19 Empfehlungen für Nachschärfung von Regeln im Parlament und Justiz
Strassburg/Wien (pk/bmj) – Österreich hat während der letzten zehn Jahre eine Reihe von Maßnahmen
zur Korruptionsprävention umgesetzt, in einigen Bereichen bestehe aber noch Nachschärfungsbedarf. So
lässt sich der aktuelle Österreich-Evaluierungsbericht der Staatengruppe gegen Korruption des Europarats,
GRECO, zusammenfassen. In der vierten Evaluierungsrunde haben die Korruptionsprüfer den Themenkomplex "Korruptionsprävention
bei Abgeordneten, Richtern und Staatsanwälten" unter die Lupe genommen und dabei, neben kritischen Anmerkungen,
auch etliches Positives gefunden. Acht Empfehlungen des insgesamt 75 Seiten starken Berichts betreffen das Parlament
bzw. Abgeordnete, sie reichen von der Forderung nach ausreichenden Begutachtungsfristen für Gesetzesentwürfe
samt Sicherstellung eines transparenten Entscheidungsprozesses bis hin zur detaillierten Offenlegung von Vermögensverhältnissen
von Abgeordneten.
Konkret wird von GRECO etwa kritisiert, dass Begutachtungsverfahren bei Regierungsvorlagen nicht verpflichtend
sind und bei Gesetzesanträgen von Abgeordneten nur in Ausnahmefällen durchgeführt werden. Außerdem
werden die Meldepflichten für ParlamentarierInnen als ungenügend beurteilt, etwa was die Offenlegung
von Vermögenswerten, die Bekanntgabe von Interessenskonflikten im Zusammenhang mit der parlamentarischen Arbeit
und Sanktionen bei Nichteinhaltung von Vorgaben betrifft. Auch bei Kontakten zu Lobbyisten wünscht sich GRECO
mehr Transparenz. Weiters werden ein Verhaltens- bzw. Ethikkodex für Abgeordnete, Regeln für die Annahme
und Offenlegung von Geschenken und anderen Vorteilen sowie eine unabhängige Kontroll- und Beratungsinstanz
zur Prüfung von Meldungen über Einkommens- und Vermögensverhältnisse empfohlen. Erneut angesprochen
wird im Bericht auch die frühere Empfehlung, das Immunitätsrecht zu verbessern und Richtlinien und objektive
Kriterien für die Auslieferung von Abgeordneten festzulegen.
Als positiv vermerkt GRECO unter anderem, dass es keine besonderen Begünstigungen für ParlamentarierInnen
wie Steuervorteile gibt und die Abgeordneten in Bezug auf Bestechung und sonstige Korruptionsdelikte gleich wie
andere Amtsträger behandelt werden. Ebenso wird auf die geltenden Meldepflichten für Abgeordnete in Bezug
auf Nebenbeschäftigungen und Nebeneinkommen, die Lobbyisten-Regeln und die Veröffentlichung von Stellungnahmen
im Begutachtungsverfahren von Gesetzentwürfen auf der Parlaments-Website verwiesen.
Auch Österreichs Justiz bescheinigt der Bericht, während der letzten zehn Jahre eine Reihe ambitionierter
Maßnahmen zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung umgesetzt zu haben. Bei der Staatsanwaltschaft
wurden Spezialeinheiten für Korruptions- und Wirtschaftsdelikte eingerichtet, das Korruptionsstrafrecht verschärft
und darüber hinaus wird das Thema Korruption vermehrt offen diskutiert.
Als verbesserungswürdig sieht der Bericht, dass etwa die Verwaltung beim Auswahl- und Ernennungsverfahren
für RichterInnen und StaatsanwältInnen eine geringere Rolle spielen sollte, Unvereinbarkeiten mit anderen
Funktionen sollen klarer gesetzlich festgelegt werden und für alle RichterInnen sollen angemessene Integritätsbeurteilungen
und regelmäßige Leistungsbeurteilungen eingeführt werden. RichterInnen und StaatsanwältInnen
verfügen bereits über einen Verhaltenskodex, wobei kritisiert wird, dass dieser noch nicht als praktische
Unterlage für die tägliche Arbeit angesehen wird. Weiters wurde in Bezug auf RichterInnen festgestellt,
dass gewisse Pflichten wie die Handhabung von Interessenkonflikten noch besser definiert werden sollen. Positiv
gesehen wird auch, dass die StaatsanwältInnen 2009 in die ordentliche Gerichtsbarkeit eingegliedert wurden,
und Österreich vor kurzem einen Weisungsrat eingerichtet hat, der eine wichtige Entwicklung ohne politische
Einflussnahme garantiert. Abschließend empfiehlt der Bericht die Einführung zusätzlicher Schulungen
zu Integritätsmaßnahmen für alle RichterInnen und StaatsanwältInnen, wie beispielsweise zu
Nebenbeschäftigungen.
Österreich hat nun bis zum 30. April 2018 Zeit, die Empfehlungen umzusetzen bzw. gegebenenfalls zu begründen,
warum sie nicht umgesetzt worden sind. In der Präsidiale des Nationalrats wurden bereits Gespräche zwischen
den Fraktionen vereinbart. Nach Vorlage der österreichischen Stellungnahme wird es einen Umsetzungsbericht
von GRECO geben.
Die Empfehlungen an Österreich im Detail können dem Evaluierungsbericht entnommen werden. Die jeweiligen Berichte der vorangegangenen Evaluierungen
sowie die anschließenden Compliance-Berichte stehen auf der GRECO-Website
zur Verfügung.
GRECO wurde 1999 vom Europarat mit dem Ziel gegründet, die Korruption europaweit zu bekämpfen. Derzeit
hat die Staatengruppe 49 Mitglieder: 48 europäische Staaten und die USA. Die Empfehlungen an die einzelnen
Staaten werden von einem Evaluierungsteam erarbeitet, das sich aus ExpertInnen anderer Mitgliedsländer zusammensetzt
und von einem Vertreter bzw. einer Vertreterin des GRECO-Sekretariats unterstützt wird. Der Start der 5. Evaluierungsrunde
ist für das Frühjahr 2017 in Aussicht genommen, diese wird das Thema Korruptionsvorbeugung bei Regierungsmitgliedern
und Polizei zum Inhalt haben.
|