2016 brachte Top-Forschungsförderungen und wissenschaftliche Meilensteine
Wien (imba) - Das IMBA – Institut für Molekulare Biotechnologie der Österreichischen Akademie
der Wissenschaften, erhielt 2016 neben dem hochdotierten „Proof of Concept“ Grant des Europäischen Forschungsrats
ERC gleich zwei Fellowships für das renommierte EMBO Young Investigator Programm. Eine ganze Reihe wissenschaftlicher
Erfolge könnten in Zukunft den Weg für neue Therapieoptionen ebnen, darunter eine mögliche Prävention
von Brustkrebs, neue Therapieoptionen gegen tödliche Pilzinfektionen, sowie die Verbesserung der künstlichen
Befruchtung.
ERC Forschungsförderung für revolutionäre Gehirn-Modelle
Jürgen Knoblich, stellvertretender Direktor am IMBA, erhält mit dem „Proof of Concept“ Grant bereits
zum zweiten Mal eine hochrangige Förderung des ERC. „In unserem Projekt werden 3D-Gehirn-Organoide verwendet,
die in meiner Forschungsgruppe entwickelt wurden. Wir wollen die menschliche Gehirnentwicklung und neurologische
Erkrankungen direkt im menschlichen Gewebe untersuchen“, sagt Knoblich. 2013 publizierte er erstmals die bahnbrechende
Entwicklung eines dreidimensionalen Gehirnmodells aus humanen Stammzellen, mit welchem die Gehirnentwicklung im
frühen Embryostadium beobachtet werden kann. Das Projekt soll grundlegende Einblicke in die Entstehung neurologischer
Erkrankungen geben und Strategien für neue Therapien aufzeigen.
Auszeichnung junger ForscherInnen mit dem EMBO YIP Programm – IMBA gleichauf mit Gesamt-Deutschland
Gleich zwei IMBA-GruppenleiterInnen, Kikuë Tachibana-Konwalski und Stefan Ameres, konnten sich 2016 im
Rahmen einer sehr kompetitiven Auswahl für das EMBO Young Investigator Programm qualifizieren, das junge WissenschaftlerInnen
dabei unterstützt, ihr Potential als Weltklasse-Forscher zu entfalten. Josef Penninger, wissenschaftlicher
Direktor des IMBA, freut sich sehr über den Erfolg seiner KollegInnen: „Ich bin wirklich stolz, dass von 25
vergebenen Auszeichnungen gleich zwei ans IMBA gehen. Deutschland ist zehnmal größer und erhält
ebenfalls nur zwei. Diese Beurteilung eines unabhängigen Gremiums bestärkt mich, an unserem Weg der erstklassigen
Grundlagenforschung festzuhalten.“
Die ausgewählten WissenschaftlerInnen bekommen während der dreijährigen Laufzeit des Programms eine
Reihe von Benefits. Dazu zählen Förderungen für die Entwicklung ihrer Forschungsgruppen, wie auch
Teilnahme an beruflichen Netzwerken und Nutzung wissenschaftlichen Synergien. Kikuë Tachibana-Konwalski widmet
sich in ihrer Forschung den molekularen Kontroll-Mechanismen von Eizelle und Zygote, um altersbedingte Genommutationen
und Unfruchtbarkeit bei Frauen besser zu verstehen. 2016 brachte sie gleich durch mehrere wichtige Publikationen
Licht in die geheime Welt der Eizelle. Stefan Ameres forscht mit seiner Gruppe an kleinen RNAs und wie diese die
Aktivierung bestimmter Gene regulieren.
Wissenschaftliche Höhepunkte 2016 am IMBA
Wissenschaftliche Erklärung für Down-Syndrom & Kontroll- und Reparaturmechanismen bei der Fusion
von väterlichem und mütterlichem Erbgut
Die Gruppe um Tachibana-Konwalski konnte 2016 der modernen Reproduktionsmedizin wichtige Erkenntnisse liefern.
Zunächst eine wissenschaftliche Erklärung für das altersbedingte Auftreten des Down-Syndroms: Die
Chromosomen der Eizellen werden von einem Proteinring namens „Cohesin“ zusammengehalten, der mit dem Alter brüchig
wird. Das kann die Reifeteilung beeinflussen und zu einer falschen Verteilung der Chromosomen führen. Die
Erkenntnisse, wie sie 2016 in der Fachzeitschrift „Current Biology“ publiziert wurden, könnten auch die verminderte
Fruchtbarkeit im Alter der Frau erklären.
Eine Publikation im renommierten Fachmagazin Cell zeigte, wie die Eizelle das Gedächtnis der Samenzelle löscht
und Schäden in der männlichen DNA repariert, um aus nur einer Zelle ein ganzes Lebewesen bilden zu können.
Neue Behandlungsmöglichkeit für tödliche Pilzinfektionen
1,5 Millionen Menschen sterben jährlich durch eine Candida-Pilzinfektion. Vor allem bei einem geschwächten
Immunsystem kann sich der Pilz im ganzen Körper ausbreiten und eine gefährliche Blutvergiftung sowie
massive Organschäden auslösen. Wissenschaftlern in der Gruppe von Josef Penninger ist es nun gelungen,
einen wichtigen Mechanismus zu identifizieren, der eine Antwort des Immunsystem bremst und so die Pilzabwehr herabsetzt:
das Enzym CBL-B. Eine Blockade des Enzyms hingegen treibt das Immunsystem an und die Abwehr gegen den Pilzerreger
wird gezielt aktiviert. Die Erkenntnisse dieser Studie sind ein wichtiger Meilenstein für mögliche Behandlungsmöglichkeiten
einer systemischen Candida-Infektion. Ergebnisse der Studie erschienen 2016 in der Fachzeitschrift Nature Medicine.
Ein Medikament zur Brustkrebs-Vorsorge
Bereits vor 20 Jahren klärte Josef Penninger den Zusammenhang zwischen Osteoporose und hormonell bedingtem
Brustkrebs auf: RANKL ist das Schlüsselmolekül im Knochenstoffwechsel und wird von Sexualhormonen gesteuert.
Ist RANKL aktiv, wird das Knochengewebe abgebaut und gleichzeitig wird das Wachstum der Brustdrüsen stimuliert.
Ist es jedoch überaktiv, kann es vor allem in der Brust zu Wucherungen und Krebs kommen. Der Wirkstoff Denosumab
bindet fest an RANKL und ist bereits gegen Osteoporose und Knochenmetastasen nach Brustkrebs zugelassen. Durch
die neuen Erkenntnisse der IMBA ForscherInnen könnte das Medikament nun auch gegen die erbliche Variante von
Brustkrebs zum Einsatz zu kommen. Frauen, die eine Mutation des sogenannten BRCA1 Gens tragen, haben eine 80% Wahrscheinlichkeit,
in ihrem Leben an Brustkrebs zu erkranken. Nach der Publikation der Studie im Fachmagazin Cell sind nun umfassende
klinische Studien, die bereits im kommenden Jahr beginnen sollen, der nächste Schritt.
Durch ein Protein mit „Seifen“-Eigenschaften läuft die Zellteilung wie geschmiert
Die Zellteilung, genannt Mitose, ist ein komplexer und kritischer Prozess: wird sie nicht korrekt gesteuert,
können die Zellen entarten, schlimmstenfalls ist Krebs die Folge. Der Forschungsgruppe um Daniel Gerlich am
IMBA ist es nun gelungen, ein wichtiges molekulares Rätsel der Zellteilung zu entschlüsseln. Die sensationellen
Ergebnisse publizierten die ForscherInnen im renommierten Fachmagazin „Nature“: Zum ersten Mal wurde eine „oberflächenaktive“
Fähigkeit von Proteinen nachgewiesen: Das Protein Ki-67, legt sich wie eine Art Mantel um die Chromosomen
und besitzt ähnliche physikalische Eigenschaften wie eine Seife: Es hilft den Chromosomen beim Teilungsprozess
aneinander vorbei zu gleiten und nicht zu verkleben.
Wie sich unser Erbgut vor Mutationen schützt
Die beiden IMBA- Forschungsgruppen um Julius Brennecke und Stefan Ameres konnten 2016 im Fachbereich RNA-Biologie
einen Meilenstein setzen. Erstmals konnte geklärt werden, wie und wo in den Zellen eine Armee von „piRNAS“
gegen DNA Parasiten gebildet wird – das sind sehr kleine RNA-Sequenzen, die unser Erbgut vor Mutationen schützen,
indem sie sich auf „springende Gene“ legen, und diese blockieren. Im Fachmagazin Nature berichteten die Forscher,
wie zwei unterschiedliche Systeme genau aufeinander abgestimmt sind und diese kleinen RNAs an unterschiedlichen
Orte in der Zelle auf die passende Größe zurechtschneiden, beteiligt an diesem Prozess sind „Scheren“
namens „Nibbler“ und „Zuchini“.
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