Sebastian Kurz legt Außenpolitischen Bericht 2015 vor
Wien (pk) - Dass Österreich durch die aktuelle Flüchtlings- und Migrationsbewegung mit einer neuen,
enormen Herausforderung konfrontiert ist, macht auch der Außen- und Europapolitische Bericht 2015 der Bundesregierung
(III-334 d.B.) deutlich. Sebastian Kurz spricht sich darin einmal mehr gegen eine Politik des unkontrollierten
Zuzugs aus und plädiert für eine einheitlicher EU-Asylregelung und einen verstärkten Schutz der
EU-Außengrenze. Trotz der aktuellen Entwicklungen dürfe Österreich aber seine langfristigen Ziele
in der Außen- und Europapolitik nicht aus den Augen verlieren, gibt der Außenminister im Vorwort des
Berichts zu bedenken und bekräftigt sein Bekenntnis zur Annäherung der Staaten des Westbalkans an die
Europäische Union sowie zur Fortsetzung der Tradition Österreichs als "Brückenbauer" und
Ort des Dialogs.
Österreich plädiert für europäische Lösungen in der Flüchtlingskrise
In der Flüchtlings- und Migrationskrise braucht es, so der Bericht, einen ganzheitlichen Ansatz, der vor allem
auch die Ursachenbekämpfung in Syrien und Libyen, die humanitäre Unterstützung der Flüchtlinge
vor Ort, den verstärkten Schutz der EU-Außengrenze, eine enge Kooperation entlang der Westbalkan-Transitroute
sowie eine einheitliche Asylregelung auf EU-Ebene umfasst. Klar ist für den Außenminister, dass das
"Durchwinken" nach Mitteleuropa die Transitstaaten, aber auch die Zielländer wie Österreich,
das mit 90.000 AsylwerberInnen im Jahr 2015 die zweithöchste Pro-Kopf-Aufnahmequote aufweist, überfordert
hat. Der unkontrollierte Zuzug könne auf Dauer keine Option für Österreich und Europa sein, warnt
Kurz und begrüßt in diesem Zusammenhang die Schließung der Westbalkanroute.
Integration durch Leistung und Engagement
Vor dem Hintergrund der Migration unterstreicht der Bericht auch die Bedeutung der Integration. Österreich
sei ein Land der Chancen und biete MigrantInnen unabhängig von Herkunft, Hautfarbe oder Religion zahlreiche
Möglichkeiten. Letztlich zähle, was man zur Gesellschaft beitragen will. Mit Engagement und Leistungswillen
könne man in Österreich alles erreichen, heißt es dazu programmatisch. Ziel ist es, Asylberechtigte
und subsidiär Schutzberechtigte möglichst schnell zu integrieren und rasch selbsterhaltungsfähig
zu machen. Neben dem Spracherwerb, der Förderung von Bildung und dem Einstieg in den Arbeitsmarkt bedarf es
darüber hinaus auch der Vermittlung der österreichischen Grundwerte, steht für Bundesminister Kurz
fest.
"Ohne Westbalkan ist EU unvollständig"
Das 20 Jahr-Jubiläum von Österreichs EU-Beitritt ist für den Bericht Anlass, die nach wie vor ungebrochene
Bedeutung der Mitgliedschaft in der Europäischen Union zu unterstreichen. Als exportorientiertes Land konnte
Österreich maßgeblich vom Binnenmarkt profitieren, wobei die große Erweiterungsrunde 2004 einen
zusätzlichen Wachstumsschub ermöglicht hat. Der Beitritt zur EU habe aber nicht nur der Wirtschaft, sondern
auch den BürgerInnen neue Chancen eröffnet. So profitierten vor allem junge Menschen von der Mobilität
innerhalb der Union, Leben, Arbeiten und Studieren in verschiedenen EU-Staaten stelle heute für viele eine
Normalität dar. In der Außenpolitik wiederum bringe die Mitgliedschaft neue Einflussmöglichkeiten.
Österreich arbeite als gleichberechtigter Partner an der Weiterentwicklung der Union und an der Gestaltung
der Beziehungen Europas in der Welt mit, betont der Bericht.
Unter diesem Blickwinkel ist auch das große Interesse Österreichs an einer Annäherung der Staaten
des Westbalkans an die EU zu verstehen. Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Mazedonien, Montenegro und Serbien
seien wichtige Partner für Sicherheit, Stabilität und Wohlstand in Europa. Eine EU ohne die Länder
des Westbalkans wäre aus österreichischer Sicht unvollständig, betont Außenminister Kurz im
Bericht.
Österreich als Ort des Dialogs
Im Jahr 2015 war Österreich aber auch bei anderen außenpolitischen Themen mehr denn je eine Drehscheibe
für globale Entwicklungen. Der Bericht erinnert in diesem Zusammenhang an den Abschluss der Atomverhandlungen
mit dem Iran in Wien und sieht darin auch die Tradition Österreichs als "Brückenbauer" und
Austragungsort für heikle internationale Verhandlungen bestätigt. Durch Dialog fördere Österreich
das Vertrauen zwischen Staaten, Kulturen und Religionen und leiste damit einen Beitrag für eine Weltordnung,
die Völker- und Menschenrechte respektiert und ohne Massenvernichtungswaffen auskommt. Als zentrales Element
bezeichnet der Bericht dabei die weitere Stärkung Wiens als Amtssitz für internationale Organisationen
sowie die Rolle der Bundeshauptstadt als eines der Hauptquartiere der Vereinten Nationen.
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