„MS Eisvogel“: 80 Tonnen Stahl und 520 PS kämpfen gegen das Eis. Eisbrecher hält
die Hafenbecken offen und schützt ankernde Schiffe vor Eisdruck
Wien (rk) - Seit Tagen ist es bitter kalt. Auch untertags keine Spur von Plusgraden in Wien. Die Kältewelle
hat Wien voll erfasst und macht auch vor dem Hafen Wien nicht halt: Bei diesen tiefen Temperaturen frieren die
Hafenbecken sehr rasch zu. Genau dann kommt der Eisbrecher des Hafen Wien, ein Unternehmen der Wien Holding, zum
Einsatz. Er sorgt dafür, dass die Schifffahrtsrinnen in den Becken der Häfen Freudenau, Albern und Lobau
eisfrei bleiben.
Als größter Donauhafen Österreichs und einer der wichtigsten Donauhäfen in Europa muss der
Hafen Wien auch im Winter nicht nur für die Güter, die per Schiene und LKW hier umgeschlagen werden,
sondern auch für die Schifffahrt offen sein. Denn etwa ein Drittel der rund 1.100 Frachtschiffe, die pro Jahr
im Hafen Wien abgefertigt werden, legen auch in den Wintermonaten hier an.
Dazu kommt auch die ganz besondere Rolle des Hafen Freudenau als Schutz- und Winterhafen. Fest vertaut liegen hier
rund zwanzig Kreuzfahrtschiffe am Kai, um bis zum Frühling sicher zu überwintern. Regelmäßig
muss deshalb die MS Eisvogel ausrücken, um das Eis zu brechen, damit der gefährliche Eisdruck nicht die
Rümpfe der vor Anker liegenden Donau-Kreuzer beschädigt.
Eis-Alarm
Bei Temperaturen ab minus sechs Grad frieren die Fahrrinnen der Hafenbecken innerhalb eines Tages zu. Ab minus
15 Grad würde das Hafenbecken sogar innerhalb weniger Stunden zur riesigen Eisfläche werden. Doch mit
Hilfe der „Eisvogel“ bleiben die Rinnen offen und die Schiffe sicher.
80 Tonnen bringt der 32 Meter lange und sechseinhalb Meter breite Eisbrecher auf die Waage. Derzeit ist das Eis
„nur“ bis zu 15 Zentimeter dick. Kein Problem für die „Eisvogel“, sie bricht das Eis mit der Kraft ihres Buges
und schiebt die Schollen zur Seite. Bis zu 12 Millimeter dicker Stahl schützt den Rumpf vor den scharfen,
harten Eiskanten. Die 520 PS starken Dieselmotoren schieben den Koloss im Schritttempo Meter um Meter voran. Wird
das Eis noch dicker, dann kann die „Eisvogel“ zusätzlich noch etwa 30 Tonnen an Wasserballast aufnehmen. Das
Schiff hievt sich dann auf die Eisplatte und bricht sie mit seinem Gewicht in Stücke. „Bis zu 60 Zentimeter
dickes Eis können wir so brechen“, erklärt Kapitän Wolfgang Steindl. Zuletzt war das im Jahr 1985
der Fall, bei tagelanger Kälte mit bis zu minus 20 Grad. „Dann vibriert im Kampf gegen die Eismassen der ganze
Schiffskörper, Heckwasser schäumt auf und laut knirschend bricht das Eis in Stücke“, so Steindl.
Stundenlange Schwerstarbeit
Bis zu zwei Stunden werden bei einer 15 Zentimeter dicken Eisschicht benötigt, um eine Fahrrinne in den
drei Wiener Häfen (Hafen Albern, Hafen Freudenau und Ölhafen Lobau) zu brechen. Fünf Mann Besatzung
arbeiten auf der „Eisvogel“: ein Kapitän, ein Maschinist, ein Steuermann und zwei Männer an Deck. Der
Job ist kein einfacher. Fitnesstraining im Winter braucht die Besatzung nicht. Denn die „MS Eisvogel“ auf Kurs
zu halten, bedeutet Schwerarbeit. Das Eis hält dagegen und drängt das Schiff immer wieder ab. Wer am
Ruder steht, braucht jede Menge Muskelkraft, aber auch das notwendige Fingerspitzengefühl, vor allem dann,
wenn der Eisbrecher nah an die Kaimauer heranmanövriert wird.
Keine Sommerpause für die „Eisvogel“
Der Eisbrecher des Hafens Wien hat aber nicht nur im Winter alle Hände voll zu tun. Auch in der warmen
Jahreszeit ist der Koloss nicht auf Sommerfrische. Er macht auf den Donauwellen das ganze Jahr über eine gute
Figur. Etwa bei den Besichtigungsfahrten durch die Hafenbecken. Oder er hilft havarierten Schiffen aus ihrer misslichen
Lage. Denn die „Eisvogel“ ist auch als Bergeschiff im Einsatz.
MS Eisvogel
Baujahr: 1955
Länge: 32,0 Meter
Breite: 6,5 Meter
Gewicht: 80 Tonnen (zusätzlich ca. 30 Tonnen Wasserballast möglich)
Antrieb: Zwei Dieselmotoren à jeweils 260 PS (im Summe 520 PS)
Rumpfstärke: 6–12 mm dicker Stahl
Zum Hafen Wien
Der Hafen Wien ist ein Unternehmen der Wien Holding. Rund 2.000 Kilometer entfernt vom Schwarzen Meer und rund
1.500 Kilometer von der Nordsee, punktet der Hafen Wien mit seiner optimalen direkten Anbindung an die drei Verkehrsträger
Schiff, Eisenbahn und LKW sowie mit der Nähe zum Flughafen Wien-Schwechat. Diese Standortvorteile steigern
die Bedeutung des Hafen Wien für die Wirtschaft im gesamten CEE-Raum und machen ihn zum idealen Hub zwischen
Ost und West sowie zu einem der großen europäischen Binnenhäfen an der Donau. Hier werden allein
vom Hafen Wien selbst pro Jahr bis zu acht Millionen Tonnen Güter umgeschlagen.
Mit einer Fläche von drei Millionen Quadratmetern ist dieses Logistikareal das größte Güterverkehrszentrum
in Österreich. Es beherbergt den größten öffentlichen Donauhafen Österreichs mit den
Frachthäfen Freudenau, Albern und Lobau. Und auch die Personenhäfen bei der Reichsbrücke und am
Donaukanal gehören dazu. Neben diesen Gesellschaften der Hafen Wien-Gruppe haben sich mittlerweile rund 120
hauptsächlich logistiknahe Unternehmen auf dem Areal angesiedelt, darunter weltweit agierende Logistiker,
wie etwa Schenker, Kühne & Nagel, DHL oder die Rail Cargo Austria sowie zahlreiche Unternehmen aus dem
Handels- und Baubereich oder der Treibstoffbranche. Insgesamt arbeiten rund 5.000 Beschäftigte im Hafen Wien
und den dort angesiedelten weiteren Unternehmen.
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