Kontroverse Debatte im Bundesrat über budgetäre Weichenstellungen der Regierung
Wien (pk) – Die budget- und finanzpolitischen Zielsetzungen der Regierung standen am 16.02. im Mittelpunkt
einer Aktuellen Stunde im Bundesrat. Finanzminister Hans Jörg Schelling erläuterte den Mitgliedern der
Länderkammer die Eckpunkte des neuen Arbeitsprogramms, das über die nächsten vier Jahre verteilt
insgesamt 4 Mrd. € bewegen wird. Das Geld werde aber nur dann fließen, wenn entsprechende Maßnahmen
(z.B. Einstellung von neuen MitarbeiterInnen, Investitionen etc.) getätigt werden, betonte der Ressortchef.
Grundsätzlich handle es sich um ein sehr solides Programm ("Pakt für Österreich") mit
exaktem Terminplan und genauer Kostenberechnung, das bis Mitte des Jahres weitestgehend abgearbeitet werden soll.
Bereits nächste Woche soll ein erster Entwurf für ein Bundesfinanzrahmengesetz vorliegen.
Schelling pocht auf ausgabenseitige Gegenfinanzierung und lehnt Vermögenssteuern ab
Schon vor dem neuen Arbeitsprogramm der Bundesregierung standen Maßnahmen zur Ankurbelung der Wirtschaft
im Mittelpunkt seiner Bestrebungen, erklärte Finanzminister Hans Jörg Schelling. Er erinnerte daran,
dass etwa zahlreiche Mittel für Investitionen im kommunalen Bereich und für Betriebe mit bis zu 250 Beschäftigten
zur Verfügung gestellt wurden. Dieser erfolgreiche Weg, der auch von der Europäischen Kommission bestätigt
wurde, soll nun fortgesetzt werden. Man habe nun ganz klare Ziele formuliert, die mit einem konkreten Zeitplan
verbunden sind. Dies stelle sicher auch eine Herausforderung für die Parlamentarier dar, da im ersten Halbjahr
die entsprechenden Vorlagen eingebracht werden müssen. Außerdem wurden für jede Position die Kosten
berechnet, hob der Minister hervor. Die Regierung habe sich in diesem Zusammenhang auch erstmals klar dazu bekannt,
dass die "Gegenfinanzierung ausgabenseitig zu bewerkstelligen sein wird". Insgesamt belaufe sich das
Programm auf 4 Mrd. € verteilt über die nächsten vier Jahre. Neu am dem Programm sei, dass die eingesetzte
Mittel an konkrete Ergebnisse gebunden sind. So werden ca. 500 Mio. € zur Senkung der Lohnnebenkosten aufgewendet,
erläuterte Schelling, aber nur dann, wenn neue MitarbeiterInnen eingestellt werden. Weitere 100 Mio. € werden
ausbezahlt, wenn zusätzliche Investitionen getätigt werden. Erstmals wurde auch ein Automatismus in Bezug
auf die kalte Progression installiert, unterstrich der Finanzminister. Ein wichtiges Anliegen war es ihm auch,
die Schuldenquote weiter zu reduzieren, und zwar auf 75% und darunter.
Schelling gab weiters zu bedenken, dass 20% der ÖsterreicherInnen 80% des Steueraufkommens erbringen und 2,4
Millionen Menschen zahlen gar keine Lohn- oder Einkommenssteuer zahlen. Wenn man das gesamte Aufkommen an Lohn-
und Einkommenssteuer in Österreich (ca. 30 Mrd. €) in Relation zu den Ausgaben für den Sozialbereich
in der Höhe von 44 Mrd. € stellt, dann sei es mehr als gerechtfertigt, bei den Pensionen oder der Kranken-
und Unfallversicherung anzusetzen, argumentierte der Minister. Da der Vermögenszuwachs schon jetzt stark besteuert
werde, lehne er jeden "Eingriff in die Substanz" kategorisch ab.
ÖVP lobt solides und nachhaltiges Programm, das die richtigen Weichen stellt
Klaus Fürlinger (V/O) begrüßte die Pläne des Ministers, die er bereits im Rahmen seiner Neujahrsrede
ausführlich präsentiert hatte, da sie die Grundlage für eine solide Haushalts- und Finanzpolitik
darstellen. Da die österreichische Abgabenquote mit rund 45% zu hoch sei, wolle man die erste Stopptaste bei
der kalten Progression drücken, begrüßte der Bundesrat. Davon profitieren vor allem Führungskräfte
in der zweiten oder dritten Ebene, selbständige Personenunternehmen oder Freiberufler, die unter der hohen
Abgabenlast sehr zu leiden haben. Weitere wichtige Projekte seien die umfassende Aufgabenreform sowie eine Überprüfung
des Fördersystems. Sein Fraktionskollege Martin Preineder (V/N) hob insbesondere die Initiativen für
den Arbeitsmarkt, den Bildungssektor sowie für den ländlichen Raum hervor.
SPÖ für gerechtes Steuersystem im Sinne der Stärkung der Kaufkraft und des Wirtschaftsstandortes
Auch wenn es erste positive Anzeichen für eine allgemeine Wirtschaftsbelebung in Europa gibt, müsse alles
getan werden, um den Standort Österreich weiter zu stärken, erklärte Bundesrat Rene Pfister (S/N).
Im neuen Regierungsprogramm finden sich positive Ansätze dafür, wie etwa die Erhöhung der Forschungsprämie,
die Halbierung der Flugabgabe oder das Lehrlingspaket. Auf EU-Ebene müsse vor allem gemeinsam gegen die Steuertricks
von großen internationalen Konzernen, die ihre Gewinne zwischen den einzelnen Ländern hin und her verschieben,
vorgegangen werden. Die EU-Kommission geht davon aus, dass dem europäischen Budget auf diese Weise etwa 80
Mrd. € entgehen, zeigte Pfister auf. Generell sollte man ein Steuersystem anstreben, in dem es mehr Gerechtigkeit
gibt und die unteren EinkommensbezieherInnen deutlich entlastet werden. Peter Heger (S/B) zeigte sich erfreut über
die geplante Stärkung der Elementarpädogik sowie über den Ausbau der Digitalisierung im Schulbereich.
FPÖ wirft Regierung Versagen in der Wirtschafts- und Finanzpolitik vor
Die ökonomischen Daten belegen deutlich, dass Österreich seit etlichen Jahren der wirtschaftlichen Entwicklung
in Deutschland, der Schweiz oder anderen vergleichbaren kleineren Ländern hinterherhinke, urteilte Reinhard
Pisec (F/W). Als Hauptgründe dafür sah er die negative Schuldenentwicklung, die hohe Abgabenquote und
die Schwäche des heimischen Finanzplatzes an. Da in diesen Bereichen nichts geplant sei, bezweifelte Pisec,
dass mit dem aktuellen Arbeitsprogramm der Bundesregierung ein Wirtschaftswachstum erzielt werden könne. Es
könne zudem nicht sein, dass jeder dritte Steuer-Euro in der Verwaltung hängen bleibt und die UnternehmerInnen
mit einem Übermaß an Bürokratie zu kämpfen haben, beklagte Bundesrat Bernhard Rösch (F/W).
Außerdem müsse man endlich danach trachten, den ArbeitnehmerInnen, die über immer weniger Kaufkraft
verfügen, endlich einmal etwas zurückzugeben.
Grüne fordern umfassende ökosoziale Steuerreform
Sie tue sich sehr schwer mit dem Finanzminister, meinte Heidelinde Reiter (G/S), da man aufgrund seiner schönen
Stimme und der guten Rhetorik verleitet werde, zu glauben, alles sei in besten Händen. Die erste Enttäuschung
habe sie aber schon beim Finanzausgleich erlebt, wo am Ende nur Ankündigungen, die Gründung von Arbeitskreisen
und mehr Geld für die Landeshauptleute übrig geblieben sind. Es sei wohl allen klar, dass es einen gerechten
Umbau des Steuersystems braucht, konstatierte Reiter. Bedauerlicherweise sei Schelling aber nicht einmal bereit,
über Vermögens- oder Erbschaftssteuern, wodurch die Wohlhabenden einen faireren Beitrag leisten würden,
zu reden. Außerdem seien sich alle ExpertInnen darin einig, dass Ökosteuern eingeführt werden müssen,
um die Klimaschutzziele zu erreichen; auch hier sei die Regierung immer noch säumig. Stattdessen werde der
Flugverkehr weiter subventioniert und insgesamt 4 Mrd. € für klimaschädliche Förderungen ausgeschüttet,
bemängelte Reiter. Völlig unklar sei auch, wie die konkrete Gegenfinanzierung der einzelnen Maßnahmen
ausschauen soll, meinte Fraktionskollegin Ewa Dziedzic (G/W); dies sei ihrer Meinung nicht nachvollziehbar.
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