Für alle Betriebsräte gilt künftig fünfjährige Funktionsperiode
Wien (pk) - Der Nationalrat hat im Dezember vergangenen Jahres beschlossen, die Funktionsperiode von Betriebsräten
von vier auf fünf Jahre zu verlängern. Allerdings gilt das derzeit nur für Betriebsräte, die
nach dem Arbeitsverfassungsgesetz eingerichtet sind. Nun sollen die neuen Bestimmungen auch für Betriebsräte
in land- und forstwirtschaftlichen Betrieben sowie für die Personalvertretung der Post und Telekom Austria
nachvollzogen werden. Ein entsprechender Gesetzesantrag der Koalitionsparteien wurde am 15.06. vom Sozialausschuss
des Nationalrats mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP, FPÖ und Team Stronach angenommen. Außerdem
stimmten die Koalitionsparteien und das Team Stronach einer Initiative der NEOS zu: Ein gelockerter Kündigungsschutz
soll die Jobchancen für ältere Arbeitslose erhöhen. Die Grünen bezweifelten diese Wirkung und
stimmten dagegen.
Begründet wird die Verlängerung der Funktionsperiode der Betriebsräte ( 1938/A) von den Koalitionsparteien
damit, dass sich die Arbeitswelt und die Anforderungen an die Belegschaftsvertretung grundlegend verändert
haben und dies eine Stärkung der Kontinuität der Gremien erforderlich macht. In diesem Sinn sollen auch
Behindertenvertrauenspersonen künftig für fünf Jahre gewählt werden. Begleitend zur Verlängerung
der Tätigkeitsdauer wird außerdem der Anspruch auf Bildungsfreistellung für Betriebsratsmitglieder
um drei Tage auf insgesamt drei Wochen und drei Tage für die Dauer der Funktionsperiode ausgedehnt.
Kündigungsschutz für ältere ArbeitnehmerInnen ab Juli gelockert
Mitverhandelt mit der Gesetzesinitiative der Koalitionsparteien wurde ein Antrag der NEOS ( 1140/A) zum erhöhten
Kündigungsschutz für ältere ArbeitnehmerInnen, der unter Berücksichtigung eines S-V-N-Abänderungsantrags
schließlich mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP, NEOS und Team Stronach angenommen wurde. Die für
ältere Beschäftigte geltenden Sonderbestimmungen sollen demnach künftig nicht mehr zum Tragen kommen,
wenn diese zum Zeitpunkt ihrer Einstellung bereits älter als 50 Jahre waren. Damit will man die Jobchancen
älterer Arbeitloser verbessern. In den Erläuterungen zum Abänderungsantrag wird dazu auch auf das
erneuerte Arbeitsprogramm der Regierung verwiesen. Gelten soll die Neuregelung für ArbeitnehmerInnen, deren
Arbeitsverhältnis ab Juli begründet wird.
Beschäftigungsaktion für ältere Langzeitarbeitslose
In diesem Zusammenhang fassten die Abgeordneten von SPÖ, ÖVP und Grünen auch eine Ausschussfeststellung,
mit der sich der Sozialausschuss ausdrücklich zu der von der Bundesregierung beschlossenen "Beschäftigungsaktion
20.000" bekennt. Das Programm zielt darauf ab, jährlich 20.000 Arbeitsplätze für über
50-jährige langzeitarbeitslose Menschen in Gemeinden, über gemeinnützige Trägervereine und
in Unternehmen zu schaffen bzw. zu fördern, um die Arbeitslosigkeit in dieser Gruppe zu halbieren. Trotz offener
Fragen standen die Grünen der Beschäftigungsaktion positiv gegenüber. Birgit Schatz (G) hoffte aber,
dass dies nicht mittels Leiharbeit durchgeführt werde. Dahingegen empfand Dagmar Belakowitsch-Jenewein (F)
die Ausschussfeststellung als "Kahlschlag für das Sozialsystem".
Gemäß der Ausschussfeststellung soll das Programm im Juli in Form von Pilotprojekten in allen Bundesländern
starten und vorläufig auf zwei Jahre befristet sein. Zur Finanzierung werden zusätzlich zu den vorhandenen
Arbeitsmarktgeldern 200 Mio. € zur Verfügung gestellt. Bei einer erfolgreichen Evaluierung der Pilotprojekte
im Herbst 2018 könnte sich die Summe verdoppeln. Begleitet werden sollen die Pilotprojekte durch Coachingmaßnahmen,
damit will man den Übergang von geförderten Beschäftigungsverhältnissen zu normalen Jobs erleichtern.
Weitere Informationen zur Beschäftigungsaktion würden laut Sozialminister Stöger folgen.
Neues Kindergeldkonto erfordert Anpassung bei betrieblichen Pensionskassen
Einstimmig beschloss der Sozialausschuss eine Änderung des Betrieblichen Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetzes
und des Landarbeitsgesetzes ( 2003/A). Anlass dafür ist die Einführung des Kinderbetreuungsgeld-Kontos
mit 1. März 2017. Für Geburten nach diesem Zeitraum kann Kinderbetreuungsgeld in flexibler Höhe
bezogen werden, abhängig von der Bezugsdauer. Das soll laut Antrag auch bei jenen Beiträgen Berücksichtigung
finden, die der Familienlastenausgleichsfonds (FLAF) während des Kindergeldbezugs anstelle des Arbeitgebers
an die jeweilige betriebliche Pensionskasse leistet. Die Beitragsleistung von 1,53% knüpft demnach künftig
am konkret bezogenen Tagesbetrag des Kinderbetreuungsgelds an. In beiden Gesetzen sind zudem legistische Anpassungen
vorgesehen.
Gemeinsam mit dem Koalitionsantrag zur Diskussion stand die Forderung der FPÖ nach einer gesetzlichen Verankerung
des 13. und 14. Monatsgehalts ( 1175/A(E)). Abseits von Kollektivverträgen gebe es keinen Anspruch auf Weihnachts-
und Urlaubsgeld, monieren Werner Neubauer und Herbert Kickl. Ihrer Meinung nach könnten das ausländische
Firmen ausnutzen, um Lohndumping zu betreiben. Es sei eine Einigung mit den Sozialpartnern zu finden, so Neubauer.
Der Handlungsbedarf ist bekannt, meinte dazu Gabriel Obernosterer (V). In Österreich decken die Kollektivverträge
einen Großteil der Ansprüche ab, schwächte er aber die Dringlichkeit ab. Auch Markus Vogl (S) konnte
die Überlegungen nachvollziehen. Es werde daran gearbeitet, begründete Obernosterer die Vertagung seitens
der Regierungsparteien.
Zur Forderung des Team Stronach nach einer Imagekampagne für die Lehre ( 1998/A(E)) merkte Walter Bacher (S)
an, dass auch er für die Attraktivierung des Lehrberufs und die Hebung des Images sei. Der Antrag wird aber
dennoch abgelehnt, da das Wirtschaftsministerium dafür zuständig ist. Birgit Schatz (G) wollte auch in
die Lehre investieren. Die Ergebnisse der jüngsten PISA-Studie seien alarmierend, daher wolle sie die Qualität
und Quantität betrieblicher Ausbildungen verbessern.
Opposition beharrt auf Zusammenlegung von Sozialversicherungsträgern
Zum Themenblock Sozialversicherung lagen dem Ausschuss mehrere Anträge der Opposition vor. So pochen die Grünen
auf ein einheitliches Sozialversicherungssystem mit gleichen Beitragssätzen und gleichem Leistungskatalog
für alle ( 1810/A(E)). Als ersten Schritt zur Reduzierung der Sozialversicherungsträger auf eine einzige
Pensionsversicherung schlagen sie eine einzige Krankenversicherung und eine Unfallversicherung die Abschaffung
von Mehrfachversicherungen für Personen mit mehreren Jobs vor ( 1968/A(E)). Gertrude Aubauer (V) verwies diesbezüglich
auf das aktuelle Arbeitsprogramm der Regierung. Die NEOS äußerten sich zustimmend zu den Forderungen
und NEOS drängen auf einen Aufnahmestopp: Insbesondere in den Bereichen Verwaltung und Verrechnung sollen
die Sozialversicherungsträger vorerst keine neuen MitarbeiterInnen mehr einstellen dürfen ( 1972/A(E)).
Auch die FPÖ möchte die Effizienz steigern und tritt für eine Potentialanalyse ein ( 1176/A(E)).
NEOS-Abgeordneter Gerald Loacker forderte die Einrichtung einer Transparenzdatenbank im Sozialbereich ( 1647/A(E)).
Loacker erhofft sich davon eine bessere Steuerung bei der Gewährung von Sozialleistungen und Verfahrensbeschleunigungen.
Es gebe bereits eine Transparenzdatenbank, meinte Aubauer. Für weitere Schritte wollte sie auf eine von Sozialminister
Alois Stöger international in Auftrag gegebene Studie zur Evaluierung des österreichischen Sozialversicherungssystems
warten. Diese internationalen Experten würden einen "Blick von außen" auf das österreichische
System werfen, erklärte Stöger. Er wolle sich den Ergebnissen stellen, wichtig sei ihm aber, bestehende
Leistungen für die Bevölkerung aufrecht zu erhalten. Zur Transparenzdatenbank meinte er, der Zugang zu
den Daten sei gegeben, der Datenaustausch funktioniere. Mit Hinweis auf die erwartete Studie wurden die Anträge
zum Kapitel Sozialversicherung vertagt.
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