler (T) und Wolfgang Pirklhuber (G) darauf hinweisen, dass die Lebensmittelindustrie zum Teil billige Eier aus dem Ausland importiert, die von Legehennen aus Käfighaltung stammen. Steinbichler fordert in seiner Initiative ( 1606/A(E)) eine Kennzeichnungspflicht für verarbeitete Eier und Eiprodukte, die sowohl die Herkunft als auch die Haltungsform der Legehennen erfasst. Pirklhuber geht in seinem Antrag ( 1612/A(E)) noch einen Schritt weiter und drängt neben einer Kennzeichnungspflicht auch auf Maßnahmen auf EU-Ebene, um den Import von Eiern aus Haltungsformen, die nicht den EU-Standards entsprechen, zu unterbinden. Darüber hinaus appelliert er an die Bundesregierung, dafür Sorge zu tragen, dass Handelsabkommen wie TTIP oder CETA die europäischen Standards nicht unterlaufen.

Leopold Steinbichler (T) kritisierte massenhaften Import von Industrieeiern aus Ländern, die sich nicht an EU-Standards halten und den österreichischen Markt zu Lasten heimischen Produzenten verzerren. Steinbichler drängte nachdrücklich darauf, Industrieeier aus heimischer Bodenhaltung im Interesse der BäuerInnen und der KonsumentInnen deutlich zu kennzeichnen.

Wolfgang Pirklhuber registrierte Erfolge bei der Kennzeichnung von Eiern aus heimischer Produktion, vermisste eine entsprechende Kennzeichnung aber bei Eiern, die zur Verwendung in der Industrie aus Ländern importiert werden, in denen – auch mit EU-Geldern - Produktionen gefördert werden, die nicht den europäischen Standards entsprechen.

Vorschlägen der Antragsteller für ein Importverbot für Industrieeier erteilte Markus Vogl (S) eine Absage und rief damit Protest bei Wolfgang Pirklhuber (G) und Leopold Steinbichler (T) hervor. Es sei unverständlich mit europäischem Geld Eier unter den Standards der Europäischen Union in Drittländern herzustellen und damit Druck auf heimische bäuerliche Produktion auszuüben.

Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter wies darauf hin, dass es sich bei den Standards in der Eierproduktion um eine Zuständigkeit der Gesundheitsministerin handle, machte auf das AMA-Gütesiegel aufmerksam und erinnerte an sein persönliches europäisches Engagement beim Problem mit dem Import von Industrieeiern in die EU.

TTIP einmal mehr Thema im Landwirtschaftsausschuss
Seine Forderungen zum geplanten Freihandelsabkommen TTIP hat Pirklhuber in einem vom Landwirtschaftsausschuss bereits mehrfach vertagten Antrag formuliert, der auch diesmal vertagt wurde. Pirklhuber will volle Transparenz bei den Verhandlungen, eine Einbindung der nationalen Parlamente sowie der Ausklammerung der Verhandlungskapitel Landwirtschaft und Lebensmittelsicherheit ( 230/A(E) ). Georg Strasser (V) wies darauf hin, dass viel zur Herstellung von Transparenz passiert ist und die EU-Kommissionen ihre Verhandlungspositionen offengelegt hat. Derzeit seien die TTIP-Verhandlungen auf Eis gelegt und daher die Vertagung des Antrags gerechtfertigt.

Grüne: biologisch und gentechnikfrei als Leitbild für Österreichs Landwirtschaft
Erneut vertagt wurde auch ein Antrag von Wolfgang Pirklhuber (G), mit dem die Grünen ihre Vorstellungen von einer biologischen und gentechnikfreien Landwirtschaft untermauern ( 50/A). Sie fordern, im Landwirtschaftsgesetz den biologischen Landbau als agroökologisches Leitbild sowie den Verzicht auf die Verwendung von gentechnisch verändertem Saatgut festzuschreiben. SPÖ-Landwirtschaftssprecher Erwin Preiner (S) sagte dazu, die geforderten Prinzipien seien in der österreichischen Landwirtschaft bereits umgesetzt, Österreich habe nicht umsonst den höchsten Anteil an Bio-Landwirtschaft aller EU-Mitgliedsstaaten.

Team Stronach gegen irreführende Produktkennzeichnungen, für günstigen Agrardiesel
Leopold Steinbichler kritisiert die Produktkennzeichnung "geschützte geografische Angaben (g.g.A)" als irreführend für die KonsumentInnen. ( 1434/A(E)). Er trat erneut dafür ein, diese entweder neu zu definieren oder es gänzlich abzuschaffen. Wolfgang Pirklhuber (G) hielt dazu fest, dass die Kritik berechtigt gewesen sei, schärfere Kontrollen hätten unterdessen eine Verbesserung der Situation gebracht haben. Die Mehrheit von SPÖ und ÖVP vertagte den Antrag erneut.

Ein weiteres Mal befasste sich der Ausschuss außerdem mit dem ebenfalls schon mehrfach vertagten Antrag des Landwirtschaftssprechers des Teams Stronach Leopold Steinbichler auf Wiedereinführung der Mineralölsteuerbefreiung bei Agrardiesel ( 1673/A(E)). Auch diesmal wurde er vertagt. Eine solche Steuerbefreiung gebe es in vielen EU-Staaten, sie diene der Entlastung der ProduzentInnen und Stärkung ihrer Konkurrenzfähigkeit, argumentierte Steinbichler. Abgeordneter Pirklhuber meinte, seiner Ansicht nach wäre eine Steuerentlastung denkbar, wenn sie Teil einer Strategie des Umstiegs auf nachhaltige Treibstoffe in der Land- und Forstwirtschaft wäre.

 

 

Allgemeine Informationen:
http://www.parlament.gv.at

 

 

 

 

 

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