Innenminister Wolfgang Sobotka präsentierte die "Sicherheitsdoktrin des BMI für
Österreich 2017-2020". Sie definiert sieben Schlüsselherausforderungen und rund 160 zukunftsorientierte
Maßnahmen.
Wien (bmi) - Bei der Sicherheit liegt Österreich im Vergleich mit den EU-Staaten im Spitzenfeld. Das
Vertrauen in die Arbeit der Polizei ist sehr groß, aber das subjektive Sicherheitsempfinden der Menschen
ist in den vergangenen Jahren gesunken", sagte Innenminister Wolfgang Sobotka am 02.03. in Wien bei der Präsentation
der "Sicherheitsdoktrin des BMI für Österreich 2017-2020". Grundlagen der neuen, mittelfristigen
Sicherheitsdoktrin sind unter anderem der Bericht des Migrationsrates vom Dezember 2016, das Regierungsprogramm
2017-2018, aktuelle Analysen zur Entwicklung der Kriminalität sowie Erfahrungen aus den Pilotregionen der
Initiative "GEMEINSAM.SICHER in Österreich."
Tatsächlich unsicherer geworden sei das europäische Umfeld, erläuterte der Innenminister. "Krisen
und kriegerische Auseinandersetzungen, wirtschaftliche und gesellschaftliche Probleme, das Scheitern ganzer Staaten
aber auch neue Cyber-Bedrohungen für kritische Infrastrukturen bedeuten fordernde Zeiten für unsere Sicherheitspolitik."
Daher enthalte die "Sicherheitsdoktrin des BMI für Österreich 2017-2020" drei wichtige Ziele,
betonte Sobotka. "Die hohe objektive Sicherheit muss erhalten bleiben, das Sicherheitsvertrauen in der Bevölkerung
muss gestärkt werden, und die Menschen müssen vom Wegschauen zum Hinsehen und aktiven Mitgestalten angeregt
werden."
Um Österreich zum sichersten Land der Welt mit der höchsten Lebensqualität zu machen, brauche es
eine zukunftsgerichtete, integrierte Sicherheitspolitik. "Proaktive Gestaltung und modernste Präventionsarbeit
müssen dabei im Mittelpunkt stehen", sagte Sobotka. Das BMI will breit unterschiedliche Partner einbinden,
Bürgerinnen und Bürger, Bildungseinrichtungen, Vereine oder Unternehmen. Wichtig sei auch eine verstärkte
Kooperation mit anderen Ministerien, Ländern und Gemeinden sowie mit europäischen und internationalen
Partnern.
Wie kann man Staat und Gesellschaft widerstandsfähiger machen?
"Die Migrationskrise hat gezeigt, dass ein Krisenmanagementgesetz geschaffen werden muss", sagte der
Innenminister. "Das "Cyber Security Center" muss ausgebaut und das "Cyber Crime Competence
Center" (C4) zu einer modernen High-Tech-Einheit werden." Der Cyberraum entwickle sich rasant weiter.
Zudem gebe es neue EU-Vorgaben in diesem Bereich. Daher brauche Österreich eine neue "Strategie für
digitale Sicherheit", forderte der Innenminister. Im BMI habe man bereits mit Vorarbeiten dazu begonnen. Gleiches
gelte für die notwendige Erneuerung des Masterplans zum Schutz kritischer Infrastrukturen.
Wie kann man Migration drosseln und den sozialen Frieden erhalten?
"Wie können wir Migration besser begreifen, wie können wir Migration steuern und auch so drosseln,
dass die nachfolgende Integration gelingen kann", sei die zentrale Fragestellung in diesem wichtigen Bereich.
Eine verfassungsrechtliche Verankerung der Asyl-Obergrenze sei daher notwendig, betonte Sobotka. Die Frage sei
auch: "Wen braucht die österreichische Gesellschaft?" Voraussetzungen für gesteuerte Migration
seien ein wirksamer Schutz der EU-Außengrenzen und bis dahin die Sicherung der österreichischen Grenzen
sowie das Fördern und konsequente Durchsetzen von Verpflichtungen zur Rückkehr. "Wir müssen
auch verhindern, dass soziale Leistungen in Österreich als Anziehungsfaktoren für illegale Migration
wirken." Das BMI arbeitet zudem mit engagierten EU-Partnern am Aufbau eines neuen Schutzsystems auf EU-Ebene,
das den Zugang zu Schutz in Europa nur mehr auf legalem Weg möglich machen soll.
Wie kann objektive Sicherheit erhalten und das Sicherheitsvertrauen der Bevölkerung gestärkt werden?
Die Initiative "GEMEINSAM.SICHER in Österreich" müsse ausgebaut werden, sagte der Innenminister.
"Die Kommunikation mit Bürgerinnen und Bürgern ist der integrale Bestandteil einer proaktiven Sicherheitspolitik.
Das bedarf einer zeitgemäßen Kommunikationskultur. Neben der Verwendung von traditionellen Medien geht
es verstärkt auch um die Nutzung sozialer Medien." Es brauche zudem effizientere rechtliche und technische
Instrumente, beispielsweise die Nutzung von Kennzeichenerfassungssystemen. Besonders wichtig sei es, die Aufnahmeoffensive
bei der Exekutive weiterzuführen. Bis einschließlich 2019 sollen bis zu 2.000 Exekutivplanstellen geschaffen
werden.
Wie kann Extremismus und Terrorismus nachhaltig bekämpft werden?
Extremismus, egal in welcher Form, müsse möglichst von vornherein vermieden werden, erläuterte der
Innenminister und wies darauf hin, dass immer jüngere Menschen der Gefahr von Radikalisierung ausgesetzt seien.
Hier könne Polizeiarbeit nicht greifen. Es brauche Beiträge aus dem Elternhaus, in der Schule oder der
Jugendwohlfahrt. Insgesamt gehe es um ein gesamtgesellschaftliches Engagement gegen Extremismus. Es dürfe
der Bildung von Gegengesellschaften kein Raum gegeben werden, betonte Sobotka. "Recht muss klaren Vorrang
vor religiösen Geboten haben. Dem Terror muss mit allen rechtsstaatlichen Mitteln die Stirn geboten werden",
sagte Sobotka. "So genannte Gefährder müssen verstärkt überwacht werden, eine laufende
Modernisierung gesetzlicher Instrumente ist zwingend notwendig."
Welche Sicherheitsarchitektur und welche Partnerschaften brauchen wir?
Für Krisen sei die Einrichtung eines Sicherheitskabinetts unter Vorsitz des Bundeskanzlers geplant. "Als
Innenminister bin ich aber schon vor Krisen verantwortlich und möchte diese verhindern", sagte Sobotka.
Er werde daher eine "Ständige Sicherheitskoordination" auf der politischen Ebene initiieren. Nach
dem Modell der sogenannten "Dreier-Lage" auf Beamtenebene sollen dabei regelmäßig der Verteidigungs-
und Außenminister einbezogen werden. Je nach Bedarf möchte Sobotka weitere Minister beiziehen.
Auf welche internationalen Partner können wir zählen?
"Wir halten die Westbalkan-Route mit unseren Partnern in Südosteuropa weiter unter Kontrolle, wir arbeiten
mit Deutschland, Italien und anderen betroffenen Ländern an der Unterbrechung der Mittelmeer-Route, und wir
bauen Brücken zwischen den V4-Staaten (Polen, Tschechien, Slowakei und Ungarn) und anderen von Migration betroffenen
EU-Ländern", sagte Sobotka. "Gemeinsam mit gleichgesinnten Mitgliedstaaten wollen wir auch die Europäische
Union bürgernäher, krisenfester und zukunftsfähiger machen. Dafür nützen wir schon jetzt
die Vorbereitungsarbeiten für den EU-Vorsitz im zweiten Halbjahr 2018", betonte der Innenminister.
Wie können wir die zivil-militärische Zusammenarbeit nutzen?
"Zivile Behörden müssen Assistenzleistungen rasch in bestmöglicher Qualität abrufen können.
Dafür braucht es frühzeitig klare Vorgaben", sagte Sobotka. Deshalb werde das BMI ein "Ständiges
Koordinierungsgremium zivil-militärischer Kooperation" initiieren. Diesem sollen die für Sicherheitspolitik
und operative Aufgabenstellungen Verantwortlichen angehören. Nötig seien auch "zivil-militärische
Ausbildungselemente" im Wehrdienst sowie eine Initiative für ein "Europäisches Assistenzkonzept",
mit dem Österreich sein besonderes Know-how etwa im Bereich Grenzschutz einbringen könne, sagte der Innenminister.
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