Neues Modell klärt globale Muster der Ausbreitung nichtheimischer Arten
Wien (universität) - Immer mehr Pflanzen- und Tierarten werden durch den Menschen weltweit in neue
Regionen eingeschleppt. Bislang war unklar, wie die globalen Ströme der Ausbreitung verlaufen. Ein internationales
Forscherteam mit Beteiligung von Franz Essl vom Department für Botanik und Biodiversitätsforschung der
Universität Wien konnte zeigen, dass die Ausbreitungsströme in Kombination von weltweiten Handelsflüssen
und der Verteilung der Arten sehr gut nachvollziehbar sind. Die Wissenschafter kommen zu dem Schluss, dass die
Ausbreitung von nichtheimischen Arten grundsätzlich einfachen Gesetzen folgt.
Die Globalisierung von Handel und Verkehr hat in den letzten Jahrzehnten zu einer raschen Ausbreitung von Arten
über die ganze Welt geführt. Zehntausende Pflanzen und Tiere kamen in Gebiete, die sie ohne den Menschen
nie erreicht hätten. Dies führt zu einer Umverteilung der Arten rund um den Erdball; ein Umstand, der
schwerwiegende Konsequenzen hat: Einheimische Spezies werden verdrängt oder ausgerottet, die menschliche Gesundheit
kann beeinträchtigt werden und es entstehen Kosten für die Gesellschaft. Der Handel allein kann aber
die Ausbreitung von Arten nicht erklären. Um weitere "biologische Invasionen" zu verhindern, ist
es notwendig, die Wege der Ausbreitung zu verstehen.
Das internationale Forscherteam um Franz Essl untersuchte die weltweite Ausbreitung von 1.380 fremden Tier- und
Pflanzenarten. "Wir fanden ein erstaunlich deutliches Muster der globalen Ausbreitung nichtheimischer Arten.
Besonders viele Arten kommen aus Gebieten, die etwa 10.000 Kilometer vom Ort der Einschleppung entfernt sind –
das entspricht ungefähr einem Viertel des Erdumfangs. Im Gegensatz dazu stammen die meisten importierten Güter
aus den direkten Nachbarstaaten, die deutlich näher liegen. Diese Diskrepanz konnten wir uns anfangs nicht
erklären", so Franz Essl.
Die Forscher entwickelten in der Folge ein Computermodell, das die internationalen Handelsströme mit der Verteilung
der Arten auf der Welt kombinierte und somit die globalen Muster der Ausbreitung fremder Arten sehr gut erklärt.
"Es zeigte sich, dass nichtheimische Arten über vergleichsweise lange Distanzen eingeführt werden;
während über kurze Distanzen unter etwa 3.000 km hauptsächlich jene Arten transportiert werden,
die im Zielland auch vorkommen. Hier spiegeln die globalen Ausbreitungsströme der Arten sehr gut die globalen
Handelsströme wider", so Essl. Dies gilt allerdings nur für die Ersteinfuhr einer Art. Wenn sich
eine fremde Art einmal außerhalb ihrer nativen Region aufhält, kann sie auch über kurze Distanzen
andere Regionen erreichen.
Die beobachteten Muster variieren auch zwischen Pflanzen und Tiergruppen. Säugetiere, Reptilien und Fische
verbreiten sich hauptsächlich über kürzere Distanzen (3.000 km), während die Verbreitung von
Pflanzen und Vögeln über größere Distanzen erfolgt. "Wir vermuten, dass diese Unterschiede
auf unterschiedlichen Ausbreitungsarten beruhen. So können viele Pflanzen und Vögel vergleichsweise einfach
große Distanzen überbrücken, während Reptilien und Fische sich eher über kurze Wege ausbreiten",
sagt Franz Essl.
Die Ausbreitung von nichtheimischen Arten ist ein komplexer Prozess und die Datenlage ist alles andere als vollständig.
"Von daher ist es umso erstaunlicher, dass die Ausbreitung mit einfachen Modellen erklärt werden kann",
meint auch der Erstautor der Studie, Hanno Seebens vom Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum
in Frankfurt. Dies lässt hoffen, dass die Einschleppung fremder Arten in Zukunft mit Hilfe solcher Modelle
nicht nur besser verstanden, sondern auch effizienter reduziert werden kann.
|