Weitere Beschlüsse: Fünfjährige Funktionsperiode für alle Betriebsräte,
Anpassungen beim Kinderbetreuungsgeld-Konto
Wien (pk) - Ab Juli wird der Kündigungsschutz für Arbeitslose über 50, die in den Arbeitsmarkt
eintreten, gelockert. Der Nationalrat verabschiedete am 02.03. mit breiter Mehrheit eine entsprechende Initiative,
von der sich die Abgeordneten vor allem bessere Jobchancen für Ältere erwarten. Weiters beschloss das
Plenum Gesetzesänderungen, die die im vergangenen Jahr auf fünf Jahre verlängerte Funktionsperiode
von Betriebsräten ausdrücklich auch auf BetriebsrätInnen in land- und forstwirtschaftlichen Betrieben
sowie auf die Personalvertretung der Post und Telekom ausdehnen. Abgerundet wurde der Debattenblock über Themen
aus dem Sozialbereich mit Anpassungen bei betrieblichen Pensionskassen als Folge der Einführung des neuen
Kinderbetreuungsgeld-Kontos.
Bessere Jobchancen für ältere Arbeitslose durch Lockerung beim Kündigungsschutz
Der Beschluss, den Kündigungsschutz für ältere ArbeitnehmerInnen zu lockern, geht auf einen Antrag
der NEOS zurück, der von den Regierungsparteien und vom Team Stronach mitgetragen wurde. Konkret sollen damit
die für ältere Beschäftigte geltenden Sonderbestimmungen künftig nicht mehr zum Tragen kommen,
wenn die ArbeitnehmerInnen zum Zeitpunkt ihrer Einstellung bereits älter als 50 Jahre waren.
Es gehe darum, für neu eintretende über 50-Jährige eine Hürde abzubauen und ihnen die Chance
auf einen Job zu geben. Der allgemeine Kündigungsschutz werde dabei aber nicht berührt, stellten Josef
Muchitsch (S) und August Wöginger (V) klar. Für ältere ArbeitnehmerInnen, die bereits einen Job
haben, ändere sich nichts, unterstrichen die beiden Sozialsprecher der Regierungsparteien. Gerald Loacker
(N), der den Antrag eingebracht hatte, dankte SPÖ und ÖVP für ihre Unterstützung, meinte aber,
die Maßnahme sei nur ein kleiner Schritt, eine endgültige Lösung für die Arbeitsmarktprobleme
älterer Menschen sei damit noch nicht getroffen.
In der Praxis werde es nun bloß billiger, Ältere zu kündigen, am Umstand, dass immer mehr Menschen
über 50 ihren Job verlieren, ändere der Antrag nichts, wandte Birgit Schatz namens der Grünen ein.
Ältere ArbeitnehmerInnen seien für die Arbeitgeber oft unbequem, weil sie besser über ihre Rechte
Bescheid wüssten. Nach Ansicht der Sozialsprecherin der Grünen braucht es mehr Fairness bei den ArbeitgeberInnen.
Zweifel an der Wirksamkeit der Maßnahme äußerte auch der fraktionslose Abgeordnete Rupert Doppler.
Fünfjährige Funktionsperiode gilt nun für alle Betriebsräte
Änderungen im Post-Betriebsverfassungsgesetz und im Landarbeitsgesetz - sie wurden mit den Stimmen von SPÖ,
ÖVP, FPÖ und Team Stronach beschlossen - führen die fünfjährige Funktionsperiode nun für
sämtliche Betriebsräte ein. Die im Dezember 2016 beschlossene Verlängerung von vier auf fünf
Jahre, die nur für nach dem Arbeitsverfassungsgesetz eingerichtete Betriebsräte gilt, wird damit ausdrücklich
auch auf Betriebsräte in land- und forstwirtschaftlichen Betrieben sowie auf die Personalvertretung der Post
und Telekom Austria ausgeweitet.
Während Josef Muchitsch (S), August Wöginger (V) sowie der fraktionslose Mandatar Rupert Doppler die
Verlängerung als Maßnahme im Interesse der ArbeitnehmerInnen ausdrücklich begrüßten,
meldete Gerald Loacker namens der NEOS Bedenken an. Dienstverhältnisse haben heute eine immer kürzere
Dauer, da sei eine Anhebung der Funktionsperiode bei den Betriebsräten nicht angemessen. argumentierte er.
Neues Kindergeldkonto erfordert Anpassung bei betrieblichen Pensionskassen
Einstimmig verabschiedete Anpassungen des Betrieblichen Mitarbeiter-und Selbständigenversorgungsgesetzes und
des Landarbeitsgesetzes reagieren auf die Einführung des Kinderbetreuungsgeld-Kontos mit 1. März 2017.
Für Geburten nach diesem Zeitraum kann nunmehr abhängig von der Bezugsdauer Kinderbetreuungsgeld in flexibler
Höhe bezogen werden. Dies soll im Sinne eines einstimmig beschlossenen Antrags der Regierungsparteien auch
bei jenen Beiträgen Berücksichtigung finden, die der Familienlastenausgleichsfonds (FLAF) während
des Kindergeldbezugs anstelle des Arbeitgebers an die jeweilige betriebliche Pensionskasse leistet. Die Beitragsleistung
von 1,53% knüpft demnach am konkret bezogenen Tagesbetrag des Kinderbetreuungsgelds an.
Imagekampagne für die Lehre: Team Stronach-Antrag bleibt in der Minderheit
Dem Plenum lag schließlich auch ein Entschließungsantrag des Team Stronach vor, in dem Waltraud Dietrich
eine Kampagne zur Verbesserung des Images der Lehre einmahnte. Für Firmen werde es immer schwieriger, geeignete
Lehrlinge zu finden, gab sie zu bedenken, wobei sie die mangelnde Attraktivität von Lehrberufen auch auf die
in den letzten Jahren verzeichneten Reallohnverluste von Facharbeitern zurückführte und als Gegenmaßnahme
eine Senkung der Lohnnebenkosten forderte.
Das Anliegen stieß auf viel Sympathie bei den anderen Fraktionen, wurde letztlich aber mit den Stimmen von
SPÖ, ÖVP, Grünen und NEOS abgelehnt, zumal, wie Walter Bacher (S) erklärte, die Materie zum
Wirtschaftsministerium ressortiert. Der SPÖ-Abgeordnete unterstrich den Handlungsbedarf beim Image der Lehrberufe
und meinte, solange es immer heißt, jemand habe "nur eine Lehre", werde sich hier nichts ändern.
Dies bestätigte auch Gabriel Obernosterer (V), der wie sein Kollege von der SPÖ ebenfalls eine Lehre
absolviert hatte. Man müsse den jungen Menschen klar machen, dass eine Lehre im Verhältnis zu einem Studium
nichts Minderwertiges ist. Mit einer guten Lehre hat man auch Chancen auf einen guten Job, steht für den ÖVP-Abgeordneten
fest. "Die Lehrlinge von heute sind die Facharbeiter von morgen", pflichtete ihm August Wöginger
(V) bei.
Das "goldene Handwerk" sollte eine Alternative zu Universität und Fachhochschule sein, meinte auch
der fraktionslose Mandatar Gerhard Schmid, der die Karriere mit Lehre als Bildungsweg der Zukunft bezeichnete.
"Österreich braucht Fachkräfte und keine arbeitslosen Uni-Absolventen", warf Bernhard Themessl
(F) ein und sparte nicht mit Kritik an der Regierung. Die Abschaffung des Blum-Bonus, durch den Ausbildungsbetriebe
eine Förderung erhielten, sei der falsche Weg gewesen, stellte der FPÖ-Mandatar fest.
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