London School of Economics soll österreichisches System analysieren - Ziel ist besseres
und einheitliches Leistungsniveau für alle Versicherten
Wien (bmask) - Sozialminister Alois Stöger hat am 19.12., wie bereits vom Ministerrat beschlossen,
eine Studie in Auftrag gegeben, die das österreichische Sozialversicherungssystem analysieren soll. "Soziale
Sicherheit und der Zugang zu bestmöglicher Kranken-, Unfall- und Pensionsversorgung sind die tragenden Säulen
unseres Sozialstaates. Gerade hier brauchen wir einen effizienten Einsatz aller vorhandenen Mittel, um eine gute
und gerechte Versorgung zu gewährleisten", betont Stöger. Das Ziel der Studie, mit der die renommierte
London School of Economics beauftragt wurde, ist es, Effizienzpotentiale zu heben, damit die Leistungen für
die Menschen weiter verbessert werden können. Die Studie wird in Abstimmung mit dem Bundesministerium für
Gesundheit und Frauen und mit Unterstützung von hochrangigen heimischen ExpertInnen und Stakeholdern in Österreich
durchgeführt. Das Ergebnis soll zur Jahresmitte 2017 vorgelegt werden.
"Je effizienter, effektiver und zielgerichteter ein Sozialsystem arbeitet, desto höher ist seine Akzeptanz
in der Bevölkerung", so Stöger. Deshalb sollen insbesondere die unterschiedlichen Leistungen der
einzelnen Kassen analysiert werden. Die allermeisten Leistungen stehen allen Versicherten in Österreich zur
Verfügung. Bei einigen Regelungen, wie etwa bei Kontaktlinsen, Kieferregulierungen oder ergotherapeutischen
Behandlungen, gibt es aber nach wie vor Unterschiede. "Hier wird nicht nach medizinischer Notwendigkeit, sondern
aufgrund der unterschiedlichen finanziellen Situation der Versicherungsträger unterschieden. Das ist sozial-
und gesundheitspolitisch nicht sinnvoll. Ich möchte Fairness. Wir streben ein einheitliches Leistungsniveau
für alle Menschen an, ganz gleich, bei welcher Kasse sie versichert sind", erklärt der Sozialminister.
Studie als Basis für Verbesserung des Gesamtsystems
Eine effiziente und gute Versorgung mit Leistungen liegt nicht nur an der Sozialversicherung, sondern auch an den
rechtlichen und institutionellen Systembedingungen. Daher wird die Studie auch eine genaue Untersuchung der Strukturen
beinhalten. "Dabei geht es mir nicht lediglich um die Frage ob wir zwei, drei oder 22 Sozialversicherungsträger
brauchen, sondern um das Zusammenspiel innerhalb des gesamten Systems. Leistungen sollen genau dort erbracht und
angeboten werden, wo es einen Bedarf gibt und nicht nur dort, wo Strukturen historisch gewachsen sind", so
Stöger weiter.
Die Studie wird auch die Höhe der Verwaltungskosten in einen internationalen Vergleich einordnen und erheben,
inwieweit die Strukturen der Verwaltung verschlankt werden können. Insgesamt soll die Studie die Kompetenzaufteilung
zwischen, Bund, Ländern und Sozialversicherungsträgern auf ihre Wirksamkeit prüfen und zu einer
besseren Koordinierung und Steuerung zwischen den einzelnen Partnern beitragen. Zudem soll erhoben werden, inwieweit
die Bestimmungen im Sozialversicherungsrecht vereinfacht werden können. Das betrifft die Fragen der Beitragseinhebung,
oder die einfachere Abwicklung bei Mehrfachversicherten.
Durch die Zuständigkeit für verschiedene Versichertengruppen ergibt sich auch zwangsläufig eine
sehr unterschiedliche finanzielle Situation der einzelnen Sozialversicherungsträger. Während manche Träger
nur Beschäftigte und PensionstInnen versichern, sind bei den Gebietskrankenkassen auch Arbeitslose, MindestsicherungsbezieherInnen,
und viele GeringverdienerInnen inkludiert. Das hat ganz andere Beitragseinnahmen und auch ausgabenseitige Unterschiede
zur Folge. Denn leider führt soziale Benachteiligung auch vermehrt zu gesundheitlichen Schwierigkeiten. Deshalb
soll die Studie klären, wie die Zusammensetzung der Versichertengemeinschaft bei der Mittelzuteilung besser
berücksichtigt werden kann.
Zusätzlich soll die Studie auch eine Abschätzung darüber liefern, ob bzw. in welcher Höhe,
Finanzmittel durch Betrug oder Irrtum, wie etwa Abrechungsfehler, verloren gehen und Vorschläge zur Bekämpfung
dieser Ursachen entwickeln. "Die dadurch zusätzlich zur Verfügung stehenden Mittel möchte ich
für die Leistungsharmonisierung auf ein besseres Niveau heranziehen", so Sozialminister Alois Stöger
abschließend.
|
Gleitsmann: "Es geht um Effizienz - und nicht um Suche nach Geldquellen"
Wirtschaft kritisiert Themenverfehlung bei Studienkonzept von BM Stöger zur Effizenzsteigerung
in der Sozialversicherung
Wien (pwk) - Die Bundesregierung hat Minister Stöger beauftragt, eine Studie zur Erhebung von Effizienzsteigerungen
im Bereich der Sozialversicherungsträger zu vergeben. „Das Studienkonzept, das jetzt ein halbes Jahr nach
dem Ministerratsbeschluss von ihm vorgelegt wurde, ist jedoch leider eine Themenverfehlung. Der Fokus der Regierung
sollte klar sein: Die Daten der Studie sollen zur effizienten und effektiven Nutzung der eingesetzten Finanzmittel
durch die Sozialversicherung beitragen. Stattdessen hat der Minister aber ideologische Zielbestimmungen in den
Mittelpunkt gestellt, Ideen für eine Verbreiterung der Finanzierungsbasis gewälzt und überlegt offenbar,
wie Rücklagen aufgelöst werden können“, kritisiert Martin Gleitsmann, Leiter der Abteilung Sozialpolitik
und Gesundheit der WKÖ.
Der Ansatz, Mittel weiterhin nach dem Gießkannenprinzip undifferenziert auszuschütten und dafür
noch mehr Geld ins System zu pumpen, das andernorts für notwendige Innovationen fehlt, hat sich längst
als falsch und schädlich erwiesen. Noch dazu werden die Sozialausgaben heuer erstmals mehr als 100 Milliarden
Euro betragen. „Es geht bei Effizienz nicht um die Suche nach neuen Finanzierungsquellen, sondern um Qualität!
Die Studie soll Wege aufzeigen, wie von einem Beitrags-Euro möglichst viel in eine Versicherungsleistung fließt
und nicht im Verwaltungsapparat hängen bleibt. Wo kann bei Beschaffung, IT, eigenen Einrichtungen der Sozialversicherung
besser gewirtschaftet und wo die Zielsteuerung und Kontrolle verbessert werden? Wie kann das Gesamtsystem strukturell
besser werden? Das sind die Fragen, für die wir eine Antwort suchen müssen“, stellt Gleitsmann klar.
Zu hinterfragen sei außerdem, warum das vorliegende SPÖ-Studienkonzept innerhalb der Bunderegierung
nicht abgestimmt wurde und keine Ausschreibung des Auftrags erfolgte – das Auftragsvolumen macht immerhin 630.000
Euro aus.
„Um unser Sozialversicherungssystem zukunftsfit zu machen, brauchen wir eine wissenschaftlich fundierte Analyse,
geleitet vom den Gedanken der Effizienz und Effektivität. Die ideologische Brille trübt den Blick und
leitet in die Irre“, betont Gleitsmann.
|