„Mikro-ÖV“-Strategie sieht jährlich 1,5 Mio. Euro Fördermittel vor
Graz (lk) - „Mikro-ÖV“ (Mikro-Öffentlicher-Verkehr) beschreibt unterschiedliche Nahmobilitätsangebote
für den Personenverkehr, vorrangig auf kommunaler Ebene. In ländlichen Räumen und peripheren Gebieten
ist die Abhängigkeit vom privaten Pkw oft sehr groß. Dies stellt insbesondere Personen ohne Zugang zu
einem Pkw vor enorme Herausforderungen. „Mikro-ÖV-Angebote im Sinne unserer steiermarkweiten Strategie sind
bedarfsorientiert, flexibel und in ihrer Größenordnung im Vergleich zum konventionellen Linienverkehr
eher klein gehalten - ‚mikro‘ eben, aber für die Betroffenen umso wichtiger“, betonten der für die steirischen
Regionen zuständige LH-Stv. Michael Schickhofer und Verkehrslandesrat Anton Lang anlässlich der am 19.01.
in Graz präsentierten „Mikro-ÖV"-Strategie Steiermark.
Steirische Gemeinden, wie zum Beispiel Trofaiach oder Gratwein-Straßengel sind bis dato sehr erfolgreiche
Pioniere im „Mikro-ÖV“. In Trofaiach etwa nutzen mehr als 20.000 Fahrgäste pro Jahr den „gMeinBus“, der
seit 2013 in Betrieb ist. In Gratwein-Straßengel wird der „rufmi“ – seit Oktober 2016 in Betrieb – mittlerweile
von knapp 400 Fahrgästen pro Monat gerufen.
„Jede Steirerin und jeder Steirer, egal ob arm oder reich, ob auf dem Land oder in der Stadt muss die Möglichkeit
haben, mobil zu sein. Auch bis ins hohe Alter und in jeder Region. Daher schaffen wir ganz gezielt und bedarfsorientiert
Angebote, damit jeder Mensch in der Steiermark auch ohne eigenen Pkw bis ins hohe Alter mobil bleiben kann. Unser
Ziel ist es, gemeinsam mit dem Mikro-ÖV einen flächendeckenden 1-Stunden-Takt zu ermöglichen. Auch
das macht eine lebenswerte Steiermark aus und gibt den Menschen Sicherheit“, brachte es LH-Stv. Schickhofer auf
den Punkt. Und Verkehrslandesrat Lang ergänzte: „Die Unterstützung des bestehenden Linien-ÖV-Angebotes
hat für uns oberste Priorität. In Kombination mit Mikro-ÖV-Angeboten besteht die Chance, tagsüber
gleichsam einen flächendeckenden 1-Stunden-Takt anzubieten. Der bestehende ÖV-Linienverkehr wird zeitlich
ergänzt und dessen Erreichbarkeit aus Gebieten ohne ÖV-Angebot sichergestellt. Bedienungszeit und Einsatzgebiet
werden jeweils an die Gemeinde beziehungsweise an die Region angepasst. Die Mikro-ÖV-Angebote werden sich
somit von Gebiet zu Gebiet unterscheiden“, so Lang.
Das Land Steiermark wird künftig Mikro-ÖV-Angebote fördern. Gemeinden, als verantwortliche Träger
der Mikro-ÖV-Angebote, können für neue und auch für bestehende Projekte um Fördergelder
ansuchen, wobei die finanziellen Möglichkeiten der Gemeinden über die Steuerkraftkopfquote entsprechend
berücksichtigt werden. Insgesamt werden im Landesbudget pro Jahr 1,5 Millionen Euro für Mikro-ÖV-Projekte
vorgesehen. Ab 1. Februar ist die Einreichung von Projekten möglich, die erste Einreichfrist endet Ende Mai
2017. In einer zweijährigen Probephase beträgt die Förderhöhe 30 Prozent (max. 30.000 Euro),
im Dauerbetrieb für mindestens fünf Jahre (mit Möglichkeit der Verlängerung) 20 Prozent (max.
20.000 Euro).
„Mikro-ÖV- Angebote können nicht alle Herausforderungen der Erreichbarkeit im ländlichen Raum lösen,
dennoch werden sie einen soliden Beitrag zur Erreichbarkeit in der Steiermark abseits der Hauptachsen des ÖV
leisten. Gleichzeitig bieten sie Menschen neue Möglichkeiten und schärfen deren Mobilitätsbewusstsein.
Das ideale Mikro-ÖV-Angebot kann also bestehende Linienverkehre zeitlich ergänzen, die letzte Meile überwinden
und als Zubringer zu Angeboten der Daseinsvorsorge oder dem weiterführenden ÖV fungieren. Die Förderung
von Mikro-ÖV-Angeboten ist somit ein wesentlicher Baustein in der weiteren Entwicklung eines zukunftsfähigen
Mobilitätsangebotes in der Steiermark“, betont Lang.
Bernhard Breid, Leiter des Referates Öffentlicher Verkehr in der Abteilung 16, hat konkrete Zahlen bei der
Hand: „Die Analyse des bestehenden ÖV-Angebotes hat gezeigt, dass im Umkreis von 1000 Metern zur nächsten
Haltestelle rund 6 Prozent, das sind zirka 70.000 Personen, kein ÖV-Angebot zur Verfügung steht. 32 Prozent
der steirischen Bevölkerung werden nur bis zu vier Abfahrten angeboten. Ferner hat die Analyse einer Vielzahl
von bereits umgesetzten Beispielen gezeigt, dass die Einbindung vieler AkteurInnen und der stets kritische Blick
auf die Entwicklung maßgebliche Faktoren für den Erfolg von Mikro-ÖV Angeboten sind“, so Breid.
Die sieben Grundsätze der „Mikro-ÖV"-Strategie Steiermark.
Die „Mikro-ÖV"-Strategie des Landes Steiermark fußt auf folgenden 7 Grundsätzen:
1. „Mikro-ÖV" leistet für viele Menschen - insbesondere im ländlichen Raum - einen wichtigen
Beitrag zur Aufrechterhaltung und Sicherung von Daseinsgrundfunktionen
Mobilität ist eine wichtige Voraussetzung zur Erfüllung von Daseinsgrundfunktionen, etwa Gesundheitsversorgung,
Behördenwege, Einkäufe. Insbesondere im ländlichen Raum ist daher ein Grundangebot an ÖV unverzichtbar.
„Mikro-ÖV" erfüllt in diesen Gebieten, in denen aufgrund der geringen Nachfrage keine Regionalbusse
verkehren oder Haltestellen des ÖV nicht mehr fußläufig oder mit dem Fahrrad erreichbar sind, eine
wichtige (Zubringer-)Funktion.
2. „Mikro-ÖV" leistet einen Beitrag zur sozialen Inklusion
Jugendliche und junge Erwachsene sowie weitere Personen ohne Führerschein, SeniorInnen und in ihrer Mobilität
eingeschränkte Menschen aber auch Menschen, die sich keinen eigenen Pkw leisten können oder wollen, sind
auf alternative Mobilitätsangebote, insbesondere Angebote des ÖV angewiesen. Teilhabe am sozialen Leben
- das reicht vom Besuch von Verwandten und FreundInnen über die Teilnahme am Musikschulunterricht oder am
Sporttraining bis hin zum Besuch von Veranstaltungen oder Ausstellungen - ist in vielen Regionen der Steiermark
ohne Überwindung großer Entfernungen nicht möglich. Auch hier leistet „Mikro-ÖV" (in
Kombination mit dem Linienangebot des ÖV) einen unverzichtbaren Beitrag.
3„Mikro-ÖV" soll einen Beitrag zur Erhöhung des Modal-Split-Anteils des Öffentlichen Verkehrs
leisten
Neben dem Zu-Fuß-Gehen und dem Radverkehr ist der Öffentliche Verkehr (ÖV) die zentrale nachhaltige
Mobilitätsform. „Mikro-ÖV" dient direkt und indirekt (durch seine Zubringerfunktion) der Vermeidung
von Fahrten mit dem privaten Pkw und erhöht somit den Anteil des ÖV am Modal Split.
4. „Mikro-ÖV" darf nie in Konkurrenz zu den Linienangeboten des Öffentlichen Verkehrs treten,
sondern soll - wo immer das möglich ist - als Zubringer fungieren
„Mikro-ÖV" versteht sich als Teil des Öffentlichen Verkehrs, er sollte so konzipiert sein, dass
eine bestmögliche Abstimmung mit dem bestehenden, liniengebundenen ÖV gewährleistet ist. Er ist
so zu planen, dass - wenn vorhanden - Haltestellen des Linienverkehrs bedient werden und somit die Zubringerfunktion
betont wird. Keinesfalls darf „Mikro-ÖV" in Konkurrenz zum bestehenden ÖV treten. Synergien von
„Mikro-ÖV"-Angeboten mit anderen bestehenden Verkehren sind entsprechend zu überprüfen und
bestmöglich zu nutzen. Das sind z. B. SchülerInnen-Gelegenheitsverkehre, Kindergartenfahrten und andere
spezifische Transportdienste.
5. Vorrangige Zielgruppen
- Jugendliche und junge Erwachsene
- SeniorInnen
- ökonomisch benachteiligte Personen
- Menschen mit eingeschränkter Mobilität
- PendlerInnen
Je nach Bedarf und örtlichen Gegebenheiten können und sollen zusätzlich weitere Zielgruppen bedient
werden. Vorwiegend touristische Angebote (wie z. B. Schibusse) werden von der „Mikro-ÖV"-Strategie Steiermark
nicht erfasst.
6. „Mikro-ÖV" erfordert sorgfältige Planung
Der Einführung eines „Mikro-ÖV"-Angebotes hat eine sorgfältige Planung voranzugehen. „Mikro-ÖV"-Systeme
sind im Sinne der Nachhaltigkeit zu planen und umzusetzen (ökologisch, sozial, ökonomisch). Bereits in
der Planungsphase ist die Bevölkerung einzubeziehen.
7. Qualitätsverbesserung durch regelmäßige Evaluierung
Durch die Erfassung der Anzahl der Fahrgäste, der Nachfrageentwicklung und des Beförderungszwecks,
der Zubringerfunktion zum ÖV und der Kosteneffizienz sind die Voraussetzungen für eine aussagekräftige
Evaluierung gegeben. In dieser Evaluierung sind die Ergebnisse einer regelmäßigen Erhebung der Fahrgastzufriedenheit
einzubeziehen.
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