Aussprache mit Mitgliedern des Bundestags im Hohen Haus
Berlin/Wien (pk) - Eine Delegation des deutschen Bundestags, die sich im Zuge einer "Fact-Finding-Mission"
in Sachen österreichisches Pensionssystem seit zwei Tagen in Wien aufhält, traf am 21.02. mit heimischen
PolitikerInnen im Parlament zusammen. Der Vorsitzende des Sozialausschusses, Josef Muchitsch, informierte die Gäste
ausführlich über die wichtigsten Eckdaten der Altersversorgung in Österreich, die größten
Herausforderungen sowie die aktuellen Vorhaben der Bundesregierung.
Während die an der Unterredung teilnehmenden SPÖ- und ÖVP-VertreterInnen die Finanzierbarkeit des
umlageorientierten staatlichen Pensionssystems als gesichert ansahen, waren die Abgeordneten der Opposition unterschiedlicher
Ansicht. Der freiheitliche Mandatar Werner Neubauer räumte zwar ein, dass sich durch die gesetzlichen Änderungen
in den letzten Jahren einiges verbessert habe, das System an sich sei aber noch immer sehr ungerecht und nicht
nachhaltig gestaltet. Er forderte eine Harmonisierung der Kassen und eine Abschaffung der noch immer bestehenden
Privilegien für manche Gruppen (ÖBB, Gemeinde Wien, etc.).
NEOS-Vertreter Gerald Loacker zeigte sich höchst besorgt über die Entwicklung und wies darauf hin, dass
bereits jeder vierte Euro des Budgets für die Alterssicherung aufgewendet werden muss. Kritik übte er
auch an den "gewaltigen Ungleichheiten", z.B. was die Pensionshöhe von ASVG-Bediensteten und BeamtInnen,
die verschiedenen Regelungen in den Bundesländern oder das Antrittsalter von Männern und Frauen betrifft.
Im Sinne der jungen Menschen sollte man den Leuten endlich "reinen Wein" einschenken und die von allen
internationalen ExpertInnen eingeforderte Reform der ersten Säule einleiten.
Man gehe davon aus, dass die Finanzierung des deutschen Rentensystems, das auf drei Säulen (staatlich, betrieblich
und privat) fußt, bis 2030 gesichert ist, erklärte Delegationsleiter Karl Schiewerling (CDU). Wie bei
jedem Modell sei eine konkrete Prognose jedoch einerseits von der wirtschaftlichen Prosperität und andererseits
der demographischen Entwicklung abhängig. Auch in Deutschland habe man notwendige Änderungen vorgenommen
und z.B. die Flexirente - vergleichbar mit der österreichischen Korridorpension - eingeführt. Außerdem
sollen die Prinzipien Rehabilitation und Prävention gestärkt werden, um länger gesund im Beruf bleiben
zu können. Schiewerling stimmte mit Angela Fichtinger (V) darin überein, dass man das System nicht kaputt
reden dürfe, da sonst die jungen Leute keine Motivation mehr haben, ausreichend Beitragsjahre zu sammeln.
Matthias Birkwald (Die Linke) machte darauf aufmerksam, dass laut aktuellen Zahlen des Sozialressorts die Pensionen
bei den unselbständigen Erwerbstätigen in Österreich deutlich höher ausfallen als in Deutschland.
Die Erfahrungen in Deutschland hätten seiner Meinung nach gezeigt, dass der österreichische Weg, also
die Beibehaltung des sehr stark umlagen- und beitragsorientierten Systems, der richtige sei, meinte Josef Muchitsch
(S). Die zweite und dritte Säule sei für all jene da, die es sich leisten können oder wollen. Anpassungen
wären natürlich immer notwendig, merkte er an, so wurde etwa beim letzten Pensionsgipfel im Februar 2016
eine Erhöhung der Mindestpension auf 1.000 € bei 30 Beitragsjahren beschlossen. Eine große Herausforderung
stelle die starke Zunahme an entsendetem Personal dar, weil dadurch vor allem ältere einheimische Arbeitskräfte
verdrängt und zudem keine Beiträge ins System eingezahlt werden. Problematisch sei aus seiner Sicht auch
die hohe Zahl an Teilzeitkräften (bereits über eine Million) sowie der weitere Anstieg der geringfügig
Beschäftigten. Schließlich verteidigte Muchitsch noch die etappenweise Angleichung des Frauenpensionsantrittsalters
bis 2033, weil es dabei auch um eine Vertrauensfrage gehe. Man dürfe auch nicht vergessen, das ein höheres
Antrittsalter immer mit höheren Abschlägen verbunden ist.
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