Euro-Bargeld gibt Sicherheit:
 Währungssubstitution außerhalb des Euroraums

 

erstellt am
20. 12. 16
10:00 MEZ

Warum private Haushalte in Zentral- und Südosteuropa den Euro bevorzugen
Wien (oenb) - In zahlreichen Ländern Zentral- und Südosteuropas spielt neben der lokalen Währung der Euro sowohl als Zahlungsmittel als auch zur finanziellen Vorsorge eine wichtige Rolle. In Serbien etwa verwendet laut einer Euro-Erhebung der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) mehr als die Hälfte der Menschen den Euro als Zahlungsmittel bei Immobilientransaktionen. Der Anteil des Euro am gesamten Bargeldumlauf beträgt in Serbien beinahe 60 % und in Mazedonien 38 %. Im Kosovo und in Montenegro ist der Euro überhaupt offizielle Währung, auch wenn beide Länder nicht der europäischen Wirtschafts- und Währungsunion angehören. Eine neue OeNB-Studie geht der Frage nach, warum private Haushalte in Zentral- und Südosteuropa Zahlungen in Euro bevorzugen.

Insgesamt waren weltweit Ende Oktober 2016 rund 1.129 Mrd EUR im Umlauf. Etwa 15 % bis 25 % davon werden für Zahlungstransaktionen verwendet. Schätzungen zufolge zirkulieren 25 % bis 35 % des Euro-Bargelds außerhalb des Euroraums. Für den großen Stellenwert des Euro in Südosteuropa sind weiterhin Netzwerkeffekte und das geringe Vertrauen in die Stabilität der jeweiligen Landeswährung entscheidende Faktoren. Neben der Erwartung, dass der Euro innerhalb der nächsten zehn Jahre als offizielle Landeswährung eingeführt wird, spielt in der gesamten Region auch die Erinnerung an schlechte Erfahrungen aus der Vergangenheit (Hyperinflation, Konfiskation von Ersparnissen) eine wichtige Rolle.

Vertrauen in die Währung entscheidend
Thomas Scheiber und Caroline Stern (beide OeNB) untersuchten in einer im aktuellen Heft der OeNB-Reihe Focus on European Economic Integration (FEEI) veröffentlichten Studie mögliche Ursachen für Währungssubstitution in zentral- und südosteuropäischen Ländern auf Basis einer Datenerhebung vom Herbst 2014. Dabei zeigt sich, dass für den Abbau der vor allem in Südosteuropa hohen Währungssubstitution in Zukunft – trotz der großen Unterschiede zwischen den untersuchten Ländern – zuverlässige Institutionen und politische Entscheidungen, die das Vertrauen der Menschen in die jeweilige Landeswährung stärken, entscheidend sein werden. Dies würde auch wesentliche volkswirtschaftliche Vorteile, vor allem eine bessere Wirksamkeit der Geldpolitik und eine größere Widerstandsfähigkeit der Länder gegenüber Schocks bedeuten.

Schlechte Erfahrungen und Netzwerkeffekte
Die Länder Zentral-, Ost- und Südosteuropas haben eine lange Geschichte der Währungssubstitution: Früher war es die D-Mark oder der Schilling, heute wird vor allem der Euro neben der jeweiligen Landeswährung als Zahlungsmittel verwendet (Euroisierung). Derlei Phänomene zeigen sich zumeist nach makroökonomischen Krisen wie Hyperinflation, Währungs- oder Bankenkrisen. Ein Vergleich mit der sogenannten Dollarisierung (also der Verwendung des US-Dollar außerhalb der USA) in Lateinamerika zeigt, dass die Verwendung der Fremdwährung nicht notwendigerweise wieder zurückgeht, zumindest nicht vollständig, sobald ein Land seine volkswirtschaftliche Lage stabilisiert hat. In der ökonomischen Literatur werden zwei Erklärungen genannt: Erstens bleibt die Währungssubstitution aufrecht, weil Bevölkerung und Unternehmen weiterhin an der zukünftigen Stabilität der Landeswährung zweifeln, selbst wenn der Wechselkurs schon einige Zeit lang stabil oder die Inflationsrate bereits länger niedrig ist. Zweitens kann es vorteilhaft sein, eine fremde Währung zu verwenden, wenn ein großer Teil der Bevölkerung und der Unternehmen dies auch tut. In der Fachsprache wird dies als Netzwerkeffekt bezeichnet. Wenn die Währungssubstitution während der Krisenperiode ein ausreichend hohes Ausmaß erreicht hat, etabliert sich die fremde Währung als allgemeines Zahlungsmittel, das dann auch nach der Krise für bestimmte Zahlungen weiter verwendet wird. Für beide Erklärungen gilt, dass sie letztlich auf einen Vertrauensverlust in die Landeswährung zurückgeführt werden können, wobei das in der Krise verspielte Vertrauen offenbar nur sehr langsam zurückkehrt.

 

 

 

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