Innenminister informiert über aktuelle EU-Vorhaben in seinem Zuständigkeitsbereich
Wien (pk) - Die Themen Asyl und Terrorismusbekämpfung werden die Europäische Union auch im heurigen
Jahr intensiv beschäftigen. Zur Weiterentwicklung der Gemeinsamen Asylpolitik liegen zwei Legislativpakete
der Europäischen Kommission auf dem Tisch, über die noch erheblicher Diskussionsbedarf besteht, wie aus
einem von Innenminister Wolfgang Sobotka dem Parlament vorgelegten Bericht über aktuelle EU-Vorhaben in seinem
Zuständigkeitsbereich ( III-348 d.B.) hervorgeht. Lediglich in Bezug auf die Einrichtung einer Europäischen
Asylagentur sowie einer Datenbank zum Abgleich von Fingerabdrücken (EURODAC) gibt es bereits eine Annäherung
zwischen den Mitgliedstaaten. Im Sicherheitsbereich wird unter anderem über ein gemeinsames Registrierungssystem
für in die EU einreisende Drittstaatsangehörigen, eine Verschärfung des Waffenrechts, eine Überarbeitung
des Schengener Informationssystems und eine Richtlinie zur Terrorismusbekämpfung verhandelt.
Mit den Vorschlägen der EU-Kommission zu den Bereichen Asyl und Migration haben sich bereits der EU-Unterausschuss
des Nationalrats und der EU-Ausschuss des Bundesrats beschäftigt (siehe Parlamentskorrespondenz Nr. 12/2017,
13/2017 und 1438/2016). Unter anderem geht es um eine Vereinheitlichung von Asylverfahren, eine gerechte Aufteilung
von AsylwerberInnen auf die EU-Mitgliedstaaten, die Verhinderung von Sekundärmigration anerkannter Flüchtlinge,
eine Reform der Dublin-III-Verordnung und eine gemeinsame EU-Liste sicherer Herkunftsstaaten. Österreich begrüßt
die vorgelegten Legislativakte grundsätzlich: Es brauche eine Weiterentwicklung der Gemeinsamen Asylpolitik,
um Defizite zu beseitigen und über praxistaugliche Regeln auch für Zeiten mit hohem Migrationsdruck zu
verfügen, heißt es unter anderem im Bericht.
Elektronische Einreise-Registrierung von Drittstaatsangehörigen
In Bezug auf die Registrierung von in die EU einreisenden Drittstaatsangehörigen hat die EU-Kommission im
April 2016 einen überarbeiteten Vorschlag vorgelegt. Durch ein Entry-Exit-System (EES) soll leichter kontrolliert
werden können, ob Fremde nach Ablauf ihres Visums bzw. ihrer erlaubten Aufenthaltsdauer tatsächlich aus
der EU ausreisen. Ein Abschluss der Verhandlungen wird dem Bericht zufolge bis zum Sommer dieses Jahres angestrebt.
Für das Innenministerium ist vor allem der Zugriff der Strafverfolgungsbehörden auf die im EES gespeicherten
Daten wesentlich, um Straftäter und Terrorverdächtige sowie "Overstayer" leichter identifizieren
zu können. Von der Kommission zurückgezogen wurde der Vorschlag für ein Registrierungsprogramm für
Vielreisende (RTP), es ist nur noch als optionales System im Ermessen der Mitgliedstaaten konzipiert.
Eher zäh gestalten sich die Beratungen über einen vereinfachten Visakodex der Europäischen Union.
Einer der Hauptknackpunkte ist laut Bericht die Einführung eines humanitären Visums: ein entsprechender
Vorschlag des Europäischen Parlaments wird vom Rat abgelehnt. Österreich hat außerdem wie andere
Länder aus Sicherheitsgründen Vorbehalte gegen vorgeschlagene Visaerleichterungen und pocht auf eine
"Schutzklausel" zur Überprüfung des Sicherheits- und Migrationsrisikos. Aufgrund zahlreicher
Bedenken überhaupt eingestellt wurden die Verhandlungen über die Einführung eines neuen Rundreise-Visums,
es hätte Drittstaatsangehörigen einen längeren Aufenthalt als 90 Tage in zwei oder mehr Mitgliedstaaten
erlaubt.
Für 2017 erwartet das Innenministerium unter anderem Vorschläge der Kommission zur Adaptierung des Visainformationssystems
(VIS), wobei Österreich auch hier einen effektiven Zugang der Strafverfolgungsbehörden zu den Daten als
wesentlich erachtet und sich außerdem eine Aufnahme von Visa der Kategorie D in das VIS wünscht. Eine
Aufhebung der Visapflicht hat die EU-Kommission für Georgien, die Ukraine und den Kosovo sowie, unter Voraussetzung
der Umsetzung noch ausstehender Zielvorgaben, die Türkei empfohlen, derzeit wird darüber aber noch verhandelt.
Auch über einen Vollbeitritt Bulgariens und Rumäniens zu Schengen ist noch keine Entscheidung gefallen,
laut Bericht stehen hierbei Frankreich, Deutschland und die Niederlande auf der Bremse.
Verhandlungen über restriktiveres Waffenrecht werden fortgesetzt
Auf Fortschritte wird im Bericht bei den Verhandlungen über eine Überarbeitung der Feuerwaffen-Richtlinie
verwiesen. Demnach wurde Ende 2016 eine vorläufige Einigung auf Beamtenebene erzielt. Das Innenressort ist
allerdings nicht mit allen Punkten des Legislativvorschlags der Kommission einverstanden und spricht sich dafür
aus, die Reform des Waffenrechts mit Augenmaß durchzuführen. Auch in Bezug auf den von der EU-Kommission
im Vorjahr überarbeiteten Richtlinienentwurf zur "Blauen Karte EU" hat Österreich noch einige
Bedenken. Man müsse bei der Förderung des Zuzugs hochqualifizierter Arbeitskräfte in die EU mögliche
Auswirkungen auf den nationalen Arbeitsmarkt beachten, warnt das Innenressort.
Auf der europäischen Sicherheitsagenda im heurigen Jahr stehen außerdem die Festlegung von Prioritäten
bei der Bekämpfung schwerer und organisierter Kriminalität ab 2018 (EU-Politikzyklus) sowie ein Nachfolgeprogramm
für die Strategie zur Bekämpfung von Menschenhandel 2012-2016. Die Kommission hat für den Bereich
Menschenhandel einen Vorschlag für das erste Quartal 2017 angekündigt. Zurückgezogen werden soll
hingegen ein Verordnungsvorschlag betreffend neue psychoaktive Substanzen, wobei einige Punkte daraus in andere
Regulierungsakte Eingang fanden.
Fluggastdaten: Österreich muss Richtlinie bis Mai 2018 umsetzen
Bereits umgesetzt wurde die Aufwertung von FRONTEX zu einer Europäischen Grenz- und Küstenwache und die
damit verbundene Einrichtung eines Soforteinsatzpools von 1.500 ständig abrufbaren ExpertInnen. Im Zuge der
Mandatsstärkung erhielt FRONTEX überdies ein Rückführungsbüro, das die Mitgliedstaaten
bei der Rückführung illegal aufhältiger Ausländer in ihr Heimatland besser unterstützt.
Weiters haben 2016 die neue Europol-Verordnung sowie die Richtlinie über die Speicherung und Verwendung von
Fluggastdatensätzen sämtliche Hürden genommen. Zur Umsetzung der Fluggastdaten-Richtlinie hat Österreich
bis Mai 2018 Zeit.
Der Bericht enthält auch einen Überblick über die geplanten Ratstreffen und informellen Zusammenkünfte
der Justiz- und Innenminister für 2017.
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