73 Hektar wertvollen Lebensraums, vor allem für die Vogelwelt, wurden heute im Grazer
Norden zum Naturschutzgebiet erklärt.
Graz (stadt) - Da ist das Wort „Meilenstein" keine Übertreibung: Mit der Erklärung von 73
Hektar wertvollen Naturraums im Grazer Norden zum „Naturschutzgebiet Weinzödl" beschreitet die steirische
Landeshauptstadt neue Wege zum Schutz bedrohter Tier- und Pflanzenarten. Zum Vergleich: Die bisher ausgewiesenen
vier Naturschutzgebiete in Graz haben eine Gesamtgröße von 5,5 Hektar. Und: Fast drei Jahrzehnte ist
es her, seit mit der Erklärung des 22 Hektar großen Stadtparks 1987 und des 19 Hektar großen Schloßbergs
1988 zu geschützten Landschaftsteilen die bis dato letzten bedeutenderen Unterschutzstellungen im Grazer Stadtgebiet
registriert wurden.
Unterschrift des Bürgermeisters fixierte „großen Wurf“
Seit Bürgermeister Mag. Siegfried Nagl am 19.01. um Punkt 11.25 Uhr seine Unterschrift unter die entsprechende
Verordnung setzte, ist der ganz große Wurf fixiert: Entlang einer zwei Kilometer langen Fließstrecke
der Mur zwischen dem Kraftwerk Weinzödl und dem Pongratz-Moore-Steg zwischen Andritz und Gösting werden
73 Hektar wertvollen Lebensraums mit dem deutlich strengeren Schutzstatus eines Naturschutzgebiets belegt. Damit
wird der Lebensraum zahlreicher Tiere und Pflanzen, vor allem bedrohter Vogelarten, nachhaltig geschützt.
Um den Größenvergleich zu verdeutlichen: Das neue Naturschutzgebiet Weinzödl ist rund dreieinhalb
Mal so groß wie der geschützte Landschaftsteil Stadtpark. Insgesamt sind somit in ganz Graz rund 78,5
Hektar als Naturschutzgebiet und weitere 94 Hektar als geschützte Landschaftsteile auswiesen.
Freude bei allen Beteiligten
Freude bei (von links) Ornithologen Mag. Emanuel Lederer, Naturschutzbeauftragtem Dr. Wolfgang Windisch, Bürgermeister
Mag. Siegfried Nagl, Ornithologen Dr. Ernst Albegger und beim Andritzer Bezirksvorsteher Johannes Obenaus. (Foto:
Stadt Graz)Freude bei (von links) Ornithologen Mag. Emanuel Lederer, Naturschutzbeauftragtem Dr. Wolfgang Windisch,
Bürgermeister Mag. Siegfried Nagl, Ornithologen Dr. Ernst Albegger und beim Andritzer Bezirksvorsteher Johannes
Obenaus. (Foto: Stadt Graz)
Entsprechend erfreut zeigten sich die Initiatoren heute bei der Präsentation des Projekts: Bürgermeister
Mag. Siegfried Nagl betonte die Einbeziehung aller Interessensgruppen in der sorgfältigen Vorbereitung, der
Grazer Naturschutzbeauftragte Dr. Wolfgang Windisch verglich die historische Wertigkeit der Installierung des Schutzgebiets
gar mit dem Freikauf des Stadtparks durch die Grazer BürgerInnen vor 150 Jahren. Der Ornithologe Dr. Ernst
Albegger verwies auf die vielfältigen Vorteile des Schutzgebiets für die Vogelwelt in Graz, und Mag.
Günther Schiffrer vom Referat für Umwelt- und Gesundheitsrecht der Grazer Bau- und Anlagenbehörde
erläuterte die rechtlichen Auswirkungen. Menschliche Aktivitäten bleiben bei schonendem Umgang mit der
Natur erlaubt. Für manche Nutzungen sind künftig jedoch Bewilligungen nötig, anderes wird tabu.
Idee zum Schutzgebiet entstand vor zehn Jahren
Die Initialzündung zur Einrichtung eines „Vogelschutzgebiets Graz-Nord", so der damalige Arbeitstitel,
stammt vom Grazer Ornithologen Mag. Emanuel Lederer, der bereits seit rund drei Jahrzehnten die Vogelvorkommen
links und rechts der Mur beobachtet. Im Jahr 2007 wurde die Idee im Rahmen der BürgerInnenbeteiligungs-Initiative
„Zeit für Graz" erstmals formuliert, jetzt ist es nach Abschluss der entsprechenden Erhebungen und Dokumentationen
soweit. Von den insgesamt 144 Vogelarten, die in Graz kartiert sind, wurden nicht weniger als 134 im neuen Schutzgebiet
nachgewiesen, bei 49 von ihnen wurden erfolgreiche Bruten in dem Areal beobachtet. Neben bemerkenswerten Vorkommen
von Wasseramsel und Gänsesäger halten sich in dem Gebiet auch in den Roten Listen bedrohter Tierarten
verzeichnete Vögel wie Flussuferläufer, Halsbandschnäpper, Baumfalke, Kleinspecht und Gartenbaumläufer
auf. Im Wasser finden auch geschützte Tierarten wie die Würfelnatter oder der größte Fisch
aus der Gruppe der Salmoniden, der Huchen, Raum zum Leben und zur Fortpflanzung.
Wichtiger Winterrastplatz im Stadtgebiet
Besonderen Wert hat das neue Naturschutzgebiet Weinzödl für die Winterrast von Vögeln. Dass hier
so viele Arten vertreten sind, liegt vor allem an der naturnahen und vielfältigen Strukturierung des Areals.
Wasser und Uferbereiche sind gleichfalls vorhanden wie Wälder und offene Wiesen. All das macht die Zone zum
Biotop, in dem Platz zur Rast ebenso geboten wird wie zur Fortpflanzung - und ein reichhaltiges und vielfältiges
Nahrungsangebot. Das Wasserband der Mur dient zudem als wichtige Orientierungslinie für den Vogelzug auf dem
Weg in Richtung Sommer- oder Winterquartier.
Was ändert sich für die Nutzung?
Der neue Schutzstatus bedeutet ein Verschlechterungsverbot für das gesamte Areal: Für alle Vorhaben
wie Brunnenbauten oder andere Nutzungen besteht künftig eine Bewilligungspflicht, auch der Wassersport ist
nur noch mit Genehmigung erlaubt. Außer den vorhandenen Wegen, die auch von SpaziergängerInnen gerne
benutzt werden, dürfen keine neuen Pfade mehr angelegt werden, und die Schotterinseln sind künftig zum
Schutz der bodenbrütenden Vogelarten für die Fischer tabu: Sie dürfen nicht mehr betreten werden.
Informationsleitsystem geplant
Um die Menschen auf die Naturschätze und deren Schutzwürdigkeit hinzuweisen, ist die Installierung
eines Informationsleitsystems vorgesehen. Auch die Errichtung eines Beobachtungsturms auf Andritzer Seite wird
geprüft. Die Verantwortlichen der Stadt Graz sind sich einig: Man erhält nahe des dicht verbauten Stadtgebiets
eine nachhaltige Zone zur Naherholung, in der auch bedrohte Tier- und Pflanzenarten einen Rückzugs-, Lebens-
und Fortpflanzungsraum finden. Die darin einbezogenen Grundstücke sind übrigens im Besitz von Bund, Stadt
und Holding Graz sowie des Verbunds.
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