Wien (bmj) - Im Ministerrat wurde am 17.01. der Entwurf von Justizminister Wolfgang Brandstetter zum neuen Erwachsenenschutzgesetz
beschlossen. „Diese Reform ist ein Meilenstein im Bereich des Erwachsenenschutzes und stellt die Menschlichkeit
in den Mittelpunkt. Mit dem heute verabschiedeten Entwurf stärken wir die Autonomie und Selbstbestimmung des
Einzelnen und ermöglichen betroffenen Personen, künftig ein Leben nach ihren Wünschen und Vorstellungen
zu führen“, freut sich Bundesminister Brandstetter.
Das neue Erwachsenenschutzgesetz soll das bisherige bereits 30 Jahre alte System der Sachwalterschaft ersetzen
und an die heutigen Anforderungen anpassen: Konkret heißt das, dass der Sachwalter zum gerichtlichen Erwachsenenvertreter
wird und man künftig das Erwachsenenschutzgesetz in vier Bereiche der Vertretung unterteilt:
die gerichtliche, die gesetzliche und die gewählte Erwachsenenvertretung sowie die Vorsorgevollmacht. Durch
diese Unterteilungen werden verschiedene Möglichkeiten der Vertretung einer unterstützungsbedürftigen
volljährigen Person mit mehr Selbstbestimmung geschaffen. Künftig soll so individuell auf die jeweilige
Situation und die Bedürfnisse der betroffenen Person eingegangen werden können. „Diese Reform zielt darauf
ab, Sachwalterschaften künftig möglichst zu vermeiden. Wir wollen ein Bewusstsein schaffen, dass die
Sachwalterschaft nur ‚ultima ratio’ sein kann und sich alle Beteiligten individuell mit der betroffenen Person
auseinandersetzen müssen“, so Justizminister Wolfgang Brandstetter.
Aufwertung der Erwachsenenschutzvereine und verpflichtendes Clearing
Das Reformkonzept sieht unter anderem vor, dass Sachwalter- bzw. Erwachsenenschutzvereine, wie sie künftig
heißen, zur Drehscheibe der Rechtsfürsorge werden. Ihre Beratungsfunktionen und Kompetenzen sollen ausgeweitet
werden: Künftig können auch bei ihnen Vorsorgevollmachten errichtet oder Erwachsenenvertreter gewählt
werden. Ein gesetzlich verankertes Clearing forciert Alternativen zur Sachwalterschaft und klärt ab, ob eine
gerichtliche Erwachsenenvertretung wirklich notwendig ist oder nicht. Die sehr guten Erfahrungen aus dem Modellprojekt
„Unterstützung zur Selbstbestimmung“, das von März 2014 bis Dezember 2015 an 18 Gerichtsstandorten durchgeführt
wurde, waren dafür die Grundlage.
Entstehung des Reformkonzepts: Beispielhafter Prozess
„Besonders stolz können wir darauf sein, dass mit der Entstehung des Konzeptes ein neuer Prozess der Mitgestaltung
entstanden ist“, sagt Brandstetter und erklärt, dass in der Neugestaltung des Erwachsenenschutzes alle betroffenen
Personen und Personengruppen durch regelmäßigen Dialog über einen Zeitraum von über zwei Jahren
intensiv eingebunden wurden. In Arbeitsgruppen, die sich unter anderem aus Mitgliedern der Anwaltschaft, Behinderteneinrichtungen,
SeniorenvertreterInnen, HeimvertreterInnen, Sachwaltervereinen sowie der Volksanwaltschaft zusammengesetzt haben,
wurde miteinander diskutiert und an einer gemeinsamen Lösung für den neuen Erwachsenenschutz gearbeitet.
Besonderen Wert wurde dabei auf die Beteiligung der Betroffenen selbst gelegt. „Mit dieser Form der Beteiligung
haben wir eine Benchmark gesetzt, die auch in künftigen Reformprozessen insbesondere in sozialen Bereichen
beispielgebend sein wird“, so der Justizminister.
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