Über Herkunftskennzeichnung und Wertschätzung zur Wertschöpfung
Brüssel/Wien (lk-oe) - "Die Milchbauern rutschten im Vorjahr in eine schwere Krise: Die Preise
verfielen, ein Ende des Preistiefs schien nicht absehbar. Erst als die Europäische Kommission den Vorschlag
Österreichs umsetzte, eine zwischen Milchbauern und Molkereien koordinierte Lieferreduktion ermöglichte
und auch finanziell abfederte, stabilisierte sich der Milchmarkt. Dabei war es, neben der reduzierten Anlieferung,
das international spürbare Signal an den Markt, das den positiven Nachfrageeffekt auslöste und Preisverbesserungen
ermöglichte. Dieses erfolgreich eingesetzte flexible Instrument soll nun als 'Flexi-Tool' in eine künftige
EU-Agrarpolitik fix eingebaut werden. Denn der stärker werdende Klimawandel und die spürbar unsicherer
gewordene internationale Politik bringen Märkte immer wieder aus dem Gleichgewicht. Daraus entstehende Unter-
oder Überangebote und das 'Zuwenig' und das 'Zuviel' zerstören Vermögen und bäuerliche Strukturen.
Neue, flexible und marktsensible Instrumente hingegen schaffen Stabilität, sichern Landwirtschaft sowie Verarbeitungsbetrieben
wirtschaftlichen Erfolg und garantieren die Grundabsicherung der Gesellschaft mit Nahrungsmitteln. Denn ohne eine
ausreichende Anzahl von Bäuerinnen und Bauern ist diese Absicherung gefährdet", erklärte LK
Österreich-Präsident Hermann Schultes am 20.01. vor Journalisten im Rahmen der "Grünen Woche"
in Berlin.
"Nach der 'reinen Lehre des Marktes' endet eine sich immer schneller nach unten drehende Preisspirale erst
dann, wenn der größte Teil der kleinen und mittleren Höfe bereits wirtschaftlich am Ende ist. Einkäufer
gehen bis an die Schmerzgrenze. Dabei spielen die Geschäftsführer der Verarbeitungsbetriebe genauso wie
die Einkäufer des Handels mit Existenzen und ziehen den eigenen bäuerlichen Lieferanten den wirtschaftlichen
Boden unter den Füßen weg; denn billiger geht immer, besser jedoch nur von und mit den Bauern - solange
es sie gibt. Mit Billigstpreisen und -waren lässt sich aber nicht dauerhaft die Zukunft sichern. Vermögen
wird vernichtet, auch das eigene. Die 'Geiz-ist-geil'-Mentalität übersieht, dass ein international vernetzter
Markt nur mit hoher Qualität gute Preise bringt. Erst das schafft die wirtschaftliche Basis für alle
am Markt Beteiligten. Wenn jedoch nur noch einige wenige große Einheiten überleben können, verliert
die Gesellschaft nicht nur Tausende Höfe, sondern auch alle anderen Leistungen, die mit der Landwirtschaft
verbunden sind, wie die Sicherung und Pflege der Lebens- sowie Erholungsräume oder Lebensmittel bester Qualität
und gesicherter Herkunft", erklärte Schultes, warum die Landwirtschaft neue Lenkinstrumente in einer
künftigen Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) braucht.
Dank an Minister und EU-Kommissar
"Bei der Milch war schnell klar, dass die Anbieter gemeinsam die Zielmengen zu ihren Gunsten reduzieren
mussten. Dass sie das durften, dafür brauchten sie die Hilfe und den Rechtsschutz der EU-Kommission. Auch
Geld war notwendig, um die Gutwilligen, die ihre Mengen in schwierigen Marktsituationen bremsen, finanziell abzufinden.
Wir haben damals diesen Vorschlag in die EU-Bauernvertretung COPA eingebracht, Landwirtschaftsminister Andrä
Rupprechter hat ihn offiziell in der Europäischen Kommission eingereicht und EU-Kommissar Phil Hogan setzte
ihn um. Ihnen sei dafür gedankt", so Schultes weiter und er ergänzte: "Die Aktion der EU-Kommission
hat die Erwartungshaltung des Marktes in Richtung Kaufbereitschaft verändert. Die Folge waren erfreulicherweise
steigende Preise. Die jüngste Kritik der europäischen Milchindustrie an der erreichten Lösung ist
daher extrem kurzsichtig."
Herkunft bringt Wertschöpfung
"Österreichs Bäuerinnen und Bauern sowie die von ihnen produzierten Nahrungsmitteln gehören
zu den besten, jedoch keinesfalls zu den billigsten im EU-Vergleich. Dort, wo die Kunden die heimische Qualität
erkennen, spürt man auch eine hohe Wertschätzung der Produkte, die auf Dauer die notwendige Wertschöpfung
sichert. Wir erleben das beim Wein, aber auch bei Milchprodukten, wo Bio, Heumilch oder auch regionale Herkünfte
gefragt sind. AMA-Gütesiegel und sichere Herkunftsbezeichnung schaffen bei allen Lebensmitteln Vertrauen.
Herkunft zählt und erkennbare Herkunft schafft Vertrauen wie auch Mehrwert", hob Schultes hervor.
"Gut zu wissen"
"Bereits seit zwei Jahren arbeiten wir intensiv daran, Herkunft sichtbar zu machen und so dem Kunden seinen
Einkauf zu erleichtern. Im Parlament wurden im Herbst 2015 die Zugangsregeln für die geschützten europäischen
Herkunftsangaben, wie geschützte Ursprungsbezeichnung (g.U.) und geschützte geografische Angabe (g.g.A.),
wesentlich vereinfacht. Auch die Vergaberichtlinien wurden im Sinne heimischer Qualität novelliert. Seit damals
können Einkäufer öffentlicher Küchen bei der Ausschreibung dem Bestbieter vor dem Billigstbieter
den Vorzug geben. Seit dem Vorjahr wollen wir mit "Gut zu wissen! Unser Essen, wo's herkommt" dem Gast
in der öffentlichen Verpflegung die Möglichkeit geben, zu erfahren, woher Fleisch oder Eier auf dem Teller
stammen. Derzeit wird "Gut zu wissen" mit den dazu gehörenden AMA-Richtlinien abgestimmt, Gespräche
mit den großen Verpflegungsgastronomen verlaufen sehr positiv. Das Land Niederösterreich stellt alle
Verpflegungseinrichtungen nach diesem System bereits um, eine Reihe weiterer Betriebe macht heute schon auf freiwilliger
Basis mit", konkretisierte Schultes.
"Herkunftskennzeichnungen geben den Verbrauchern die Freiheit zur Entscheidung und sind Voraussetzung dafür,
dass heimische Spitzenqualität wirtschaftlichen Erfolg am Markt hat. Das beweisen Produkte, die mit dem AMA-Gütesiegel
vermarktet werden: Hier beträgt der für die Bauern preiswirksame Wertschätzungseffekt mindestens
60 Mio. Euro. Nicht mitgerechnet sind in dieser Summe der gesamte Bereich Bio, der Heumilchzuschlag, die Qualitätsprämien
im Kartoffel- oder Getreidebereich oder die DAC-Komponente beim Wein. Das ist der Vermarktungserfolg vieler Initiativen,
die ebenfalls unsere Kontrollsysteme in Mehrwert umsetzen. Bäuerinnen und Bauern leben davon, dass ihre Produkte
sowie Leistungen wegen ihrer Herkunft Wertschätzung erleben und angemessene Preise erzielen. Daher werden
wir weiterhin danach trachten, Herkunft noch besser sichtbar zu machen", führte Schultes abschließend
aus.
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