Bundespräsidenten-Wahl, Hypo-U-Ausschuss, Ban Ki-moon, "Geste der Verantwortung",
Tag der offenen Tür, Parlamentssanierung
Wien (pk) - Das Jahr 2016 war auch für das österreichische Parlament ein ungewöhnliches.
Weil das Land nach der Aufhebung der Bundespräsidenten-Stichwahl durch den Verfassungsgerichtshof ab 8. Juli
ohne Staatsoberhaupt dastand, musste das Präsidium des Nationalrats über mehrere Monate hinweg in die
Bresche springen. Noch bis zum 26. Jänner, dem Tag der Angelobung von Alexander Van der Bellen, wird Nationalratspräsidentin
Doris Bures gemeinsam mit ihren Amtskollegen Karlheinz Kopf und Norbert Hofer die Geschäfte des Bundespräsidenten
führen.
So außergewöhnlich diese Situation ist, die Interimslösung hat sich – retrospektiv betrachtet –
als praktikabel erwiesen. Das hebt Nationalratspräsidentin Bures im Vorwort zum soeben erschienenen Jahresbericht
2016 des Nationalrats hervor. Auf knapp 100 Seiten wird Bilanz über das vergangene Parlamentsjahr gezogen.
Die Themenpalette reicht vom Hypo-Untersuchungsausschuss über die Gesetzesstatistik bis zum Wechsel an der
Spitze der Bundesregierung, von der Wahl der neuen Rechnungshofpräsidentin bis hin zum Tag der offenen Tür,
der aufgrund des bevorstehenden Umzugs des Parlaments erstmals auf zwei Tage ausgedehnt wurde.
Es habe sich gezeigt, "dass Österreich ein gut funktionierender Rechtsstaat und eine stabile Demokratie
ist und dass wir eine Bundesverfassung haben, die auch in komplexen Zeiten einen klaren und guten Weg weist",
hält Bures in Bezug auf ihre temporäre Zusatzfunktion fest und streicht die professionelle Zusammenarbeit
im Kollegium heraus. Auch insgesamt ist die Nationalratspräsidentin zufrieden: Die Rede von UN-Generalsekretär
Ban Ki-moon vor dem Plenum, die erfolgreiche Bewährungsprobe für die neue Verfahrensordnung für
U-Ausschüsse, der sehr emotionale Staatsakt für ehemalige Heimkinder im historischen Sitzungssaal des
Parlaments und der von der Künstlergruppe "wenn es soweit ist" mitgestaltete Tag der offenen Tür
gehören für sie zu den Höhepunkten des vergangenen Parlamentsjahres.
Sehen lassen kann sich auch die Gesetzesstatistik. Insgesamt wurden 2016 in 49 Plenarsitzungen 129 Gesetze beschlossen
sowie 12 Staatsverträge und 7 Vereinbarungen mit den Bundesländern genehmigt. Dazu kommen 142 Ausschusssitzungen,
24 Sitzungen von Unterausschüssen, 2 Enqueten und mehr als 3.800 schriftliche Anfragen an die Bundesregierung.
31 Mal trat der Hypo-U-Ausschuss zusammen, bevor er im Herbst einen fast 1.500 Seiten starken Endbericht vorlegte.
Ebenso in der Statistik vermerkt: 6 Fragestunden, 10 Aktuelle Stunden, 4 Europastunden, 4 Dringliche Anfragen und
2 Dringliche Anträge.
Weiterhin im Plan ist das Großprojekt Generalsanierung. 2016 war in diesem Sinn das letzte Jahr, in dem die
Budgetverhandlungen im Budgetsaal des Hohen Hauses stattfanden. Auch auf den gewohnten Plenarsaal müssen SitzungsteilnehmerInnen
und FernsehzuschauerInnen bald verzichten. Ab Mitte 2017 wird der Parlamentsbetrieb vorübergehend für
drei Jahre in die Hofburg und die umliegenden Ausweichquartiere übersiedeln. Der Umzug zählt zu einer
der großen Herausforderungen für das Parlament im heurigen Jahr.
Weitere Beiträge im Jahresbericht befassen sich mit den vielfältigen internationalen Kontakten des Nationalratspräsidiums
und der Abgeordneten, der Arbeit der Volksanwaltschaft und dem Gedenktag gegen Gewalt und Rassismus mit dem jüdischen
Zeitzeugen Marko Feingold als besonderem Gast. Außerdem wird an den verstorbenen Roma-Vertreter Rudi Sarközi
erinnert und auf die Bedeutung von Politischer Bildungsarbeit, etwa durch Lehrlings- und Schülerparlamente,
verwiesen. Auch die Klubobleute der sechs Parlamentsfraktionen kommen zu Wort. Der Jahresbericht ist, wie auch
die Jahresberichte der vergangenen Jahre, auf der Website des Parlaments abrufbar.
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