Am Ludwig Boltzmann Institut Neulatein fand man heraus, dass der Wechsel vom Berg als Bedrohung
zum Berg als Sehnsuchtsort lange vor der Romantik passierte.
Wien/Innsbruck (lbg) - Zu einem Zeitpunkt in der Geschichte änderte sich der Blick auf die Natur dramatisch.
Plötzlich nahm man die Natur als etwas Schönes wahr und beschäftigte sich aus ästhetischer
Perspektive mit den Erscheinungen der Natur. Speziell der Berg wurde vom bedrohlichen und hässlichen Ort aus
Antike und Mittelalter zum schönen und reizvollen Sehnsuchtsort. Doch wann fand dieser Paradigmenwechsel statt?
William Barton, Wissenschaftler am Ludwig Boltzmann Institut für Neulateinische Studien, ging dieser Frage
nach. Sein Buch zum Thema ist jetzt in Oxford und New York bei Routledge erschienen: "Mountain Aesthetics
in Early Modern Latin Literature". Das Buch wurde am 08.02. bei der alpinen Schi-Weltmeisterschaft in St.
Moritz im Rahmen des "TirolBerg" vorgestellt.
Barton studierte bis dato unbeachtete neulateinische Quellen und widerlegte die bisherige communis opinio, die
positive Wahrnehmung der Berge habe in der Romantik im 18. Jahrhundert mit Figuren wie Albrecht von Haller begonnen.
Barton fand heraus, dass der Wechsel viel früher, und zwar schon in der neulateinischen Literatur der Renaissance
und frühen Neuzeit, passierte – und damit schon im 16. Jahrhundert.
Er identifizierte zwei Entwicklungen als Ursachen für diese neue positive Einstellung den Bergen gegenüber:
"Im 16. Jahrhundert entwickelte man die Idee der 'Landschaft', auch in der Kunst, wo plötzlich Landschaftsdarstellungen
ihren Eigenwert bekamen. Außerdem beschäftigte man sich mit dem Berg auch aus wissenschaftlicher und
theologischer Sicht; Botaniker beispielsweise unternahmen gezielte Wanderungen in die Berge, um neue Pflanzen zu
finden."
"Oft merken wir gar nicht, wie sehr sich unsere Wahrnehmung von unserer Umgebung verändert. Wenn wir
die Prozesse für den damaligen Paradigmenwechsel erforschen, verstehen wir die aktuelle ästhetische Wahrnehmung
der Natur besser. Dinge und Bereiche, die heute in unserer Einschätzung selbstverständlich erscheinen,
waren oft dramatischen Wandlungsprozessen unterworfen", erklärt Barton.
Das Buch "Mountain Aesthetics in Early Modern Latin Literature" wurde am King's College London mit dem
"Elsevier Outstanding PhD Thesis" Award ausgezeichnet. Es wird heute Nachmittag, 8. Februar, bei der
alpinen Schi-Weltmeisterschaft in St. Moritz vorgestellt. Die Buchpräsentation findet im Rahmen des "TirolBerg"
statt.
Die Tirol Werbung zeigt, dass das Bundesland Tirol neben sportlichen auch geisteswissenschaftliche Spitzenergebnisse
zu bieten hat. Das Ludwig Boltzmann Institut für neulateinische Studien hat seinen Sitz in Innsbruck und ist
das weltweit größte Forschungszentrum für die lateinische Literatur der Frühen Neuzeit.
http://www.neolatin.lbg.ac.at
Die Ludwig Boltzmann Gesellschaft
Die Ludwig Boltzmann Gesellschaft schafft die Rahmenbedingungen, damit gezielt neue Forschungsthemen in Österreich
angestoßen werden. Die LBG gibt Freiraum zum Querdenken und behandelt gesellschafts- und zukunftsrelevante
Forschungsfragen. In 18 Instituten und Clustern befassen sich 600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Themen aus
den Health Sciences und den Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften.
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