Bundespräsident auf Arbeitsbesuch bei
 der Europäischen Union in Brüssel

 

erstellt am
14. 02. 17
13:00 MEZ

Bundespräsident Van der Bellen und Bundeskanzler Kern besprachen mit Jean-Claude Juncker das europäische Lohngefälle – Gespräche über Migration und Europas Zukunft beim Treffen mit Donald Tusk
Brüssel/Wien (apa/prk) - Probleme am österreichischen Arbeitsmarkt durch das Lohngefälle osteuropäischer Arbeiter waren ein Thema des Besuchs von Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Kanzler Christian Kern bei EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker am 13.02. in Brüssel. "Wir haben niemand, der in Österreich einen Inländervorrang fordert", betonte Christian Kern nach dem Gespräch.

Präsident Juncker erklärte, er sei sich mit der österreichischen Bundesregierung darin einig, dass die EU-Entsenderichtlinie nicht zu Sozialdumping und Ausbeutung führen dürfe. Der Kommissionschef warnte zugleich vor jeglicher Ungleichbehandlung von EU-Bürgern: "Der Binnenmarkt wurde nicht erfunden, damit Arbeitnehmer, die von Land B in ein Land A ziehen, weniger gut behandelt werden als die Arbeitnehmer im Land A. Das ist in keinerlei Weise arbeitnehmerfreundlich, und die Kommission tritt an, um diesem Aspekt des sozialen Dumpings den Garaus zu machen. Das tun wir gemeinsam mit der österreichischen Bundesregierung."

Österreich sei ganz besonders von einem massivem Lohngefälle betroffen, das zu mehr Arbeitslosigkeit als geschaffenen Jobs führe, warnte Bundeskanzler Kern. Das Problem sei "nicht, dass Menschen aus anderen europäischen Ländern in Österreich bei uns arbeiten, sondern unser Problem ist, dass sie dies nicht zu fairen Konditionen machen". Mehr als ein Fünftel der Arbeitslosen in Österreich seien Ausländer. Zunächst sollten daher Menschen ohne Beschäftigung Jobs finden, nicht Inländer, sondern "Menschen, die in Österreich arbeitslos sind", sagte der Bundeskanzler. Ein klares Bekenntnis zu Europa bedeute, auch Fehlentwicklungen klar anzusprechen und dafür Lösungen zu suchen. "Wir werden das tun im besten europäischen Geist und im Sinne unserer Verpflichtungen", versicherte Christian Kern.

Der Bundeskanzler hatte im Jänner für Beschränkungen am Arbeitsmarkt geworben. Konkret sollen Bürger aus jenen Staaten, deren Lohnniveau nicht einmal 80 Prozent des österreichischen erreicht, nur dann in Österreich tätig sein können, wenn keine heimische Arbeitskraft zur Verfügung steht. Im EU-Vertrag ist eine unterschiedliche Behandlung der Arbeitnehmer in Bezug auf Beschäftigung, Entlohnung und sonstige Arbeitsbedingungen generell nicht erlaubt.

Bundespräsident Alexander Van der Bellen erklärte zu dem Gespräch mit Juncker: "Wir haben darüber gesprochen und haben die Komplexität dieser Fragen von verschiedenen Seiten betrachtet."

 

 

Gespräche über Migration und Europas Zukunft beim Treffen mit Donald Tusk
Bundespräsident Alexander Van der Bellen ist von EU-Ratspräsident Donald Tusk mit "Bewunderung und Respekt" in Brüssel empfangen worden, wie der polnische EU-Spitzenpolitiker am 13.02. nach dem Treffen in Brüssel sagte. "Sein Wahlsieg ist ein Zeichen der Hoffnung für Millionen geworden", sagte Tusk. Es lohne sich für das zu kämpfen, was Europa in 60 Jahren geschaffen habe.

"In einigen Kreisen ist es jetzt in Mode, gegen die EU zu sein", sagte Tusk. Dabei seien vor dem EU-Sondergipfel im März in Rom zum 60-jährigen Bestehen der Gemeinschaft die Herausforderungen größer denn je zuvor. Die geopolitische Lage sei "gelinde gesagt schwierig". Dazu würden noch die Auseinandersetzungen mit Populisten kommen.

Bundespräsident Van der Bellen betonte, es sei ihm wichtig gewesen, seine erste Reise als Bundespräsident nach Brüssel zu machen, wobei Brüssel nicht wirklich zum Ausland zähle, "wir sind alle Teil der Europäischen Union". Er dankte Tusk für die "ungemein freundliche Aufnahme". Es sei schön, dass die österreichische Bundespräsidentenwahl auch außerhalb Österreichs auf großes Interesse gestoßen sei. Dabei sieht Van der Bellen ein "paradoxes Resultat" des britischen Brexit-Votums. Diese "fatale Entscheidung" der Briten habe in Österreich ein neues Bewusstsein über die Richtigkeit und die Notwendigkeit der Mitgliedschaft in der Europäischen Union herbeigeführt.

Ein weiterer Schwerpunkt der gemeinsamen Beratungen zwischen Van der Bellen, Tusk und Bundeskanzler Christian Kern war die Migrationskrise. Tusk betonte, die EU habe in diesem Bereich schon viel geschafft. Österreich sei auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise "im Auge des Sturms" gestanden. Die EU konzentriere sich darauf, die illegale Migration von Libyen nach Italien zu reduzieren. Aber auch die östliche Mittelmeerroute müsse in Zusammenarbeit mit der Türkei und anderen Partnern geschlossen bleiben.

Auch Bundeskanzler Kern erklärte, die EU habe in der Migrationskrise in den vergangenen Monaten bereits große Fortschritte erzielt. Die Zusammenarbeit mit Libyen sollte man zwar nicht überbewerten. Ziel sei es aber zu einem Europa der offenen Grenzen zurückzukehren, die Grenzkontrollen "machen wir nicht aus Begeisterung".

Ein weiteres Thema des Gesprächs war die Vorbereitung der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft in der zweiten Hälfte des Jahres 2018. Kern kündigte an, soziale Fragen würden ein ganz wesentlicher Teil des österreichischen EU-Vorsitzes werden. Diese Politik sei am wenigsten weit in der EU, dabei gebe es eine Reihe von Verwerfungen auf den Arbeitsmärkten. "Wir wollen den sozialen Pfeiler zu einem wichtigen Teil Europas machen", so Kern. Die Zusammenarbeit mit Tusk bezeichnete der Bundeskanzler als "exzellent".

 

 

 

Allgemeine Informationen:
http://www.bundespraesident.at

 

 

 

 

 

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