Bures: Demokratie muss gelebt und gepflegt werden – in ganz Österreich und zu jeder Zeit
Wien (pk) - "Alle drei Projekte bereichern und stärken die Demokratie in Österreich und spiegeln
in ihrer Unterschiedlichkeit die Vielfalt der zivilgesellschaftlichen Arbeit in unserem Land wider", würdigte
Nationalratspräsidentin Doris Bures am 13.02. bei der Festveranstaltung zur Verleihung des Demokratiepreises
der Margaretha Lupac-Stiftung die drei Preisträger und betonte das hohe Qualitätsniveau aller knapp 70
Einreichungen. Bei großem Publikumsinteresse ging der Preis für Parlamentarismus und Demokratie 2016
zu drei gleichen Teilen an das "Freie Radio Salzkammergut", das Personenkomitee "Gerechtigkeit für
die Opfer der NS-Militärjustiz" sowie das Ludwig Boltzmann Institut für Menschenrechte. Das Stiftungskuratorium
der Lupac-Stiftung folgte bei der Vergabe des mit insgesamt 15.000 € dotierten Preises damit einstimmig dem Vorschlag
der Jury.
Mit der Auszeichnung, die bereits zum siebten Mal vergeben wurde, werden - alternierend mit dem Wissenschaftspreis
- jedes zweite Jahr Persönlichkeiten, Initiativen oder Institutionen vor den Vorhang geholt, die sich "durch
ihr außergewöhnliches Engagement rund um Demokratie und Parlamentarismus ganz besonders verdient gemacht
haben", so Bures. Der Preis solle vor allem ideell ermutigen, denn Demokratie müsse gelebt und gepflegt
werden. "Demokratie kann man keiner Gesellschaft aufzwingen, sie ist auch kein Geschenk, das man ein für
alle Mal in Besitz nehmen kann. Sie muss täglich erkämpft und verteidigt werden", zitierte die Nationalratspräsidentin
die Worte des ehemaligen Präsidenten des deutschen Zentralrates der Juden, Heinz Galinski. Die Lebensgeschichte
von Margaretha Lupac als glühender Demokratin, die beide Weltkriege und die Schrecken totalitärer Regimes
erlebt hat, verleihe dem Preis Gewicht und Bedeutung - ihre Hinterlassenschaft sei mehr als bloß die finanzielle
Grundlage für den Stiftungszweck. Besonderen Dank sprach Doris Bures der langjährigen Geschäftsführerin
der Stiftung, Parlamentsvizedirektorin Susanne Janistyn-Novák, anlässlich der Übergabe der Geschäftsleitung
Ende letzten Jahres an Barbara Blümel aus: Susanne Janistyn-Novák war "wie die Seele dieser Einrichtung",
sagte Bures, sie habe die Stiftungsgeschichte von null an mitgeschrieben und ihr ein Gesicht gegeben.
Die Laudationes zur Verleihung hielten der emeritierte Universitätsprofessor Manfried Welan, die Vizepräsidentin
des Verfassungsgerichtshofes Brigitte Bierlein und Klaus Unterberger vom ORF.
Personenkomitee "Gerechtigkeit für die Opfer der NS-Militärjustiz" erreichte Bewusstseinsbildung
und Politisierung
"Es ist etwas Großes und Ganzes", das das Personenkomitee "Gerechtigkeit für die Opfer
der NS-Militärjustiz" geleistet hat, würdigte Manfried Welan die Ausdauer der Initiative auf einem
langen Weg zur Gerechtigkeit, vor der man Respekt haben müsse. Das Personenkomitee verbindet in seiner Arbeit
breites zivilgesellschaftliches Engagement mit parlamentarischer Arbeit sowie mit medialer und kulturpolitischer
Vermittlungstätigkeit. Gedenkveranstaltungen und die Präsentation der Forschungsergebnisse im Parlament
führten zu öffentlicher Aufmerksamkeit für das Thema und waren Anstoß für die politische
Unterstützung der Forderungen. Initiativen wie die Tagung "Widerstand in Österreich" und die
Ausstellung "'Was damals Recht war …' – Soldaten und Zivilisten vor Gerichten der Wehrmacht" trugen dazu
bei, dass es im Jahr 2005 zum Anerkennungsgesetz und im Jahr 2009 zum Aufhebungs- und Rehabilitationsgesetz kam.
Das Personenkomitee gab den entscheidenden Anstoß für das Denkmal für die Verfolgten der NS-Militärjustiz
am Ballhausplatz in Wien und hat auch aktuell eine umfassende Online-Ausstellung auf der Website www.deserteursdenkmal.at
bereit gestellt. Das Denkmal am Ballhausplatz motiviere, weiterzudenken und weiterzumachen für die Zukunft,
so Welan, der die besondere Leistung des Personenkomitees zur Bewusstseinsmachung und Politisierung über Jahre
hinweg unterstrich.
Der Obmann des Personenkomitees, Thomas Geldmacher, bestätigte in seinen Dankesworten, dass es für das
politische Engagement einen langen Atem braucht. Gerade deshalb stehe für ihn das Thema Verknüpfung von
Wissenschaft mit Politik im Fokus. Wissenschaftliche Arbeit in politische Aktion zu übersetzen ist ihm auch
für Institutionen wie dem Parlament, etwa in Form eines wissenschaftlichen Dienstes, ein Anliegen.
Ludwig Boltzmann Institut leistet unverzichtbaren Beitrag für Menschenrechtsbildung
Das Ludwig Boltzmann Institut für Menschenrechte ist als solches zum Paradebeispiel geworden, so VfGH-Vizepräsidentin
Brigitte Bierlein in ihrer Laudatio, es hat für die Einhaltung der Menschenrechte Erfolgsgeschichte geschrieben
und eine hohe Reputation erlangt. Als wichtiges Bindeglied zwischen Theorie und Praxis leiste es einen unverzichtbaren
Beitrag zu einem breiten Spektrum an menschenrechtlich relevanten Themen. Das Ludwig Boltzmann Institut ist das
größte unabhängige österreichische Menschenrechtsinstitut und heuer seit 25 Jahren auf nationaler,
europäischer und internationaler Ebene tätig. Es erarbeitet wissenschaftliche Grundlagen für die
Weiterentwicklung und Stärkung von Demokratie und ist dadurch Unterstützer zahlreicher Initiativen. Menschenrechtsbildung
und politische Bildung für junge Menschen stehen im Fokus des "Zentrum polis – Politik lernen in der
Schule", das am Institut angesiedelt ist.
Patricia Hladschik unterstrich seitens des Ludwig Boltzmann Instituts, dass man es als zentrale Aufgabe sehe, den
Menschenrechten möglichst viel Gewicht zu verleihen. Ein "Recht auf Demokratie" ergebe sich zwar
aus der Summe der Menschenrechte, werde aber leider nicht überall so gesehen. Man werde jedenfalls insgesamt
weiter daran arbeiten, dass Menschenrechte mehr Gewicht bekommen, und zwar mit dem immer wieder zu betonenden Grundsatz
"für alle Menschen".
Das Freie Radio Salzkammergut ist Kontrapunkt und Belebungsmittel für Demokratie
Der Verein "Freies Radio Salzkammergut" engagiert sich seit mittlerweile bald 20 Jahren für Mitsprache
und Teilhabe der Zivilgesellschaft in Form von Sendezeit sowie Ausbildungsmaßnahmen zur Stärkung von
Toleranz und interkulturellem Respekt. Das Radio habe interessante Antworten auf aktuelle Fragen der Gesellschaft
gefunden, in der durch die Entwicklung der Digitalisierung nicht weniger als die Demokratie berührt werden,
bezog Klaus Unterberger vom ORF seine Laudatio auf aktuelle Medienentwicklungen im sogenannten "postfaktischen
Zeitalter". Der Verein stärkt die Teilhabe der BürgerInnen, vermittelt dringend nötige Medienkompetenz
und bietet Vielfalt jenseits des Mainstreams – er behandelt und vermittelt aber auch das Verständnis von Identität
und Geschichte, so Unterberger. Mit seinen vielfältigen Aktivitäten wurde der Verein zum Kompetenzzentrum
in Sachen politischer Bildung sowie demokratischer Praxis und erreicht 200.000 Menschen jeden Alters vor allem
in Oberösterreich, Salzburg und der Steiermark. Damit leisten die InitiatorInnen auch für die Integration
von Minderheiten und marginalisierten Gruppen einen wichtigen Beitrag.
Für Mario Friedwagner, "Freies Radio Salzkammergut", ist der Preis auch deshalb so erfreulich, weil
es sonst in den Regionen schwierig ist, Aufmerksamkeit für solche Initiativen zu bekommen. Die freien Sender
seien mittlerweile neben dem öffentlich-rechtlichen und den privaten die dritte Säule der Medienlandschaft.
Er nutzte auch die Gelegenheit darauf hinzuweisen, dass es eine bessere gesetzliche Verankerung und Rahmenbedingungen
für die freien Medien brauche. Alle seien eingeladen, sich dafür einzusetzen.
Margaretha Lupac-Stiftung
Der Demokratiepreis der Margaretha Lupac-Stiftung für Parlamentarismus und Demokratie wurde für 2016
bereits zum siebenten Mal vergeben. Die 1999 verstorbene Margaretha Lupac hat dem Parlament für eine gemeinnützige
Stiftung insgesamt 1,5 Mio. € hinterlassen. Daraus werden seit 2004 alternierend ein Demokratie- und ein Wissenschaftspreis
des Parlaments finanziert, der mit jeweils 15.000 € dotiert ist. Er kann auf bis zu drei Personen aufgeteilt werden.
Ausgezeichnet werden Arbeiten, die das Verständnis für die Grundlagen, die Funktionsweise und die Grundwerte
der österreichischen Republik fördern und die dazu beitragen, die Bedeutung von Toleranz im Diskurs über
Fragen der Politik, Kunst und gesellschaftlichen Entwicklungen zu vermitteln.
Zu Beginn der Veranstaltung wurde ein Kurzfilm über die Margaretha Lupac-Stiftung gezeigt, die musikalische
Umrahmung kam vom Saxophonquartett Aureum.
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