ChemikerInnen erforschen vielfältige Stoffklasse für biologische und pharmazeutische
Anwendungen
Wien (universität) - Annette Rompel und ihr Team vom Institut für Biophysikalische Chemie der
Universität Wien erforschen so genannte Polyoxometallate. Diese weisen eine große Vielfalt auf und bieten
den WissenschafterInnen damit ein breites Spektrum an Anwendungsmöglichkeiten. In Wechselwirkung mit Enzymen
können sie die Kristallisation von Proteinen ermöglichen. Andererseits stellen die Polyoxometallate selber
Verbindungen mit großem Anwendungspotential in der Katalyse und den Materialwissenschaften dar.
Polyoxometallate (POM) sind eine Stoffklasse bestehend aus anionischen Metalloxidclustern, die eine große
strukturelle Vielfalt aufweisen, herausragende Eigenschaften besitzen und deshalb auch ein breites Spektrum an
Anwendungsmöglichkeiten bieten. Eine der prominentesten POM-Strukturen ist die so genannte Anderson-Evans-Struktur,
die von Rompels Arbeitsgruppe intensiv untersucht wird. Dazu gehört das Tellur-haltige Anderson-Polyoxowolframat
(TEW), das Rompel erstmals als erfolgreichen Zusatzstoff in der Proteinkristallisation eingesetzt hat.
"Um die Wechselwirkung zwischen einem Protein und TEW zu verstehen, haben wir versucht, Proteinkristalle in
Anwesenheit von TEW und auch ohne das TEW zu erhalten", erklärt Rompel. Dies ist für das Enzym Auronsynthase
gelungen. Dabei wurde eine neuartige Struktur erzielt, die erstmals eine Bindung zwischen dem TEW und dem Protein
aufweist. Das Kristallisationsadditiv war flexibel und konnte sich den Gegebenheiten im Protein anpassen, was TEW
als Zusatzstoff in der Proteinkristallisation besonders wertvoll macht. Mittlerweile ist es Annette Rompel gelungen,
drei verschiedene Proteine mit Hilfe von TEW zu kristallisieren.
Darüber hinaus versucht die Chemikerin nun, funktionelle Gruppen an die Anderson-Grundstruktur zu knüpfen
– mit dem Ziel, neue Materialien herzustellen. "Nach der Funktionalisierung des ersten Anderson-Polyoxowolframates
wird es nun möglich sein, neuartige funktionale Materialien herzustellen", so Rompel weiter.
Neben chemischen Anwendungen sind Rompels Erkenntnisse von hoher Relevanz für biologische, biochemische, medizinische
und pharmazeutische Studien. Protein-Kristallographie stellt gegenwärtig die produktivste und am weitesten
verbreitete Methode dar, um strukturelle Informationen über Proteine zu erhalten. Die strukturellen Erkenntnisse
sind wichtig für das Verständnis der Proteinfunktion, aber auch für die Entwicklung von Protein-Liganden-Molekülen,
was kleine organische Stoffe und auch größere Moleküle wie Antikörper sein können, die
die Proteinfunktion beeinflussen. "Unsere Untersuchungen zeigen die Bedeutung von TEW als Zusatzstoff in der
Proteinkristallisation auf. Unsere vorgeschlagene Synthesestrategie öffnet einen Weg für neue multifunktionale
organisch-anorganischen Hybridmaterialien", schließt Annette Rompel.
Die Forschungsprojekte werden finanziert durch den FWF und ein OeAD-Stipendium der Stipendienstiftung der Republik
Österreich.
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